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Die Kirche ist klein und in einem alterthümlichen Style erbaut. Merkwürdige Denkmäler sind nicht hier zu finden: Aber 2 Legate zum Besten des Pfarrers, des Kirchenvermögens und der Armen, welche Osterhausen’sche Stiftungen aus dem Jahre 1703 und 1733 sind.

Die hiesige Schule wird von 83 Kindern besucht, wovon 30 auf Stöhna zu rechnen sind, einem hieher eingeschulten und nach Zwenkau eingepfarrten Dorfe.

Einer allgemein verbreiteten Sage zu Folge, soll während des 30jährigen Krieges die ganze Einwohnerschaft bis auf 2 Familien in Folge der Pesth ausgestorben sein und nach und nach sollen sich erst auf Veranlassung des dasigen Herrn Rittergutsbesitzers neue Ansiedler gefunden haben.

Jetzt giebt es 32 Bauergutsbesitzer und 15 Häusler.

Die sämmtlichen Bewohner nähren sich fast ausschliessend vom Feldbaue, und obschon der Boden den Fleiss des Landmanns nicht unbelohnt lässt, so ist doch keine Wohlhabenheit hier zu finden, da zu jedem Gute nur wenige Acker Feld gehören.

Böhlen hat in seinen 50 Häusern 350 Einwohner, welche dem Gerichtsamte Zwenkau seit der neuen Gerichtsorganisation zugewiesen sind.

Böhlen ist nicht zu verwechseln mit Böhlen bei Grimma, auch nicht mit Böhlen bei Colditz.

Unser Böhlen hängt mit der schönen Pleisse zusammen, eine nicht durch Thäler und Hochland ausgezeichnete Gegend und doch schön in ihrer Weise. Höchst gesegnete Fluren, üppige – von fischreichen Gewässern geräuschlos durchströmte – Wiesen, – in vollgrün prangende – von den Sängern der Lüfte belebten – Laubgebüsche, viel tausendstämmige mit köstlicher Frucht überladene Baumplantagen und weiträumige Gehöfte deuten auch hier und da auf grossen Wohlstand hin.

Dabei das rege Leben durch den grossen Verkehr der Sachs. Baier’schen Eisenbahn, indem beinahe keine Stunde des Tages vergeht, wo nicht die Züge dahinbrausen.

Die Harth, welche wir oben erwähnt haben, ist ein von Schwarz- und Laubholz gemischter Wald, durch welchen angenehme Wege nach Zwenkau und den benachbarten Orten führen. Merkwürdig, dass das Nadelholz hier nicht so recht gedeihen will, trotz aller Pflege, die darauf verwendet wird. Und doch ist es ein lieblicher Anblick, wenn man in hiesiger Gegend durch solche Waldungen ein Mal wandern kann.

Für diejenigen, welche die Eisenbahn bis Böhlen im Sommer benutzen wollen, ist kein angenehmerer Weg zu empfehlen, als von Böhlen nach Rötha, und dann zurück an der Pleisse entlang über Rüben und Zehmen und von Zehmen nach Gaschwitz, um daselbst auszuruhen und dann bei dem herannahenden Zuge zurück nach Leipzig zu fahren.

Böhlen selbst hat einen Anhaltepunkt, mit welchem eine Restauration verbunden ist. Im Orte selbst aber ist noch ein wohl eingerichteter Gasthof zu finden, wo der Reisende jedmögliche Bequemlichkeit finden kann.

(M. G.)     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/361&oldid=- (Version vom 7.1.2019)