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Unter diesen verdient die Töpferei eine besondere Erwähnung. Nicht nur ist das hiesige Kochgeschirr in weiteren Kreisen vortheilhaft bekannt, sondern es hat auch Einer dieses Gewerkes, der zugleich Bildschnitzer war, ein gewisser Melchior Tatze, ein Meisterstück verfertigt, das zwar schon von dem Jahre 1565 herrührt, aber noch jetzt zur Zierde der Kirche gereicht. Es ist dies eine aus Thon gefertigte Kanzel. Sie besteht aus 8 Tafeln, die über eine Elle hoch und eben so breit sind, geziert mit Basreliefs, welche Scenen aus dem alten und dem neuen Testamente darstellen. Die lebensgrosse Figur des Moses, ebenfalls aus Thon geformt, dient dieser Kanzel als Fuss und Stütze.

Die herrschaftlich von Pflugk’schen Gerichte von Strehla, die nach der neueren Gerichtsverfassung an den Staat übergegangen sind, erstreckten sich bisher über die Orte Strehla, Trebnitz, Görzig und Lichtensee, sowie über Antheile von Bobersee, Forberg, Oppitzsch, Pulsen und Zausswitz, und wurden durch einen Schösser verwaltet.

Der Stadtrath besteht aus einem rechtskundigen Bürgermeister und drei Rathsmännern.

Ueber Kirche und Schulen, welche unter der Inspektion Oschatz stehen, übt der Besitzer des Rittergutes die Collatur aus.

Wann die Kirche begründet worden ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, da alle zuverlässigen Nachrichten darüber fehlen; indess darf man mit grosser Zuversicht annehmen, dass ein Ort von solcher Bedeutung, wie Strehla schon im 11ten und sogar bereits im 10ten Jahrhundert war, sehr bald seine eigene Kirche erhalten habe, und man vermuthet daher, dass das hiesige Gotteshaus schon bald nach dem Meissner Dome erbaut worden sei. Dass es aber die äussere Gestalt seit der ersten Erbauung mehrmals geändert habe, ist ausser Zweifel, indess darf die Kirche noch immer ein hohes Alter beanspruchen, dafür sprechen verschiedene hier und dort angebrachte Jahreszahlen aus dem 15ten, 16ten und 17ten Jahrhundert, welche auf vorgenommene Reparaturen oder Erweiterungen schliessen lassen.

Nicht nur in ihrer Kanzel besitzt die Kirche ein merkwürdiges Stück des Alterthumes, sondern eben so auch in dem Altare. An diesem ist nämlich, von der Hand des Bildschnitzers Franz Dietrich in Freiberg in Jahre 1605 verfertigt, die Geschichte des Heilands in mehreren, in Holz geschnitzten, Bildern dargestellt. Als besonders erwähnenswerth führen wir eine eigenthümliche licentia poetica an, die sich der Künstler bei seiner Darstellung erlaubt hat. Auf dem Bilde, welches die Einsetzung des Abendmahles zeigt, sind nämlich sehr deutlich die Porträts von Luther und Melanchton zu erkennen.

Ausser der Stadt sind in die Kirche noch acht Dorfschaften eingepfarrt. Den Gottesdienst versieht ein Pfarrer und ein Diakonus. Die Schule ist in eine Knaben- und eine Mädchen-Schule getheilt; den Unterricht an der erstern ertheilt ein Rector, der zugleich Organist ist, und ein Cantor; an der Mädchenschule sind zwei Lehrer angestellt, von denen der erste zugleich den Kirchnerposten versieht.

Im Jahre 1829 wurde in der Nähe der Stadt, an der Elbe, eine chemische Fabrik errichtet. Unfern derselben befindet sich das Unter-Steueramt nebst einigen Privathäusern. Oberhalb davon führt eine Fähre über die Elbe.




Druck von Sturm und Koppe (A. Dennhardt) in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/156&oldid=- (Version vom 3.6.2018)