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uralte Capelle, in welcher der Pleban der Leubnitzer Kirche bisweilen Meses zu lesen verpflichtet war; dieselbe lag aber vom Jahre 1538 an wüst, bis 1623 der Hofmarschall von Osterhausen sie zu renoviren beschloss. Er suchte daher beim Oberconsistorium um Auspfarrung der Gemeinde aus Leubnitz nach, und als er dieselbe erhalten hatte, wurde ein Recess aufgerichtet. Die Capelle erhielt neuen Kirchenschmuck, und der Hofmarschall legirte zur Unterhaltung des Pfarrers und Schullehrers ein Kapital von dreitausend Gülden. Am 1. October 1623 wurde das erneute Gotteshaus eingerichtet, wobei der Superintendent zu Dresden, Dr. Aegidius Strauch, in Gegenwart einer grossen Anzahl von Geistlichen und Adelspersonen die Festrede hielt, und der Gemeinde ihren neuen Pfarrer M. Gabriel Ursinus vorstellte, einen Geistlichen der wegen religiöser Verfolgung aus Böhmen nach Sachsen geflohen war.

Obgleich nun damals die neue Kirche hinreichenden Raum bot, so veranlasste doch die anwachsende Bevölkerung einen Anbau, welcher 1667 nach dem Schlossgarten hin vorgenommen wurde. Aber auch diese, freilich unbedeutende Vergrösserung der Kirche reichte nicht aus, deshalb entschloss man sich zu einem gründlichen Neubau. Man begann mit Abtragung des alten steinernen viereckigen Thurmes, welcher hinter der Kirche stand, und erbaute einen neuen auf dem hartanstossenden Herrenhause. Im Jahre 1703 war das neue Gotteshaus vollendet. Bei dem Bau machten sich der Geheimerath von Schönberg, welcher sich seit dem Jahre 1692 im Besitze von Ober- und Niederlockwitz befand, sowie dessen Gemahlin, Sabine Elisabeth geborne von Maxen, durch vielfache Unterstützungen und Spenden an die Arbeitsleute sehr verdient, und gestatteten zugleich, dass bis zur Vollendung der Kirche der Gottesdienst in einem grossen Zimmer des Schlosses abgehalten werden durfte. Von einem Legate, welches die Geheimräthin von Schönberg damals stiftete, beziehen die Zinsen der Pfarrer und Schulmeister zur einen und die Kirche zur anderen Hälfte.

Die Furie des siebenjährigen Krieges schwang ihre Jammer und Elend verbreitende Geissel auch über die hiesige Gegend. Durch den Uebermuth Preussischer Soldaten gingen nebst einigen Bauerngütern 1756 Pfarre und Schule, und mit ersterer alle kirchlichen Nachrichten in Flammen auf. Die Pfarrwohnung war ursprünglich ein Bauerngut, welches bei Gründung der Kirche von dem Hofmarschall von Osterhausen angekauft, baulich verändert und dem Pastor überlassen wurde.

Die Kirche zu Lockwitz ist ein schönes Gebäude, das mit dem Schlosse zusammenhängt, und eine von dem berühmten Silbermann erbaute Orgel besitzt. In derselben hängt das Bildniss des am 1. November 1627 verstorbenen Hofmarschalls, wie er auf dem Paradebette liegt. Neben den Bilde ist eine Tafel angebracht, welche Nachrichten über die Erbauung der Kirche enthält. – Der Gottesacker befindet sich hinter der Kirche und zeichnet sich durch treffliche Denkmäler aus: 1673 wurde er durch Ankauf eines Stücks Feld vergrössert. – Der Collator der Kirche und Schule ist der jedesmalige Rittergutsbesitzer auf Lockwitz. Unter den Legaten befindet sich eines vom Jahre 1703, nach dem die Zinsen eines von Martin Heger in Nickern geschenkten Capitals von hundertfunfzig Gülden an die Ortsarmen ausgetheilt werden.

Otto Moser, Redact.     




Merzdorf.


Zwischen den Städten Riesa und Strehla, am rechten Ufer der Döllnitz, liegt in sehr angenehmer Gegend das unregelmässig gebaute Dorf Merzdorf, welches ausser einem nicht unbedeutenden Rittergute, ein Mühlgut, sechs kleinere Bauergüter und mit Einschluss des Wirthshauses und Gemeindehauses zwölf Häuser umfasst. Der Ort zählt gegen einhundert und funfzig Einwohner von denen Viele sich mit Handwerken, die übrigen aber mit Landbau beschäftigen. In früherer Zeit hatte Merzdorf seine eigene Gerichtsbarkeit, unter welche auch verschiedene Bewohner des nahen Dorfes Pochra gehörten; 1836 trat jedoch der damalige Besitzer des Rittergutes Merzdorf die Gerichtspflege an den Staat ab, und ist nun dieselbe dem Amte Oschatz überwiesen. Am 7. April 1742 wurde Merzdorf sammt dem dazu gehörigen Vorwerke Pochra für schriftsässig erklärt, doch behielt das Amt Oschatz die Eintreibung der erblichen Gefälle und die Besorgung anderer Obliegenheiten ohne Requisition des Erbherrn.

Das Rittergut Merzdorf, in Urkunden des funfzehnten und sechszehnten Jahrhunderts bisweilen ein Vorwerk genannt, besteht aus vierzehn Scheffeln Gärten, dreihundert dreiundachtzig Scheffeln Feld, achtundzwanzig Scheffeln Wiesen, neununddreissig Scheffeln Waldung, vierundzwanzig Scheffeln Trift und zwölf Scheffeln Teichen. Zu ihm gehört ferner eine Schäferei und Thongrube. Nahe beim Wirthschaftshofe erhebt sich in einem mit englischen Anlagen verzierten Garten das schöne Herrenhaus.

Merzdorf war einst Besitzthum des alten reichen Geschlechts der Pflugke dessen altersgraues Stammschloss Strehla auf einem Felsen des nahen Elbstromes thront. Georg Pflugk auf Zabeltitz besass Merzdorf im Anfange des

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/041&oldid=- (Version vom 29.10.2017)