Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
|
erste evangelische Prediger welcher an hiesiger Kirche fungirte war Peter Mohorn, der jedoch im Jahre 1544 freiwillig sein Amt niederlegte und sich nachher in Priessnitz anstellen liess, weil der damalige Besitzer von Weisstropp, Bernhard von Rothschütz, der Religion wegen in unaufhörlichen Streitigkeiten mit seinen Unterthanen lebte. Hierdurch kam die Kirchfahrt in solchen üblen Ruf, dass acht Jahre hindurch kein Geistlicher geneigt war das hiesige Pfarramt zu verwalten, während welcher Zeit der Pfarrherr zu Constappel die kirchlichen Verrichtungen in Weisstropp besorgte. Eingepfarrt nach Weisstropp sind die Ortschaften Sachsdorf mit hundertfunfzig, Kleinschönberg mit hundertsiebzig, Hühndorf mit hundert, Wildberg mit zweihundert und Niederwarthe ebenfalls mit zweihundert Einwohnern. Letzteres ist die schon erwähnte zu der Zwingburg Woz gehörige Nebenburg oder Warte, und noch sind Trümmer derselben vorhanden in welchen man oft Münzen und Bruchstücken von Waffen ausgrub. Diese Burg war in späterer Zeit der Sitz eines adligen Geschlechts von der Wartha, von denen 1108 Hugo von der Wartha, 1172 Hans von der Wartha, kaiserlicher Voigt des Pleissner Landes und 1222 Heinrich von der Wartha als Domherr von Naumburg vorkommen. Im Jahre 1114, wo der Ort in einer Urkunde Wartaw geschrieben ist, besass das Marienkloster zu Wurzen daselbst zwei Hufen Landes, und 1468 als die Hussiten hier arg gewüthet und Wartha fast gänzlich zerstört hatten, gehörte dieses einem Dietrich Kundig zu Dresden. Ein grosser Stein bei Niederwartha diente einst König August I. bei einem Jagdmahle als Tisch. –
Noch ist zu bemerken, dass dem Pfarrer zu Weisstropp die Pflicht obliegt in der Sachsdorfer Capelle am Montage nach Reminiscere Predigt, Communion und Fastenexamen zu halten, auch muss der Ortslehrer an jedem Sonntage oder Feste des Nachmittags eine Predigt vorlesen. Die Capelle wurde am 26. Mai 1614 von dem Pfarrer Daniel Staupitzer eingeweiht.
Seusslitz, auch Altseusslitz, in Urkunden auch Suseliz und Siuselitz genannt, liegt in einem weiten schönen Thale zwischen Lommatzsch und Grossenhain, von jeder dieser Städte, wie auch von Meissen, nur eine Stunde entfernt. Schon in früher Zeit mag Seusslitz ein sehr nahrhafter Ort gewesen sein, denn im sechszehnten Jahrhundert wird er in einem alten Gerichtsbuche „Stadt und Städtlein“ genannt, andere handschriftliche Urkunden erwähnen Richter und Schöppen des Städtleins, und nennen die geschworenen Männer desselben, ohne dass jedoch eine andere Spur vorhanden wäre aus welcher das vormalige Stadtrecht Seusslitzs nachgewiesen werden könnte. Höchst wahrscheinlich wurden, durch das hiesige Kloster veranlasst, zu Seusslitz wichtige Jahrmärkte abgehalten, wodurch im Orte gewisse städtische Einrichtungen stattfanden die zu jenen urkundlichen Angaben führten. Die Einwohnerschaft zu Seusslitz nährt sich hauptsächlich von Wein- und Obstbau, sowie durch Schifffahrt auf der nahe vorüberfliessenden Elbe; das Bier aber, welches auf hiesigem Rittergute gebraut wird, zeichnet sich durch seine vorzügliche Güte aus und wurde noch vor zwanzig Jahren weithin verfahren.
Seusslitz war im Anfang des dreizehnten Jahrhunderts Stammsitz eines adligen Geschlechts, der Herren von Seusslitz, die urkundlich zuerst 1205 erwähnt werden. Ein Ahne unseres Königshauses, Heinrich der Erlauchte, dem auch das gegenüberliegende Schloss Hirschstein bisweilen als Wohnsitz diente, hielt vom Jahre 1256 an sehr oft auch auf dem Schlosse zu Seusslitz Hof, und noch sind eine grosse Anzahl von Urkunden vorhanden die der Markgraf hier ausstellte. Markgraf Heinrich der Erlauchte war ein sehr frommer Herr und als ihm einst einfiel, dass in seinen Landen der Orden der heiligen Clara noch gar nicht bedacht sei, suchte er diese Vernachlässigung dadurch auszugleichen, dass er dem Orden nicht nur Schloss und Dorf Seusslitz schenkte, sondern ihm auch die Dörfer Reinersdorf, Stauda, Zehren, Altlommatzsch, Neuseusslitz und die Pflege Schrebitz überliess, sowie freie Schifffahrt auf der Elbe zugestand. Die Päpste Gregor X. und Martin V. bestätigten des Margrafen Verfügungen in den Jahren 1274 und 1283, und auch der Kaiser Rudolf billigte 1277 das fromme Werk, gleich dem Markgrafen Friedrich und dem Landgrafen Albrecht von Thüringen; Heinrich der Erlauchte aber erbaute sich ein Schloss in Dresden.
Die Gründung des Klosters geschah im Jahre 1268 und nach zehn Jahren war der Bau vollendet, wozu die Bürgerschaft zu Dresden zwölf Mark Silbers beitragen musste, für welche Unterstützung der Markgraf der Stadt den Marktzoll erliess. Sobald die Nonnen von dem neuen Kloster Besitz genommen erwarben sie von dessen Stifter das Patronatsrecht
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/080&oldid=- (Version vom 3.6.2018)