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und 1577 bedeutende Reparaturen erfuhr. Sie hat zwei Kanzeln, auf deren einer Luther oft predigte. Neben dieser Kanzel hängt Luthers Portrait, von Lucas Kranach gemalt, und neben diesem Bilde ein Denkmal des 1582 hier verstorbenen Johanns von Ende und seiner Gemahlin Magdalena. Das Schnitzwerk des Altars ist ebenso wenig sehenswerth, wie dessen mit den Bildnissen mehrerer Pastoren geschmückte Rückwand. Vorzüglich bemerkenswerth ist dagegen ein Kranachsches Gemälde, welches Heinrich von Einsiedel in Rittertracht darstellt, umgeben von seinen neun Söhnen; gegenüber steht seine Hausfrau mit den fünf sittsam in Nonnentracht gekleideten Töchtern. Das Bild ist von einer grossen Anzahl Wappen umgeben, von denen eines – man sagt das Kaufungensche – ausgetilgt ist. Neben dem Bilde umstehen den Altar dreizehn lebensgrosse steinerne Gestalten, sämmtlich Personen des Einsiedelschen Geschlechts darstellend. Die älteste Figur ist die des 1461 gestorbenen Hofmarschalls Hildebrand, der wegen seiner Würde ein Scepter in der Hand hält. Ihm folgte Heinrich I., gestorben 1507 als Ritter des heiligen Grabes; Hans Hildebrand von Einsiedel; Heinrich II. von Einsiedel, Luthers Freund; Johann von Einsiedel, ein sehr gelehrter Mann und Kenner der hebräischen Sprache; Heinrich III. von Einsiedel, Ritter vom heiligen Grabe, ein tüchtiger Kriegsmann, der 1594 bei seiner Rückkehr von Jerusalem in Ungarn erschlagen wurde; Hildebrand von Einsiedel starb 1598; Sybille von Ende starb 1605; Hildebrand von Einsiedel starb 1647, die lateinischen Verse der Unterschrift sind sein eigenes Werk; Haubold von Einsiedel starb 1687; Abraham von Einsiedel auf Döllnitz in der Aue; Conrad von Einsiedel starb 1744; Johann Abraham von Einsiedel starb 1756, und ist der Letzte der Bildergruppe, indem das Denkmal seines Sohnes Hildebrand von einem Altenburger Bildhauer so schlecht gearbeitet war, dass man es zerschlug und in eine der Kirche nahe liegende Grube warf. Dafür erhielt der 1802 verstorbene Hildebrand von Einsiedel in der Schlosskapelle ein sehr schönes Denkmal von Alabaster. – Eine Stiftung des edlen Heinrich II. von Einsiedel darf hier nicht unerwähnt bleiben. Sie bestimmte die Zinsen eines ansehnlichen Capitals zur Unterstützung der Wittwen und nachgelassenen Kinder der Einsiedelschen Pfarrherren zu Altmörbitz, Bocka, Eschefeld, Gnandstein, Niedergräfenhain, Oberfrankenhain, Priessnitz, Roda und Syhra, welche Dörfer, mit Ausnahme Oberfrankenhains, noch jetzt den Einsiedeln gehören. Dem Pfarrer und Schlossprediger in Gnandstein, der die Stiftungsurkunden in Verwahrung hat, liegt es ob, alljährlich die neun Pfarrer zu einem Convente zu vereinigen, wobei ein damit Beauftragter die von ihm geführte Rechnung ablegt. – Kirche und Schule, deren Collator der hiesige Rittergutsbesitzer ist, stehen unter der Inspection Borna; in die Kirche sind ausser dem Dorfe Gnandstein auch Dolsenhain und Wüstenhain eingepfarrt.

Das Rittergut Gnandstein ist seiner Bodenbeschaffenheit nach zu den besten des Königreichs zu zählen. Es hat ungefähr 300 Acker Feld, 400 Acker Waldung und 70 Acker Wiesen. Die Mühle am Schlossberge ist erst 1750 vom Rittergute abgekommen. Zwischen Gnandstein und dem Städtchen Frohburg, im sogenannten Eulenberge, bricht ein vortrefflicher Jaspis, unter dem Namen Bänderjaspis oder Gnandsteiner Bandstein bekannt, der zu den schönsten Steinarten Sachsens gehört. Auch den Schlossfelsen, welcher aus dem östlichen Wyhragebirge westwärts hervorspringt, durchzieht der Jaspis, und man findet in den Wänden des durch den Fels gesprengten Hauptthores der Burg sehr schöne zu Tage ausgehende Adern, wodurch Gnandstein der Burg Anhalt ähnlich wird; die ältere Dichter ob ihres Jaspisgrundes hoch rühmen und ihr daraus unvergängliche Dauer prophezeihen. Der Gnandsteiner Jaspis ist auf dem Bruche muschelig, von Farbe hellgrün mit grünlichen gleichlaufenden schmalen Streifen und eingemengten dunkelrothen Flecken versehen, die sich nebst den Streifen mit ihren Grenzen unmerklich in einander verlieren. Die vortreffliche Politur, welche er annimmt, giebt ihm ein ausserordentlich schönes Ansehen.

Otto Moser, Redact.     




Pomsen.


Hart an der Kunststrasse, welche Leipzig mit Grimma verbindet, erhebt sich am nordöstlichen Ende eines ziemlich grossen Dorfes das hohe stattliche mit Ziergiebeln und Thürmen geschmückte alterthümliche Schloss Pomsen. Das hiesige Rittergut ist das bedeutenste des Leipziger Kreises, und sein weitumfassender, obwohl nicht beisammenliegender Sprengel könnte wohl eher eine Herrschaft genannt werden, indem er den Raum von mehr als einer Quadratmeile einnimmt. Zu dem Rittergute gehören, ausser dem Städtchen Naunhof, die Dörfer Pomsen, Grethen, Klinge, Kleinsteinberg, Seifartshain, Albrechtshain, Fuchshain, Erdmannshain, Stockheim und das vormalige Antonierkloster Eicha, welches letztere der Churfurst von Sachsen im Jahre 1525 einzog, und dem Ritter von Minkwitz für 900 Gülden verkaufte. Das Areal des Gutes Pomsen mit Naunhof und den Vorwerken Fuchshain und Eicha enthält einen Flächenraum von 2220 Aeckern, bestehend in 1100 Aeckern Feld, 220 Aeckern Wiesen, 100 Aeckern Teichen mit bedeutender Fischerei, und 800 Aeckern Waldung. Im Jahre 1847, wo der jetzige Herr Besitzer Pomsens die Bewirthschaftung der Güter selbst übernahm, wurde in Pomsen eine Dampfbrennerei erbaut, welche jährlich nicht weniger als 20–30,000 Dresdner Scheffel Kartoffeln verarbeitet, und in neuester Zeit hat die Feldwirthschaft durch umfangreiche Meliorationen und Urbarmachungen bedeutende Erweiterungen erfahren. An technischen Gewerben hat das Rittergut, ausser der Brennerei eine Brauerei, eine Mehl-, Oel- und Schneidemühle an dem nahen Flusse Parthe, eine Ziegelei beim Vorwerk Eicha und eine Mehlmühle bei Albrechtshain. Das Schloss, ein altes weitläufiges Gebäude, welches im Laufe der Jahrhunderte mancherlei Reparaturen erfuhr, wurde in den Jahren

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/036&oldid=- (Version vom 21.5.2018)