Diese Edelleute waren indessen nicht Pröpste, sondern Comthure oder auch zum Theil Hochmeister, doch befand sich in dem Comthurhofe auch eine Propstei, welcher gewisse sedes archipresbyterii untergeben waren, die wieder gewisse niedere Geistliche unter sich hatten. Der Propst zu Zschillen war einer der neun Archidiakonen des Bisthums Meissen und sein Sprengel begriff die sechsundzwanzig Pfarreien Zettlitz, Seelitz, Milkau, Krossen, Beerwalde, Erlau, Frankenau, Topfseifersdorf, Schweikershain, Hohenkirchen, Rochsburg, Burgstädt, Hartmannsdorf, Mühlau, Taura, Wiederau, Clausnitz, Altmittweida, Ottendorf, Auerswalde, Lichtenau, Ebersdorf, Wiesa, Eupa, Oberelsdorf, Zschopau. Im Jahre 1433 wurde vom Zschillener Propst Johannes und dem Schösser zu Rochlitz zwischen dem Pfarrer zu Seelitz und der Gemeinde daselbst ein Vergleich abgeschlossen, und 1500 wird Cocus oder Koch, ein Doctor der Rechte, als Offizial des Klosters genannt. Die letzten Pröpste waren Conrad Jäger, der sich in einem Schreiben an den Rath zu Mittweida von 1522 Propst und Archidiakonus zu Zschillen nennt, alsdann Laurentius Seiffert und endlich Antonius Tüchel, der letzte Propst, welcher noch 1536 hier war und auch im Kloster gestorben ist.
Das Jahr 1539 brachte dem Kloster Zschillen den Untergang, indem nach dem Tode Herzog Georgs des Bärtigen Heinrich der Fromme in den ererbten Sächsischen Landen die Reformation einführte. Dessen Söhne Moritz und August entschädigten nach des Vaters Tode den alten Comthur Andreas von Herda (Hartha?) mit einigen Dörfern, welche bis dahin dem Kloster Pforta gehört hatten und säkularisirten die Comthurei. Da nun diese sich verpflichtet hatte keine Gelder aus dem Lande zu schicken, sondern die Ueberschussgelder nur zu Käufen anzuwenden, war sie so reich geworden, dass zwölf Priesterbrüder ein höchst splendides Leben führen konnten. Die Zschillener Propstei versorgte ihre Unterthanen mit Mittweidaischem Biere, anderes durften sie nicht kaufen und ebenso durfte an den Jahrmärkten nur Mittweidaer oder Rochlitzer Bier ausgeschenkt werden, und als die drei Schenken zu Wiederau, Topfseifersdorf und Zschoppelshain Erlaubniss bekamen an diesen drei Tagen Bier zu verzapfen, mussten auch sie sich auf diese beiden Sorten Bier beschränken. – Bemerkenswerth ist, dass der Kellermeister des Markgrafen Dietzmann von Meissen, Heinrich von Hohenstede, die Fischerei zu Leipzig nebst der dazu gehörigen Gerichtsbarkeit 1305 dem Probst Otto zu Zschillen verkaufte, der jedoch beides noch in demselben Jahre an das Thomaskloster in Leipzig abtrat. Für dieses Geschenk sollte nach des Markgrafen Bestimmung der Todestag Otto’s, sowie die Sterbetage des Grafen Dedo, Stifters des Klosters (16. August) und seiner Gemahlin Mathilde (28. Januar) feierlich begangen, gleichwie auch aller verstorbenen Augustiner Chorherren zu Zschillen Gedächtnissfeier abgehalten werden. –
Die Herzöge Moritz und August von Sachsen hatten nach Heinrichs des Frommen Tode Zschillen in eine Domaine verwandelt, vertauschten dieselbe aber, nebst Penig und Zinnberg, durch einen zu Annaberg Mittwoch nach Palmarum 1543 abgeschlossenen Vergleich an die vier Söhne Ernst’s III. von Schönburg, die Herren Hans Ernst, Hugo, Georg und Wolf von Schönburg und zwar nicht blos gegen deren Vortheil, sondern auch gegen deren Wunsch. Ernst III. von Schönburg war der einzige Sprosse des alten ehrwürdigen Dynastengeschlechts der Schönburge, Herr von Glauchau, Waldenburg und Lichtenstein, als Böhmischer Lehen, der Grafschaft Hartenstein als Sächsischen Afterlehns und der Herrschaft Geringswalde als Reichslehns, sowie Besitzer von Wehlen, Hohnstein und Lohmen, Geheimer Rath und Minister Herzog Georgs des Bärtigen und ursprünglich streng katholisch. Als aber Ernst von Schönburg 1533 zur Lutherischen Lehre übertrat, verlor er die Gnade seines Fürsten und starb 1534 als Stammvater aller jetzt noch lebenden Fürsten und Grafen von Schönburg. Seine Gemahlin war die Burggräfin Amalie von Leissnig, der letzte Sprosse dieser Familie, deren letzter männlicher Zweig bereits 1538 mit dem Burggrafen Hugo abgestorben war. Amalie Gräfin von Schönburg starb 1569. Die Vormundschaft der vier Söhne führten die Grafen Hans Georg von Mannsfeld und Günther Graf von Schwarzburg, sowie der Leipziger Ordinarius Dr. Ludwig Fachs. Diese Herren scheinen ihr Privatinteresse nicht ganz aus den Augen gelassen zu haben. Ihre Vormundschaft währte von 1534 bis 1549 und während dieser Zeit wurden mehrere Käufe und Tausche abgeschlossen, welche durch den listigen Juristen Fachs wahrhaftig nicht im Interesse der Schönburg’schen Söhne stattfanden. So vertauschte dieser Mensch die grossen Schönburg’schen Besitzungen Wehlen, Lohmen und Hohnstein gegen 4000 Thaler baar, Zinnberg mit Penig und zehn Dörfern, acht Dorfantheilen, zwei Vorwerken und die säkularisirte Comthurei Zschillen mit dreiundzwanzig Dörfern und einem Vorwerke als Sächsisches Ritterlehn, aber mit allen bisherigen Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten, es sei an Zinsen, Renten, Zöllen, Getreide, Fleisch- und anderen Zehnten, Ober- und Untergerichten, Gehölzen, Jagden u. dgl., Vorwerken, Aeckern, Wiesen, Lehden, Viehzucht, Schäfereien, Mühlen und Frohnen und sonst mit allen ihren Ehren und Zubehörungen wie sie Namen haben mögen, nichts davon ausgeschlossen. Seit jener Zeit wurde der Name des alten Klosters Zschillen in Wechselburg verändert.
Von den vier Brüdern Hans Ernst, Georg, Hugo und Wolf von Schönburg starb Ersterer schon 1545 und die übrigen drei Brüder regirten
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/167&oldid=- (Version vom 14.9.2022)