Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section | |
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Das Dorf Bischheim, in früherer Zeit Bischofsheim genannt, liegt eine Viertelstunde von Camenz und eine starke Stunde von Pulsnitz in einem freundlichen Thale, welches von hohen Bergen umschlossen ist, von denen namentlich der Heiligenberg, dessen Gipfel sonst der Todtenstein hiess, sich auszeichnet. Der Ort wird von der Haselbach durchflossen, die urkundlich im dreizehnten Jahrhundert unter dem Namen der kleinen Pulsnitz vorkommt und im unteren Theile des Dorfes sich mit der Weissbach vereinigt. Die Einwohnerschaft des schönen grossen fast eine halbe Stunde langen Dorfes, das hundertzehn Nummern zählt, beläuft sich auf mehr als sechshundert Köpfe und nährt sich hauptsächlich von erlernten Handwerken, Leinenfabrikation und Bandweberei. Bischheim enthält eine Kirche mit Pfarre und Schule, ein Gemeindehaus, ein Wirthshaus, eine Mühle, zwei Schmieden, neunzehn Bauergüter, einen Grosshäusler, zwölf Gärtner, siebenzehn Häuslernahrungen und sechszig Häuser ohne Feld. Ausser diesen Gehöften und Häusern befindet sich am oberen Ende des Dorfes noch eine zweite, hierher gepfarrte, aber nach Hennersdorf gehörige Mühle, im Mitteldorfe aber steht das Rittergut mit einer dritten 1838 erbauten Mühle und einem trefflichen Lustgarten mit Gewächshaus und Park, hübschen Teichen und Cascaden. Das zum Rittergute gehörige Beigut oder Niedergut liegt am Ende des Unterdorfes. Uebrigens gehören zum Rittergute noch eine etwas entlegene Ziegelscheune, ein Sommerstall von dessen hohem Standpunkte man eine vorzüglich schöne Aussicht geniesst, sowie ein Vorwerk, Weidigt genannt, auf dessen Stelle sich von 1489 bis 1542 eine der heiligen Walpurgis geweihte Capelle befand. Seit dem Jahre 1632 besitzt das Rittergut Bischheim auch die Luchsenburg mit einigen Scheffeln Feld und Wiesenland nebst einer Försterei, welche zwei Stunden von hier am südwestlichen Abhange des geognostisch und geschichtlich merkwürdigen Hochsteines, oder Sibinnensteines, nach Siwa der Göttin des Lebens und der Liebe so genannt, gelegen ist. Die „Luchsenburg“ heisst ein Theil des grossen zwischen Obersteina, Rehnsdorf, Rammenau und Hauswalde gelegenen, namentlich mit Rothbuchen und Tannen bestandenen vortrefflichen Forstes, der seinen Namen wohl von den vielen Luchsen erhielt, welche in den Felsenklüften des Hochsteins wohnten, wie er denn auch wegen der vielen vormals hier gefundenen wilden Schweine oft der Schweinsgrund genannt wird.
Es ist nicht genau bekannt zu welcher Zeit die Aue, welche sich von diesem Hochwalde aus durch Mehrsdorf und Gersdorf nach Bischheim hinabzieht und unterhalb Häslichs immer mehr erweitert und verflacht, angebaut wurde. Höchst wahrscheinlich gründeten Bischheim die Sorben denn nicht nur dass alle umliegenden Ortschaften von ihnen herrühren berichtet auch eine Consignation von 1723 dass damals in hiesiger Kirche noch in wendischer Sprache gepredigt wurde, so dass man wohl annehmen kann, der Ort habe den deutschen Namen erst längere Zeit nach seiner Entstehung erhalten. Die Volkssage berichtet, der fromme später heilig gesprochene Bischof Benno von Meissen, der von 1060 bis 1106 lebte, habe hier ein Lustschloss besessen, worin er auf seinen häufigen Reisen von Meissen nach Budissin zu wohnen pflegte. Damals war indessen die Landstrecke zwischen Camenz und Pulsnitz noch dürftig angebaut und bevölkert, so dass die wenigen Edelhöfe mit den elenden Hütten der Leibeigenen kaum die Namen von Dörfern verdienten, denn in der bekannten Urkunde über die 1213 stattgefundenen Grenzberichtigungen zwischen Böhmen und Meissen wird diese Gegend als reich an Bergen, Flüssen und Steigen genannt, während in anderen Distrikten nicht nur die Namen der Dörfer aufgezeichnet, sondern auch „alte Aecker so vor alten Zeiten angebaut“ erwähnt sind. Uebrigens konnten die Burggrafen nicht daran denken für die Bevölkerung des platten Landes zu sorgen so lange die bedeutenderen Orte ihres Gebietes noch klein und unansehnlich waren; Camenz selbst war damals nur ein Marktflecken und Pulsnitz ein Dorf, bis jenes nach einem 1255 stattgefundenen Brande, der es gänzlich einäscherte und dieses 1375 zur Stadt erhoben wurde.
Obgleich die Sage behauptet dass Bischof Benno von Meissen oft in Bischheim gewohnt und dadurch dem Orte einen deutschen Namen verschafft habe, ist es doch wahrscheinlicher dass Bischof Witigo I. zu Meissen, der von 1266 bis 1293 regierte, dazu Veranlassung gab. Dieser stolze, ritterliche Prälat war ein Sohn des Burggrafen Bernhard von Camenz, der hier das Lehnrecht ausübte. Als ältester Sohn des Burggrafen besass Witigo in hiesiger Gegend mehrere[WS 1] Erbgüter und da er sein Geburtsland
Lausitzer Kreis, 7tes Heft, oder 33stes der ganzen Folge.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: mehere
Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1859, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/72&oldid=- (Version vom 22.2.2021)