Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen I.djvu/163

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Jahre 1728 Kirche, Pfarre und Schule zu Plaussig von Grund auf neu erbauen. Der letzte Abkömmling des Sieberschen Geschlechts, die Gemahlin des Oberhofgerichtsassessors, Friedrich Julius von Bülow, starb am 24. Mai 1805, und gesegnet bleibt ihr Andenken durch bedeutende Vermächtnisse, welche die Kirche und Schule, sowie die Ortsarmen, von der edlen Frau empfingen. Ihr Sohn und Erbe, Victor Julius von Bülow, überliess das Rittergut Plaussig dem Oberstlieutenant Wilhelm Alexander von Weissen, und als dieser mit Tode abgegangen war, besass es eine Zeit lang ein Herr von Dankelmann, bis in neuester Zeit dasselbe durch Rechtsspruch Eigenthum der Frau Doctor Hacker, einer adoptirten Tochter des Oberstlieutenants von Weissen geworden ist.

Das reizend gelegene Dorf Plaussig, obgleich es ausser dem eigentlichen Bereiche der Völkerschlacht bei Leipzig lag, hat doch damals ausserordentliche Drangsale aushalten müssen. Am 18. October 1813 marschirte die schwedische Armee unter Anführung des Kronprinzen Bernadotte, gleichwie auch das alliirte Preussische und Englische Heer, bei Plaussig auf mehreren Brücken über die Parthe, und zwar die Reiterei zwischen der Kirche und Pfarre, die Infanterie durch den Pfarrhof und Garten, um sich in der Nähe von Taucha, bei dem Vorwerke zum heitern Blick, mit den Russen und Oestreichern zu vereinigen, nachdem der nahe an Plaussig und Portitz stehende linke Flügel des Französischen Heeres, der aus Sächsischen, Badenschen und Würtembergischen Truppen bestand, sich ergeben und mit den Alliirten verbunden hatte. Plaussig wurde darauf von Französischen Truppen geplündert und ausserdem viel Unheil verübt. Das von einem Franzosen geraubte Kirchensiegel wurde nach Jahren beim Pflügen von einem kleinen Knaben aufgefunden.

Es ist schon erwähnt worden, dass der Senator und Baumeister Sieber († 1742) sich vielfache Verdienste um Plaussig erworben habe, wozu auch die Erbauung des jetzt noch stehenden Gotteshauses gehört. Diese schöne, freundliche Kirche wurde in den Jahren 1771 und 1772 erweitert und im Innern mannichfach verändert, erhielt eine neue von Maurer in Leipzig erbaute Orgel und 1791 von dem damaligen Rittergutsbesitzer und Kirchenpatron Georg Sieber einen neuen Taufstein. Auf dem zierlich gebauten Thurme befinden sich drei Glocken, von denen die grösste im Jahre 1439 gegossen worden ist. Das Pfarrarchiv verwahrt die Kirchenbibliothek mit zwei alten interessanten Druckwerken von 1484 und 1507. – Ausser einem ansehnlichen Vermögen besitzt die Kirche zu Plaussig auch verschiedene beträchtliche Legate, welche theils für den Pastor, theils für den Schullehrer, theils zu einer dauerhaften Zierde für die Kirche und zu freiem Schulunterrichte armer Kinder bestimmt sind. Filial von Plaussig ist das eine halbe Stunde entlegene Dorf Seegeritz. Früher war dieses Dorf ebenfalls ein Pfarrort, da aber der Pastor, wie auch der Schullehrer, ein sehr kärgliches Einkommen hatten und ihre Wohnungen einzustürzen drohten, so trug im Jahre 1590 die Gemeinde Seegeritz darauf an, ihr Dorf mit Plaussig zu vereinigen, welche Bitte das Consistorium auch genehmigte. Seit dieser Zeit ist der Rittergutsbesitzer zu Plaussig der einzige Collator der Pfarr- und Schulstelle zu Plaussig und Seegeritz. Dreissig Acker Feld, welche zu der Pfarre in Seegeritz gehörten, wurden, weil Plaussig und Seegeritz damals einem Besitzer zustanden, zu dem Rittergute Seegeritz geschlagen, wofür der Pfarrer in Plaussig eine Entschädigung durch Rittergutsfelder daselbst erhielt. Eine Urkunde von 1393 nennt Nikol von Hogenest den Pfarrherrn zu Plusk. Der letzte katholische Geistliche zu Plaussig hiess Ambrosius Lederer, und der erste protestantische Pfarrer war Paul Hempel. Einer der hiesigen Pastoren, M. Heinsius, welcher im Jahre 1723 removirt wurde, gründete 1725 zu Leipzig eine Buchhandlung, welche fast ein Jahrhundert bestand. Der erst vor wenigen Jahren verstorbene achtzigjährige Pfarrer, Christian Traugott Hermann Hahn, war ein Enkel des, am 21. Mai 1726 auf Anstiften der Katholiken durch den Trabanten Franz Laubler ermordeten, Predigers an der Kreuzkirche zu Dresden, M. Joachim Hermann Hahns.

Otto Moser.     




Druck von Sturm & Koppe (A. Dennhardt) in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/163&oldid=- (Version vom 16.9.2022)