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Seit December 1854 ist Besitzer des Rittergutes Herr Johann Gottfried Dietze auf Pomsen, der es als Vorwerk von seinem Gute Pomsen bewirthschaftet.

Das jetzige Herrenhaus ist seit dem Jahre 1851 von dem früheren Besitzer Th. Zürcher erneuert und von den Wirthschaftsgebäuden wurde im Jahre 1854 von demselben Besitzer ein neuer sehr zweckmässiger Kuhstall erbaut. Eine neue Schäferei war schon im Jahre 1849 unter von Bärenklau entstanden. Unter dem Besitzer des Rittergutsbesitzers J. L. Jost war mit der Oeconomie eine starke Brauerei verbunden, und es wurde hier vortreffliches Bier gebraut, bekannt unter „Auerswalder Weissbier.“

Das früher im Garten befindlich gewesene umfängliche Gewächshaus ist unter von Bärenklau abgetragen worden.

Zum Areal des Ritterguts gehörten früher circa 60 Acker Holz, angrenzend an das Oberholz, welches seit 1830 ausgerodet und das Land in Feld verwandelt worden ist. Seit 3 Jahren sind Huthfelder des Rittergutes bis auf 1 Kleefeld nach dem neuesten System drainirt worden.

Das Gut enthält 306 Acker Ackerland und 30 Acker Wiesenland, meist fruchtbaren Lehmbodens.

Zugleich mit dem Dorfe hat auch das Rittergut in früherer Zeit durch Kriegsnoth viel gelitten, wie besonders im Hussittenkrieg und im 30jährigen Kriege. Der Sage nach ist in diesen Zeiten ein zwischen Grosspösna und Fuchshain gelegenes Dorf „die Komorei“ zerstört worden.

Ebenso litten Grosspösna und das benachbarte Liebertwolkwitz bei der schwedischen Invasion. In Liebertwolkwitz war es, wo bei der letzteren der kaiserliche Minister von Wratislaw am 1. September 1707 die mit Carl XII. zu Altranstädt im Jahre 1706 abgeschlossenen Tractaten unterzeichnete, nach welchen der Kaiser Joseph I. den Protestanten in Schlesien freie Religionsübung gestatten musste, weshalb ihre dortigen Kirchen noch jetzt Gnadenkirchen genannt werden. Die Unterzeichnung geschah im Gute Nr. 32.

Von den Schicksalen in Liebertwolkwitz und Grospösna während des 7jährigen Krieges ist so viel bekannt, dass in beiden Orten viel Kriegstruppen sich aufgehalten und die Einwohner schwere Kriegsdrangsale ausgestanden haben. Im Jahre 1762 starben in Liebertwolkwitz 64 Personen, in Grosspösna 28 Personen, eine bei der damaligen geringen Bevölkerung beider Orte sehr grosse Zahl.

Sehr verderblich für die Orte waren die Octobertage 1813. Am 13. October stellten sich die von Belgershain her sich nähernder Oesterreicher auf den Mühlenberge bei Grosspösna auf, der mit Kanonen besetzt wurde. Bis gegen Abend dauerte hier ein lebhaftes Feuern an, wobei mehre Kugeln ins Dorf flogen.

Gegen Anbruch der Nacht zogen sich die Oesterreicher zurück und circa 2000 Franzosen rückten ins Dorf ein, machten Bivouac und plünderten. Am 14. früh 3 Uhr verliessen die Franzosen das Dorf, zogen sich nach Liebertwolkwitz und die Oesterreicher rückten von Thräna aus wieder vor. Am 16. October nahmen die Franzosen die österr. Batterie auf dem Kolmberge, viele Kugeln kamen ins Dorf und die Franzosen rückten bis ins Niederholz vor. Die Oesterreicher und Preussen behaupteten aber ihre Stellung in und um Grosspösna. Das Schiessen war an diesem Tage am heftigsten, Gottesacker und Dorf stand mit Geschütz besetzt. Der Ort hatte dabei sehr viel zu leiden, die Plünderung war allgemein, alles brennbare Material, Hausgeräthe aller Art kam zur Feuerung in die Bivouacs. Die Ortsbewohner hatten die Tage vorher Mehreres in der Kirche und auf dem Rittergute verborgen; Alles ging verloren. Was in den Tagen der Schlacht an Eigenthum noch übrig geblieben war, wurde von den nachziehenden Trupps geraubt.

Weniges Vieh war am 14. October nach Belgershain getrieben und gerettet worden, an Zugvieh fehlte es ganz. Von Dienstag an hatten bereits die meisten Bewohner den Ort verlassen. Vor Brand blieb jedoch Grosspösna verschont.

Grosspösna hat jetzt 26 Güter und 15 Brandkataster-Nummern. Die Flur enthält 787 Acker 151 □R. worin wie oben schon erwähnt, 334 Acker auf das Rittergut kommen. Auf Grosspösnaer Feldern wird weisser Sand gegraben. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts lebten hier viele Thonpfeifenmacher. Hauptnahrungszweig ist jetzt der Ackerbau. Jedoch wurden ausser der Landwirthschaft auch mehre Professionen hier betrieben.

Im Jahre 1839 ist die Landgemeinde-Ordnung eingeführt worden.

Der Besitzer von Grosspösna ist Collator über die hiesige Schule, während das Besetzungsrecht des geistlichen Amtes in der Filialkirche von Grosspösna dem Gerichtsherrn von Liebertwolkwitz zusteht.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/274&oldid=- (Version vom 7.1.2019)