Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
|
weshalb eine bestimmte Reihe von Jahren der Pfarrer kein Deputatholz empfangen darf. Unter den hiesigen Pfarrherren befand sich auch von 1664 bis 1668 Magister Georg Bennewitz, ein Nachkomme des durch Kaiser Karl V. geadelten berühmten Mathematikers Petrus Apianus, und der Pastor Magister Simon taufte 1745 in hiesiger Kirche einen Polnischen Juden, Namens Joseph Bar Jacob, der als Christ den Namen „Baumann“ führte.
Der Kirchhof erhielt vor etwa funfzehn Jahren eine ziemliche Erweiterung, indem die Besitzer der beiden Rittergüter einen naheliegenden Garten ankauften und der Kirche schenkten, worauf die Gemeinde durch das Hinausrücken der Mauer den überlassenen Platz mit dem Gottesacker vereinigte. Seit langen Jahren beerdigte man die Leichen auf dem Kirchhofe und nur wenige auf einem in der Mitte des Dorfes, von der Kirche etwas entfernt gelegenen Begräbnissplatze. Auf diesem Gottesacker wurde im Jahre 1837 für die von Schönberg’sche Familie zu Oberreinsberg ein Erbbegräbniss angelegt, und der Erbauer desselben, Friedrich August Wolf von Schönberg, dessen schon oben gedacht wurde, war der Erste, welcher noch vor vollständiger Vollendung des Begräbnisses daselbst seine letzte Ruhestätte fand.
Zu dem Gemeindeverbande, sowie auch zur Pfarre und Schule Reinsbergs, gehört das Dörfchen Wolfsgrün, aus elf Feuerstätten bestehend, welches vor etwa siebzig Jahren vom Besitzer des Rittergutes Oberreinsberg auf dem Felde eines angekauften Halbhufengutes erbaut wurde. Den Namen Wolfsgrün erhielt das Oertchen nach dem Vornamen seines Gründers, des Oberforstmeisters Friedrich August Wolf von Schönberg, der damals noch ein Kind war. Die Umgebungen Wolfsgrüns sind sehr hübsch, namentlich nach dem benachbarten, jenseits der Bober liegenden Bieberstein hin. Von einer waldigen Höhe, der „Gabrielsbusch“ genannt, geniesst man eine weite Aussicht bis in die Gegend von Oschatz und Grimma; nach dem Gebirge zu erblickt man Frauenstein und einen Theil des Böhmerwaldes. Eine nicht weniger reizende Fernsicht hat man auf einem zum Rittergute Niederreinsberg gehörigen Waldgrundstücke, an einer Stelle, wo die Bober sich mit dem Muldenstrome vereinigt und die von der Bober durchschnittene Strasse von Freiberg nach Meissen über eine Brücke führt. Auf diesem Felsen ist ein Pavillon erbaut, der „Strohtempel“ genannt, von dem man einen Theil des Muldenthales mit der Biebersteiner Mühle, die Silberwäsche, einen Theil des Boberthales und das in demselben liegende Schloss Bieberstein mit dem Brückenzollhause überschaut. Auch die Anhöhen „Steinhügel und Stangenberg“ zeigen höchst liebliche Landschaften.
Auf dem Gebiete des Rittergutes Niederreinsberg treibt man seit etwa vierzig Jahren gewerkschaftlichen Bergbau auf Silbererz. Die Grube, welche „Immanuel Erbstolln“ heisst, besitzt an der Mulde eine Wäsche und Schmiede, und das Werk beschäftigt ziemlich einige hundert Arbeiter. Die Ausbeute war so ergiebig, dass nach den ersten Jahren des Baues die von den Gewerken gezahlten Zuschüsse bereits wieder zurückgezahlt werden konnten, und eine schwierige, kostspielige Wasserleitung, die man in der Länge einer halben Stunde unterirdisch durch Gestein hintrieb, um Wasser der Bober nach einem wichtigen Kunstgezeuge zu führen, hat den Ertrag der Grube ungemein erhöht. Eine zweite im Orte befindliche Grube „Schönberg-Erbstolln“ beschäftigt weniger Arbeiter und bot in den letzten Jahren mancherlei Schwierigkeiten dar, obgleich sie nicht eben geringhaltiges Erz liefert.
Die Pfarre ist ein zwar altes, im siebzehnten Jahrhundert erbautes, doch durchaus nicht enges und unbequemes Wohnhaus. Im dreissigjährigen Kriege wurde es von fremden Kriegsvölkern hart heimgesucht und beraubt. Das Schulhaus stösst an die Pfarre, ist jedoch höher und besser gelegen als diese. Die Zahl der Schulkinder beträgt durchschnittlich einhundertfünfzig Köpfe. Ausser der Kirche, Pfarre und Schule enthält Reinsberg ein Erbgericht, sechs Unterhufengüter, neun Hufengüter, fünf Halbhufengüter, eine Mühle, zwei Schmieden und sechsundsiebzig Häuser.
Eine Stunde südwestlich von der Stadt Pirna liegt in einem reizenden Nebengrunde des Müglitzthales das Rittergut Köttewitz mit dem gleichnamigen Dorfe. Letzteres besteht aus sechszehn etwas zerstreuten Häusern mit ungefähr einhundertachtzig Bewohnern, die zum Theil den in hiesiger Gegend sehr lohnenden Obstbau treiben, sich mit Landwirthschaft beschäftigen oder Strohflechtereien liefern. Die Fluren von Köttewitz rainen mit denen von Meusegast, Krebs und Grosssedtlitz.
Köttewitz gehört zu den ältesten Ansiedelungen der slavischen Völkerschaften, welche sich aus Slavonien, Pannonien[WS 1] und Dalmatien durch Böhmen hereindrängten und an den fruchtbaren Ufern der Elbe eine neue Heimath gründeten. Nach wohlverbürgten Nachrichten verschiedener Geschichtschreiber sandte Kaiser Karl der Grosse einen seiner bewährtesten und tapfersten Ritter, Aloysius von Urbach, mit einer Anzahl tüchtiger Kriegsleute nach dem Elbthale, um das weitere Vordringen der Fremdlinge in das deutsche Reich zu verhindern.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Pannnonien
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/056&oldid=- (Version vom 6.5.2018)