Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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Orte selbst, als in dessen nächster Umgegend in dem Munde des Volkes leben, soll Wendischbora früher ein Kloster gewesen sein; doch lässt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, dass das vermeintliche Kloster nichts war, als ein Kloster-Gut, welches dem Kloster zu Altzelle gehörte, und von diesem einem Canonicus, der seinen Wohnsitz in Wendischbora hatte, zur Verwaltung oder vielleicht auch als Pfründe, übergeben war; denn für die Existenz eines wirklichen Klosters am hiesigen Orte fehlen alle überzeugenden Beweise.
Dass Wendischbora sehr alt ist, lässt sich nicht bezweifeln, wohl aber, ob es eines mit einem Orte Bore ist, von dem man weiss, dass das Stift zu Meissen es im Jahre 1071 von einem vornehmen Wenden, Namens Bor, erwarb, der auch von Einigen für den Begründer des Ortes gehalten wird.
Mehr Wahrscheinlichkeit hat die Annahme, dass aus dem ursprünglich blos Bore genannten Orte die Wenden, die das Dorf bewohnten, vertrieben wurden, und darauf dieses Bore begründeten, welches sie zum Unterschiede von ihrem früheren Wohnorte Wendisch-Bore nannten, während jenes, noch jetzt zuweilen kurzweg Bora genannt, von der Abstammung seiner neuen Bewohner den Namen Deutschen-Bore annahm.
Die erwähnte Annahme, dass Wendischbora nicht selbst ein Kloster, sondern nur ein Klostergut gewesen sei, findet übrigens dadurch seine volle Bestätigung, dass Markgraf Heinrich der Erlauchte im Jahre 1276 dem Kloster zu Altzelle die Erlaubniss ertheilte, die aus älterer Zeit stammende Schmelzhütte bei dem Klosterhofe wieder herzustellen.
Dieser Umstand legt übrigens Zeugniss für das ausserordentlich hohe Alterthum des sächsischen Bergbaues ab, und liefert den unbezweifelbaren Beweis, dass schon zu den allerersten Zeiten desselben in dieser Gegend Gruben gewesen sein müssen. Jetzt freilich sind diese spurlos verschwunden, und man weiss nicht einmal mehr, welche Erze man hier gewann.
Uebrigens muss schon sehr früh ein Ritter entweder Antheil an Wendischbora besessen, oder aber neben dem Klostergute hier noch ein eigenes Rittergut bestanden haben; denn schon 1301 kommt ein Ritter Dietrich von Bore vor. Ein Rutschel von Korbitz wird 1355 als Besitzer von Wendischbora genannt, und 1378 ein Hans von Maltitz, von dem gesagt wird, dass er das Gut Colmnitz an das Nonnenkloster zu Freiberg verpfändete.
Bei dem Geschlechte derer von Maltiz scheint Wendischbora dann längere Zeit geblieben zu sein, denn noch im Jahre 1612 finden wir einen Georg von Maltitz als Besitzer hier wohnhaft.
Darauf starb als Besitzer von Wendischbora und am Orte selbst, im Jahre 1677, Heinrich Preuss auf Ilkendorf. Von ihm ging das Rittergut auf dessen Sohn, Caspar Heinrich, über, der 1733 starb. Der Sohn dieses Letztern, Heinrich August, Untercommandant der Festung Königstein, welcher 1760 starb, war ebenfalls Besitzer von Wendischbora, obgleich er sich zuerst auf Simselwitz schrieb.
Dieses Simselwitz gehörte zwar zu Wendischbora, obgleich es (in westlicher Richtung) drei Stunden von demselben entfernt liegt, hatte aber, wohl eben wegen dieser grossen Entfernung, seine eigenen Gerichte, die in der neuesten Zeit mit denen von Wendischbora selbst an den Staat übergegangen, und jetzt bei dem Gerichtsamt Nossen sind.
Im Jahre 1824 war der königlich Preussische Major Röder von Bomsdorf Besitzer von Wendischbora, welches wir im Jahre 1844 im Besitze der verwittweten Generalleutenant Henriette von Feilitsch, geborne von Schönberg, finden, das gegenwärtig aber dem Herrn von Wöhrmann gehört.
Ausser Simselwitz gehört zu dem Rittergute Wendischbora noch das eine Viertelstunde in südlicher Richtung davon entlegene Preussische Vorwerk, welches nach seinem Begründer, dem oben erwähnten Besitzer von Wendischbora genannt worden sein soll, während nach Schumanns Lexicon der Name schon viel älter, und sogar das Stammgut des Geschlechtes von Preuss bezeichnen soll, von welchem bereits 1381 ein Konrad von Pruze Canonicus in Budissin war. Endlich gehört dazu auch das Dorf Malitsch nebst dabei gelegenem Kalkofen, und ein Antheil (12 Häuser mit etwa 70 Einwohnern) von Ober-Eula, welches nach Deutschbora eingepfarrt ist.
In älteren Zeiten war noch ein dritter Theil von Wendischbora landesherrlich, und gehörte zu der Südpanje Weythessen (Weitzschen), aber
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/152&oldid=- (Version vom 3.6.2018)