Zum Inhalt springen

Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen I.djvu/072

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

einziger Sohn, Wilhelm Leberecht Crusius sich vermählt hatte, bestimmte er Rüdigsdorf zu dessen Wohnsitz, während der Vater selbst Sahlis bewohnte. Nach des Letzteren 1824 erfolgtem Tode, trat Herr Dr. Wilhelm Leberecht Crusius das väterliche Erbe an, ein hochverehrter Mann, der als Deputirter der ersten ständischen Kammer, als Director verschiedener, gemeinnützig wirkender Gesellschaften, sowie als eifriger Beförderer der Leipzig-Dresdner Eisenbahn sich viele Verdienste um das Vaterland erworben, und den ihm angehörenden Gemeinden stets als wohlwollender Herr und Freund mit Rath und That beigestanden hat.

Otto Moser, Red.     




Brandis.


Das Städtchen Brandis liegt, drei und eine halbe Stunde östlich von Leipzig und eine halbe Stunde südlich von der Leipzig-Dresdner Eisenbahn entfernt, in einer fruchtbaren Niederung voller kleiner Teiche, umgeben von flachen Anhöhen. Der Ort hat zweihundert und elf Häuser mit einer Bevölkerung von mehr als fünfzehnhundert Einwohnern, die sich hauptsächlich mit Ackerbau beschäftigen. In Brandis werden jährlich drei Märkte abgehalten.

Der Name Brandis ist slavischen Ursprungs und von dem Worte Bor abgeleitet, welches einen Wald bedeutet und zugleich auch ein beliebter slawischer Mannesname war. Somit ist die Gründung des Ortes durch einen der sorbischen Volksstämme, welche in Folge der Völkerwanderung ihre Wohnsitze jenseits der Elbe verliessen und sich an den Flussgebieten der Elster, Pleisse und Mulde festsetzten, nicht zu bezweifeln. Zu welcher Zeit das Christenthum hier Eingang fand ist unbekannt, doch behauptet die Sage, dass Bonifacius, der Apostel der Deutschen, im Jahre 728 in hiesiger Gegend die neue Lehre nicht ohne Erfolg verkündete. Historisch erwiesen ist, dass Brandis (Borintizi) schon 974 ein nicht unbedeutender Ort war und zu dieser Zeit, nebst einigen anderen nahen Ortschaften, vom Kaiser Otto II. dem Stifte Merseburg übergeben wurde. Namentlich Wigbert, Bischof von Merseburg, erwarb sich um die Verbreitung des Christenthums in den seiner Aufsicht anvertrauten Distrikten hohe Verdienste.

Schon im Anfange des dreizehnten Jahrhunderts befand sich in Brandis ein Schloss, auf welchem die Ritter von Brandis hausten. Gozwinus von Brandis bewohnte die Burg um das Jahr 1212, und sein Sohn, Johannes von Brandis, 1225. Friedrich von Brandis wird 1256 genannt und Gebhard von Brandis 1268. Letzterer verkaufte das Dorf Machern, welches bis dahin zu Brandis gehört hatte, an das Kloster Neuwerk. 1352 werden Johann und Heinrich von Brandis (Brandeyss) genannt, die damals Zinsen von vierzehn Hufen in Zochau an das Kloster Sitzenroda verkauften. Im Jahre 1415 besass das Schloss Albrecht von Heynitz und 1511 erkaufte es von seinen Vettern für 7400 Gulden ein Herr von Bünau auf Jetzschen der zugleich das Leipziger Amtsdorf Gerichshain nebst dem Erbgericht auf der wüsten Mark Posthausen und Oeltsche für 576 Gulden an sich brachte. Der Hofmarschall, Rudolph von Bünau, empfing 1533 vom Churfürsten Johann Friedrich über Brandis die Lehn.

Unter dem Hofmarschall von Bünau begann die Reformation und da in dem ganzen Amte Grimma, welches der Ernestinischen Linie unseres Regentenhauses angehörte, die Einführung der lutherischen Lehre sehr begünstigt wurde, so fand bereits 1529 in Brandis der erste protestantische Gottesdienst statt, während in Leipzig und vielen anderen Orten unseres Vaterlandes, welche Herzog Georg dem Bärtigen gehörten, das Lutherthum erst 1539, wo Herzog Georg starb, zur Geltung gelangte. Rudolph von Bünau, ein eifriger Katholik, bemühte sich vergeblich die neue Lehre von seinen Unterthanen fern zu halten. Von den drei katholischen Geistlichen, welche damals in Brandis fungirten und zugleich Gerichshain, bis 1343 Machern und vorher wohl auch Beucha als Filiale besorgten, traten zwei zum Protestantismus über, einer wurde Pfarrer der andere Schulmeister, der dritte aber blieb dem alten Glauben treu und wurde auf Verwendung des Hofmarschalls von Bünau katholischer Pfarrer zu Gerichshain, welches Dorf dem Herzog Georg gehörte und folglich katholisch bleiben musste. Der Pfarrer zu Gerichshain hatte zu gleich im Schlosse Brandis Messe zu lesen. Dieses Verhältniss dauerte bis 1539, wo auch Gerichshain, wie alle übrigen noch katholischen Orte, mit dem Regierungsantritte Herzog Heinrichs des Frommen, die neue Lehre annahm. Verschiedene Geld- und Naturaleinnahmen, welche noch jetzt die Pfarrer und Schullehrer in Beucha und Gerichshain von dem Rittergute Brandis, sowie der Pfarrer und Cantor in Brandis von dem Dorfe Gerichshain und dem Rittergute Machern beziehen, sind aus diesen Verhältnissen entstanden.

Im Jahre 1535 kam Brandis durch Kauf (25000 Gulden) an Nikolaus von Ende, Geheimerath des Churfürsten Johann Friedrich des Grossmüthigen. Von ihm gelangte das Gut 1554 an Ehrenfried von Ende, welcher stets in Brandis wohnte und als ein grosser Freund und Beförderer des Protestantismus gerühmt wird. Er starb 1578 und Brandis wurde Eigenthum Wolf Dietrichs von Körbitz, von dem in hiesiger Kirche ein Söhnlein begraben liegt, dessen Leichenstein, ein betendes Kind in Priesterkleidung darstellend, noch jetzt vorhanden ist. Dem Herrn von Körbitz folgte im Besitze des Schlosses Brandis Wolf Löser auf Sahlis der mit Anna von Einsiedel aus dem Hause Gnandstein vermählt war, deren Vater, Hildebrand von Einsiedel, 1598 auf dem Schlosse Brandis starb. Von 1604 bis 1612 gehörte Brandis August von Lüttichau, dem 1612 Oswald aus dem Winkel folgte, welcher auch Otterwisch und Heinichen besass. Diese Familie blieb im Besitze von Brandis bis 1690 und während ihrer Herrschaft trafen den Ort die Verwüstungen und Drangsale des dreissigjährigen Krieges. So wurde nach einer Nachricht im Pfarrarchive am 19. August 1633 Frau Elisabeth, Abrahams von Ende hinterlassene Wittwe, also jedenfalls eine der hiesigen Rittergutsherrschaft verwandte Bewohnerin des Schlosses, hier begraben, die von den Croaten gestochen und gehauen

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/072&oldid=- (Version vom 21.5.2018)