Etymologie aber, aus der Anlage des Dorfs, das mit seinen Häusern etwas zerstreut, hingezeddelt liegt, finden zu wollen, ist bedenklich. Doch lässt sich gerade aus dieser zerstreuten Anlage sehr gut vermuthen, dass Zedtlitz im Slaventhume kein wirkliches Dorf war, weil die ältesten Slavendörfer des Osterlands durchgängig in Hufeisenform gebaut sind, sondern nur ein um den alten slavischen Wjes eines Knjes, oder den ursprünglichen Herrnsitz nach und nach angelegter Complex von Doms. Von sehr früher Cultur zeugt übrigens der Name des zu Zedtlitz gehörigen Dorfs Raupenhain, welcher nur scheinbar deutsch ist und nach seiner alten Form (slavisch) nichts als eine „gehauene Waldung“ bezeichnet, sowie ebenfalls der Name des nahen Orts Platecka (alt Plotecka), der soviel als Flechtwerk oder Verzäunung bedeutet. Uebrigens hat die Gegend zwischen der Mulde und Wyhra bereits im Jahre 1104, nach einer Nachricht des Pegauer Mönchs, durch Wieprecht von Groitzsch fränkische Colonisten erhalten, daher auch die vielen deutschen Ortschaftsnamen der nächsten Umgegend.
Zedtlitz gehörte vor der Reformation unter den borna’schen Sprengel des Bisthums Merseburg, kam nach 1539 unter das Consistorium zu Leipzig, und die hiesige Kirche, die jetzt zur Ephorie Borna gehört, ist wie der vordere Theil derselben welcher Gewölbe ist, zeigt, bereits im 12. oder zu Anfange des 13. Jahrhunderts angelegt, doch hat sie später, zum Theil im 15. und 16. Jahrhunderte schon, wiederholte und zwar nicht unbedeutende Erweiterungen erfahren. Die Grundform der Kirche ist eben durch diese allmähligen Anbaue etwas zu schmal für ihre Länge geworden, ist aber im Innern doch ziemlich geräumig. Sie enthält ausser einigen gutgearbeiteten Epitaphien, wovon das älteste die Jahrzahl 1494 trägt, nichts Bemerkenswerthes; weder Altar, noch Kanzel sind alterthümlich. Besonders knüpfen sich an die Epitaphien der hier Ruhenden aus der Familie Derer von Gladebeck mehrfache Erinnerungen für die Bewohner von Zedtlitz. Das Innere ist in ganz neuester Zeit auf Kosten der Kammerherrin Julie, verwittwete von Metzrad gänzlich restaurirt worden. Uebrigens hat auch die Kirche kein wirkliches Vermögen und ebenso wenig Legate. Ihr äusseres Ansehen ist überdies geeignet die Gegend zu zieren; denn sie hat im Ganzen ein nettes Ansehen, das durch den über 70 Ellen hohen, überaus schlanken Thurm, der, wie die Jahrzahl in der Wetterfahne zeigt, im Jahre 1739 vollendet ward, bedeutend gehoben wird. Der erste evangelische Geistliche war Georg Riemann, der 1569 starb.
Das hiesige altschriftsässige Rittergut, das auch die Collatur der hiesigen Pfarre und des Schulamts hat, ist hinsichtlich seines wohlgebauten Schlosses und der dazu gehörigen Bauten eins der anmuthigsten Rittersitze der Umgegend. Der schöne geräumige, zu Anfange des vorigen Jahrhunderts ausgeführte Schlossbau, dessen mit hohem Schieferdache bedecktes Hauptgebäude drei Etagen mit sieben Fensterbreiten hat, neben welchem sich rechts ein kleiner bewohnbarer Flügel, sowie links ein geräumiges Gewächshaus mit guter Flor erhebt, gewährt in der That einen schönen Prospect. Ein kleinerer parterrehoher Vorbau deckt von vorn den Ziergarten des Schlosses, während die übrigen drei Seiten des geräumigen Rittergutshofes von geschmackvollen und massiv gebauten Wirthschaftsgebäuden, deren Ställe sogar durchaus gewölbt sind, geschlossen sind. Ein sehr anmuthiger Lustgarten, der zum Theil im englischen Geschmacke angelegt ist, umgiebt die ganze Schlosspartie und rings um ihn ist eine Art Wall mit Wassergraben angelegt.
