Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen I.djvu/081

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Gohlis
bei Leipzig.


Zu den reizendst gelegenen Dörfern in Leipzigs Umgebung gehört unbedingt Gohlis. Hart an dem herrlichen Eichenwalde, das Rosenthal genannt, liegt das Dorf umschlossen von Wiesen und fruchtbaren Feldern an der vereinigten Pleisse und Parthe, welche unterhalb des Dorfes eine bedeutende Mühle treibt. Die hohe Kuppel des Schlosses blickt stattlich aus dichten Anpflanzungen hervor, und namentlich präsentirt sich das wahrhaft schöne Schloss von der Abendseite, wo die offenen Stellen der zum Park umgewandelten Rosenthalwaldung freie Aussicht gestatten. Gohlis ist im Sommer von einer grossen Anzahl angesehener Leipziger Familien bewohnt, die hier in grossen völlig städtisch erbauten Häusern leben, welche dem Dorfe das Ansehen einer Leipziger Vorstadt verleihen. Die beiden Restaurationen des Ortes, die Wasserschenke, von ihrer Lage an der Pleisse so genannt, und die Oberschenke, sind sehr besuchte Vergnügungsplätze des Leipziger Publikums, und namentlich findet man hier die berühmte Döllnitzer Gose, ein Waizenbier, das nur Leipzig und seine Umgebung kennt, von vorzüglicher Güte. Des Dorfes Südseite ist von dem kleinen Flüsschen Ritschke bespühlt, und jenseits derselben erhebt sich der von den Leipzigern sogenannte Kickerlingsberg, eine Höhe, die nicht – zwölf Ellen übersteigt. Dagegen ragt das Gelände nach Norden hin so weit empor, dass man von dort eine wirklich hübsche Aussicht geniesst. Die Fluren rainen mit Möckern, Wiederitzsch, Eutritzsch und dem städtischen Vorwerke Pfaffendorf, und die Zahl der einheimischen Gohliser mag ziemlich tausend Köpfe betragen. Unter den Häusern zu Gohlis ist das interessanteste, ein kleines unscheinbares Gebäude mit gesenktem Giebel, worin einst Schiller seine Sommerwohnung hatte. Ueber der Thür liess der Schillerverein zu Leipzig am 11. November 1841 eine gusseiserne Platte befestigen mit der Inschrift:

„Hier wohnte Schiller und schrieb das Lied an die Freude 1785.“
Zugleich hat der genannte Verein in Gohlis seit dem Jahre 1842 eine Gemeindebibliothek gegründet, die alljährlich nicht unbedeutend vermehrt wird, sowie an die Gohliser Schuljugend eine in Büchern bestehende alljährliche Prämienvertheilung angeordnet. Bei Gohlis befinden sich sehr hübsche von einem der Besitzer im Jahre 1756 angepflanzte Lindenalleen.

Gohlis ist eine alte wendische Niederlassung, und wohl ebenso alt wie das benachbarte Leipzig; es sollte jedoch richtiger Kohlitz geschrieben werden, welcher Name soviel als „Hügelland“ bedeutet. In den fernsten Zeiten war es nebst Möckern, Wahren und einigen andern Dörfern, Eigenthum des adligen Geschlechts derer von Warin, von welchem es an die reichbegüterten Herren von Pflugk gelangte. Der erste Besitzer von Gohlis aus dieser Familie war Tham (Damian) Pflugk, ein Sohn Nikel Pflugks auf Strehla und Frauenstein, dem auch Zöbigker und Möckern gehörte. Er war Rath des Markgrafen Wilhelm von Meissen und hatte zur Gemahlin Agnesen von Hirschfeld, aus dem Hause Mühlbach, welche ihm zwei Söhne, Sigismund und Nikolas gebar. Tham Pflugk wird von 1349 bis 1376 genannt, in welchem letztgenannten Jahre, er nebst seinem Bruder Otto, Möckern und Gohlis (nach noch vorhandener Lehnsurkunde) in Lehn und Würden bekam. Otto Pflugk überlebte seinen Bruder, und wird noch 1394 als Besitzer von Gohlis genannt, wo er gestorben zu sein scheint. Sein Sohn, Nikel Pflug, besass die väterlichen Güter von 1394 bis 1420, und hatte seinen Sitz auf dem Schlosse zu Grosszchocher, wo er mit Erlaubniss des Propstes zu St. Thomas eine eigene Hofkapelle gründete und einen Kaplan mit dem sonderbaren Namen Dobertobe anstellte, worüber die Confirmation noch im Pfarrarchiv zu Grosszschocher vorhanden ist. Nikel Pflugk der jüngere, des vorigen Erbe, besass die Güter Grosszschocher, Windorf, Pötzschkau, Möckern und Gohlis, doch hatte an die beiden letztgenannten Ortschaften auch sein Vetter, Nikel Pflugk auf Knauthain, Ansprüche, die er jedoch an Ersteren durch einen 1462 errichteten Vertrag abtrat. Hans Pflugk der ältere, des Vorigen Sohn, besass durch Erbfälle und Verheirathung, ausser den väterlichen Gütern auch Fuchshain, Pomsen, Seiffertshain, Laussen, Göhrens und Albertsdorf. Sein Tod erfolgte 1490.

Auf Hans Pflugk folgte im Besitze der Güter dessen Sohn, Hans der jüngere, zu dessen Zeit Fuchshain von der Familie wegkam. Er lebte bis 1550 und hinterliess vier Söhne, die sich dergestalt in die Güter theilten, dass der älteste, Hans, Zschocher und Gohlis, Moritz Pomsen und Seiffertshain, Georg Pötzschkau, und der jüngste, Wolf, Windorf, Lausen, Göhren und Möckern bekam. Hans Pflugk lebte nicht lange und musste 1535 einen grossen Theil von Gohlis wiederkäuflich an die Stadt Leipzig abtreten. Bei seinem 1538 erfolgten Tode, hätte ihn, da er ohne Nachkommen starb, sein Bruder Moritz beerben müssen, aber dieser gelehrte wackere Edelmann, ein treuer Freund Luthers und Melanchthons, hatte durch ein Liebesverhältniss mit Barbara von Legmer, Christoph Weissens zu Leipzig Ehefrau, sich zur Ermordung des Ehemanns hinreissen lassen, und 1537 auf dem Markte zu Leipzig sammt der Geliebten unter dem Schwerte des Nachrichters geendet. Wir

     Leipziger Kreis, 7tes Heft, oder 31stes Heft der ganzen Folge.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/081&oldid=- (Version vom 21.5.2018)