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Mühle. In alten Zeiten gehörten zu Gävernitz auch Pretschitz, drei Güter zu Leuben und die nach Heselicht zustehenden vier Hufen zu Weitzschen. Kleinschönberg kam von Klipphausen an Gävernitz; dagegen gehörte schon 1554 zu Klipphausen das isolirte Bauergut zu Gävernitz, welches unweit Scharfenberg steht und dessen Grenzen bis an die Bergränder des Gävernitzer Territoriums reichen. Von dem Schlosse Klipphausen nahm eine zweite Linie der Ziegler’schen Familie ihren Unterscheidungsnamen an, und ein Fusssteig durch die Röhrsdorfer Fluren, der Rittersteg genannt, deutet noch jetzt auf eine frühere Verbindung zwischen Gävernitz und Klipphausen hin.

Das Dorf Gävernitz besteht aus dreissig und einigen Häusern mit etwa vierhundert Einwohnern, unter denen sich eine grosse Anzahl von Gärtnern und Weinbauern befinden, welche auf den hiesigen Bergen eine sehr starke und gewinnreiche Rebenzucht treiben. Erwähnenswerth ist auch das vortreffliche Gävernitzer Bier, welches weit und breit gern getrunken wird. Gävernitz ist mit Hartha und Pinkewitz in die Kirche zu Constappel eingepfarrt.

Die Kirche zu Constappel wurde wahrscheinlich im elften Jahrhundert gegründet, denn zwei päpstliche Bullen, von denen eine 1358 von Innocenz VI. zu Avignon, die andere 1515 von Leo X. ausgestellt wurde, nennen das Gotteshaus „ein altes Gestift zu Ehren des heiligen Nikolaus“, welchen man damals als Patron des Elbstromes verehrte, und zu dessen Verehrung Wallfahrten nach der Kapelle zu Constappel unternahm. Die beiden genannten Bullen befanden sich zu Constappel im Pfarrarchive, der zweite protestantische Prediger aber, M. Starke, welcher 1552 starb, hatte den unglücklichen Einfall aus allzugrossem Eifer für die Reformation die beiden interessanten Urkunden in das Feuer zu werfen. Vielleicht trägt der übereifrige Pfarrer auch die Schuld, dass alle schriftlichen Nachrichten über die frühesten Schicksale der Constappler Kirche verloren gegangen sind. Im Jahre 1652 war das alte Gotteshaus so baufällig geworden, dass man sich gezwungen sah, einen Neubau desselben vorzunehmen, und 1723 sowie 1788 richtete der Sturm an dem Gebäude solche Verwüstungen an, dass bedeutende Reparaturen nöthig wurden, mit denen man auch Veränderungen im Inneren verband. Die Kanzel und der Altar sind im Jahre 1823 neu erbaut, und erstere, die sich vormals an einem Seitenpfeiler befand, erhielt ihren Platz über dem Altar. Das Collaturrecht über die Kirche zu Constappel übt der jedesmalige Besitzer des Rittergutes Gävernitz. Die Schule besuchen gegen 150 Kinder.

Otto Moser, Redact[WS 1].     




Rossthal.


Zwischen dem Plauen’schen Grunde und dem Dorfe Priesnitz, dessen hochgelegene uralte Kirche die Umgegend weit überragt, liegt eine Stunde von der Stadt Dresden entfernt in sehr fruchtbarer, hauptsächlich durch Obstplantagen und Alleen gezierter und ungemein bevölkerter Gegend das Rittergut Rossthal. Von seinen Fluren geniesst man eine weithinreichende Aussicht auf das herrliche Elbthal, von den Sandsteinfelsen der Sächsischen Schweiz bis zu den freundlichen Bergeshöhen Meissens herab, und die dichtgedrängten Ortschaften, darunter die stolze Königstadt Dresden mit ihren gewaltigen Brücken und stolzen Bauten, bilden mit dem Elbstrome und seinen reizenden Ufern eine Landschaft, wie es deren in unserem Vaterlande keine zweite giebt.

In den frühesten Zeiten war Rossthal ein Nonnenstift mit einer von Wallfahrten vielfach besuchten, der heiligen Rosalie gewidmeten Kapelle, deren Ueberreste leider durch den Ueberbau einer Scheune verloren gegangen sind. Diese Kapelle gab dem Orte, in welchem sich damals noch kein Rittergut befand, den Namen Rosalienthal, in Urkunden Rosztyl und Rustyl, und erst in neuerer Zeit nannte man ihn Rossthal. Das noch jetzt stehende, mit alterthümlichen Zackengiebeln und einem Thurme gezierte Schloss wurde 1657 erbaut, erlitt jedoch später mehrfache Umänderungen. In den Kriegen von 1745–1759 wurde der Ort hart mitgenommen und in der Schlacht bei Kesselsdorf, am 15. December 1745, wo die vereinigte Oesterreichische und Sächsische Armee unter Johann Adolf von Weissenfels von der Preussischen unter dem sogenannten alten Dessauer oder dem Fürsten Leopold von Anhalt Dessau geschlagen ward, hatte Rossthal eine völlige Ausplünderung zu ertragen und ging zum Theil in Flammen auf. Auch im Jahre 1813 während der Schlacht bei Dresden war Rossthal der Schauplatz blutiger Gefechte, welche mit dem Angriffe der von Murat befehligten Truppen auf die Stellung der Oesterreicher nach dem Plauenschen Grunde hin zusammenhingen. An diesem Tage wurde es mehrere Male gestürmt, dabei aber glücklicher Weise überschossen, wodurch es dem Schicksale entging, von den Flammen zerstört zu werden, eine Heimsuchung, die das nur zehn Minuten entfernte Dorf Dölschen am Abhange des Plauenschen Grundes betraf.

Der älteste bekannte Besitzer Rossthals wird in einem Register von 1468 erwähnt, worin gesagt ist, dass der Ort dem Meister Hartungk zuständig sei, die Gerichte aber nach Dresden gehörten, wohin der Schoss gezahlt werden musste. Dasselbe Register gedenkt auch schwerer Drangsale, welche Rossthals Einwohner durch die eingedrungenen Hussiten erduldeten. Später war der Ort

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Readact.
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/023&oldid=- (Version vom 29.10.2017)