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Mulde, bei den Dörfern Zollschwitz und Görniz, ein Lager aufschlagen, in welchem auch Herzog Moritz und dessen Söhne, Herzog August und Herzog Heinrich mit zu Felde lagen.

Der Kaiser aber und der römische König kamen nebst hohem Gefolge, wobei viele vornehme Spanier waren, in die Stadt zurück, wo sie übernachteten und fast die ganze Stadt inne hatten. Beim Eingange selbst war ein solches Gedränge von Spaniern, Mönchen, Pferden und Mauleseln, dass die beiden Bürgermeister: Ilgen Körbber und Wolf Schönberg und der Rathsverwande Wolf Koppe, nebst dem Stadtschreiber Schmied, dem Kaiser die Schlüssel zu den Thoren nicht übergeben konnten, sondern sie mussten vor dem Zimmer in des Kaisers Quartier warten, bis nach Ankunft des Dolmetzschers der Kaiser aus dem Gemach trat und dann die vorgenannten Personen auf die Knie nieder fielen und nach einer Anrede des Stadtschreibers Schmied, dem Kaiser die Schlüssel zu den Stadtthoren übergaben, welche auch der Dolmetzscher auf des Kaisers Wink annahm. Der Kaiser versprach auch, auf des Stadtschreibers Fürbitte, dass er die Stadt mit ihren Bürgern, Weibern und Kindern zu Gnaden und in Schutz und Schirm auf- und annehmen und vor arme Unterthanen erkennen wolle, dafern sich Johann Friedrich, Herzog zu Sachsen zuvor mit Sr. königl. Majestät vertrage.

Hierauf reichte der Kaiser den 4 vorgenannten Personen die Hand und entliess sie in Gnaden, nachdem er noch zuvor versichert hatte, dass er ein Geschenk von 50 Scheffeln Hafer, welches man ihm anbot von den armen Leuten in Gnaden annehmen wolle.

Ob nun schon innerhalb der Stadt weder Plünderung noch andere Grausamkeiten geübt wurden, ausser, dass die Soldaten 400 Fass Bier theils tranken, theils in die Keller laufen liessen, so soll doch der Kaiser, auf Antrieb der Spanier, beschlossen haben, wegen einiger Misshandlungen der Einwohner an seinen Soldaten, beim Aufbruch die Stadt, sammt den umliegenden Dörfern plündern und in Brand stecken zu lassen. Der Kaiser nahm jedoch den gefassten Entschluss zurück und liess bei seinem Abzuge eine Garde von 10 Trabanten beim Bürgermeister Körbber zurück.

Dazu war die Veranlassung folgende: Einer von den deutschen Offizieren, welche von dem gefassten Entschlusse des Kaisers Kenntniss hatte, erblickte von ohngefär in seinem Quartiere das Bildniss des berühmten Mathematikers Petri Apiani, sonst Bärenwitz genannt, – welcher in Leissnig im Jahre 1493 geboren war – Lehrers des Kaiser Karl V. in der Astronomie.

Als nun der Offizier von seinem Wirth erfuhr, dass dieses das Bild seines (des Wirths) Bruders Bildniss sei und dass Petrus Apianus in diesem Hause geboren, berichtet der Offizier sogleich dem Kaiser, die Mittheilung, die ihm von seinem Wirthe gemacht worden war.

Auf diesen Bericht liess der Kaiser sich dahin vernehmen: „Es sollte ihm leid thun, dass er den vornehmen Petrum Apianum also betrüben und seine Vaterstadt in Unglück hätte setzen sollen.

Auch wurde auf Befehl des Kaisers harte Leibes- und Lebensstrafe angeordnet, dass kein Soldat einen Menschen in der Stadt beleidigen oder das Geringste nehmen solle.

So ward Petrus Apianus, welcher 1541 vom Kaiser in den Adelstand erhoben worden war, der Retter der Stadt. Apianus aber ist im Jahre 1552 in Ingolstadt gestorben.

Nach Johann Friedrichs Gefangennehmung, als Moritz die Chur Sachsen erhielt, hat der Römische König Ferdinand die Stadt Leissnig und Burggrafschaft, und etliche andere Graf- und Herrschaften des Landes, so böhmisch Lehn waren zur Entschädigung der aufgelaufenen Kriegskosten an sich gezogen; wurden aber den 19. Juli 1549 vom Churfürst Moritz, gegen Abtretung des Fürstenthums Sachsens in Schlesien, wieder zum Lande gebracht.

Im 30jährigen Kriege hat Leissnig aber am schrecklichsten gelitten. Denn der Oberst Schönickel, der Oberst Döbitz beehrten die Stadt mit ihrem Besuche und waren nicht allenthalben die freundlichsten Gäste.

Der schwedische Oberst Schlange glaubte seinen Vorgängern nicht nachstehen zu müssen, und verheerte die Stadt durch Feuer und Schwerdt. Auch der schwedische General-Major von Banner, der Oberst Lampe und Graf Kynsky haben in den Jahren 1640, 1644 und 1643 keine Denkmale der Güte und Liebe sich hier errichtet. Der General Königsmark folgte den vorhergenannten, liess das Schloss beschiessen und drang am 9. Aug. 1645 in selbiges ein.

Nach dem westphälischen Frieden suchte die Stadt sich wieder emporzuraffen und blieb bis zum Jahre 1800 von besondern Unglüksfällen frei. Allein mit dem Jahre 1803 brach wieder das Unglück über

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/298&oldid=- (Version vom 7.1.2019)