Die von Draschewitz, welche bereits im 14. Jahrhundert sehr begütert in dem Oster- und Pleissnerlande waren und von denen die Gebrüder Albert, Heinrich und Barthel v. D. im Jahre 1311 als Besitzer von „Storkowitz,“ sowie Hans mit seiner Gemahlin Altze („ehelichen Wirthin,“ wie sie in der Urkunde heisst) im Jahre 1390 als Mitbesitzer von Zwenfurt, der auch das „wüste Dorf Biegbruch“ in demselben Jahre an das Thomaskloster zu Leipzig verkaufte, und Nickel von D. auf Albrechtshain gesessen, der im J. 1406 seinen Antheil an „Klein-Posen“ an dasselbe Kloster veräusserte, öfter urkundlich vorkommen, werden auch als die ältern Lehnbesitzer von Zedtlitz genannt. Wolf von Draschwitz diente nach der Ritterrolle von 1614 mit 1½ Ritterpferde wegen des Guts Zedlitz bei der V. „Compagneia der ehrbaren Mannschaft“ und die von D. scheinen den Besitz von Z., an die von Gladebeck käuflich abgetreten zu haben, da sie noch 1692 auf Zedtlitz vorkommen.
Die von Gladebeck stammten aus der hannöverschen, landtagsfähigen Herrschaft gleiches Namens im Amte Kalenberg und sind bereits im 10. Jahrhunderte angesehene niedersächsische Odelinger gewesen, denn 930 vermählte Statz (Statius) von G. seine Tochter an Conrad von Schwanringen. Doch war ihr Stammhaus bereits im 16. Jahrh. im Besitze derer von Pappenheim. Zu Anfange des 17. Jahrhunderts finden sie sich im Brandenburgischen, wo Bodo von G. wirklicher Geh. Staatsrath, Hofkammerpräsident und Hauptmann zu Fürstenwalde war. Die Wittwe des königl. preussischen und churbrandenburgischen Kriegsraths von Gladebeck, eine Geborne von Münchhausen, war schon zu Anfange des 18. Jahrhunderts Besitzerin von Zedtlitz und baute im Jahre 1706 die ansehnlichen Schlossgebäude nebst den dazu gehörigen Wirthschaftsräumlichkeiten, und legte auch die ersten Gartenanlagen an. Doch hat das Andenken der von Gladebeck’schen Familie unstreitig das Fräulein Johanna Sophie von Gladebeck, durch vier eigenthümliche, ihren frommen und wohlthätigen Sinn beurkundende Legate am Meisten in der ganzen Parochie gesichert. Sie legirte nämlich im Jahre 1728 1500 meissnische Gülden zum alljährlichen Ankauf von 3 Viertel Bier, welches am Johannistage alljährlich alle Gemeindemitglieder gemeinschaftlich trinken, während die übrig bleibenden Zinsen gleichmässig vertheilt werden; ausserdem setzte sie 300 Thaler als Schullegat, deren Zinsen zur Bezahlung des Schulgelds für Aermere und zur Anschaffung von Kleidungsstücken sowie von Schulbüchern bestimmt sind. Ersteres Legat hat die Gutsherrschaft und letzteres diese mit dem Pfarrer und Schulmeister zu verwalten. Ueberdies dotirte sie 500 Thlr. zum Ankauf einer grossen halleschen oder nürnberger Bibel in Folio, einer Handbibel und einem Gesangbuche als Inventarium für jedes Haus der ganzen Parochie, wozu auch Raupenhain und Platecka gehören, wobei sie ausdrücklich noch bestimmt hat, dass bei jeder Besitzveränderung der Häuser diese Bücher als ein Inventarium dem neuen Besitzer besonders mit übergeben, auch stets in Stand erhalten werden müssen. Endlich vermachte
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/023&oldid=- (Version vom 21.5.2018)