Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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In den frühern Urkunden auch Zschuschendorf und Tzschuschendorf genannt, liegt ¾ Stunde südwestlich von Pirna an der Gebirgsstrasse nach Liebstadt und Altenberg, in dem Seidewitzthale und am südlichen Hange eines Berges, welcher in den Urkunden der Peterfactenberg genannt wird, wahrscheinlich daher, weil sich hier viele Versteinerungen in Mergelschiefer vorfinden.
Die Umgebungen von Zuschendorf sind angenehm freundlich und anmuthig. Von den Höhen hat man die schönsten Aussichten auf Pirna und die Felsen der sächsischen Schweiz. Die Thäler der Baare und Seidewitz gewähren liebliche Spatziergänge. Unter anderen gelangt man auch zur sogenannten wüsten Kirche, einer Felsenparthie in dem Seidewitzthale zwischen Zuschendorf und Nenntmannsdorf. Der Sage nach soll in grauer Vorzeit ein Einsiedler hier gelebt haben, welcher die durch das Seidewitzthal über Liebstadt nach Böhmen ziehenden Wallfahrenden beherbergte.
Zuschendorf ist sehr alten Ursprungs und ein Schloss mag schon im 11ten Jahrhundert hier erbaut gewesen sein. Doch fehlen die Nachrichten darüber, so wie die sicheren Angaben, ob es zur Dohnaschen Herrschaft gehörte, oder ein selbstständiger Rittersitz von Anbeginn gewesen ist. Der Erbauer war nicht zu ermitteln, so wie auch die ursprünglich hier existirenden Geschlechter nicht mit Bestimmtheit angegeben werden können. Die Familie von Carlowitz scheint in den früheren Jahrhunderten hier ihren Stammsitz gehabt zu haben. Im 14ten und zu Anfang des 15ten Jahrhunderts lebte hier ein von Carlowitz, welcher der Sage nach von 2 Frauen 29 Kinder hatte. Der König von Böhmen soll ihm deshalb versprochen haben, ihm, wenn er das 30ste Kind bekommen sollte, ein Gut zu schenken. Herrn von Carlowitz wurde auch wirklich das 30ste Kind geboren, aber es war ein todtgebornes. Nichtsdestoweniger hielt der König von Böhmen sein Versprechen.
Zu Anfang des 16ten Jahrhunderts besass Zuschendorf Hans von Carlowitz. Zu dieser Zeit gehörten auch 2 Majoratsgüter in Dresden als Zubehör zu Zuschendorf. Hans von Carlowitz ist auch der Erbauer des Anbaues oder Einbaues am Schlosse, während die Entstehung des älteren Theils weit über diese Zeit hinaus fällt. Der alte nach Morgen gelegene Flügel ist nämlich früher, wie man jetzt noch deutlich erkennen kann, ganz abgeschlossen gewesen und hat mit einem, mit 3 Reihen Schiessscharten versehenen niedrigen Thurme durch eine mit zur Brustwehr dienenden Mauer in Verbindung gestanden. Auf diese Mauer, zwischem dem alten Flügel und diesem Thurm, ist nun mit Benutzung desselben, der neue Flügel, wenn man nach der daselbst befindlichen Jahreszahl schliessen darf, im Jahre 1553 so eingebaut worden, dass der Thurm mit diesem unter ein Dach gekommen und nur aus der Construction der Mauern noch zu erkennen ist. In späterer Zeit, wo die 6½ Fuss starke Mauer zur Anlage eines Gartensalons durchbrochen wurde, verschwanden auch die bis dahin nur von aussen überklebten Schiessscharten aus dieser Mauer.
Nach Hans von Carlowitz Tode folgten ihm im Besitz von Zuschendorf seine Söhne: Joachim, Wolf und Gotthardt von Carlowitz, deren erstere Zuschendorf, letzterer das auf dem Lindig gelegene Schloss bewohnten, wo der ältere Sitz gewesen zu sein scheint. Denn an der Stelle, wo des Heusler Müller Haus sich befindet, hat in früheren Zeiten ein festes Schloss gestanden, dessen Schlossgräben noch jetzt deutlich sichtbar sind. Dann besassen Zuschendorf Joachim von Carlowitz Söhne: Rudolph und August von Carlowitz. In deren Besitzzeit fällt der 30jährige Krieg, wo Zuschendorf fürchterlich verwüstet, zum Theil sogar eingerissen wurde. Namentlich wurde das feste Schloss mit Vorwerk auf dem Lindig mit zerstört. Die Gebrüder von Carlowitz gaben sich alle Mühe, diese Calamität zu überwinden. Sie verkauften viele Felder auf dem Lindig an Bauern in Krebs und Sedlitz, so wie an Bürger in Pirna mit Vorbehalt einzelner Rechte. Dessenungeachtet konnten sie Zuschendorf nicht behaupten und es brach 1660 Concurs aus, wo Zuschendorf von August von Carlowitz sub hasta erstanden wurde. Dieser war ein guter Wirth. Er löste von den auf dem Lindig bereits verkauften, in der Nähe des zerstörten Schlosses gelegenen Feldern wieder ein, welche von den damaligen Besitzern ihre Namen behalten haben, wie z. B. das Conrectorfeld, das Gartenfeld. Aus jener Zeit rührt vermuthlich auch die am Schlosse eingemauerte Denktafel her mit der Ueberschrift:
Nach diesem Gut hat Mancher getracht;
Gott es am rechten Erben gebracht Anno 1665.
Im Jahre 1670 vererbte August von Carlowitz Zuschendorf an seine Söhne: Adolph, Anshelm und Wolf Heinrich.
Durch einen Vergleich der beiden Brüder ging später das Gut an den Oberstwachtmeister Adolph Anshelm allein über. – Ein churfürstliches Rescript d. d. Wien den 16. Juli 1695 erklärte Zuschendorf als ein freies Erbgut und am 17. Juli desselben Jahres kaufte es der Generallieutenant und Ober-Commandant von Dresden Bruno Christoph von Birkholz, welcher Zehista und Liebstadt besass. Beim Kaufe war die merkwürdige Bestimmung gestellt worden, dass der auf dem Lindig vergrabene Schatz vom Kaufe ausgeschlossen sein sollte. Diese Bedingung wurde durch eine spätere Erhöhung des Kaufgeldes wieder aufgehoben, aber Niemand weiss, ob je dieser vermeintliche Schatz gehoben worden ist.
Im Besitz folgte von Birkholzens Sohn, der sächs. Kammerherr Johann Georg von Birkholz, welcher es 1706 an Magdalena Sibylla Gräfin von Teuben, verw. Freyfrau von Miltitz verkaufte, die zugleich Besitzerin des Gutes Krebs war.
Frau von Miltitz verkaufte Zuschendorf, so wie auch Krebs, an ihren Schwiegersohn, den Erbschenken des Erzherzogthums Steuermark und Kammerherrn
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/173&oldid=- (Version vom 17.1.2018)