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Im Jahre 1817 übernahm Oberforstmeister von Erdmannsdorf das Gut und wollte, da seine Mutter im neutheilschen Hause wohnen blieb, das alttheilsche wieder bewohnbar machen lassen. Wiederholt wurde er damals einerseits vor dem Spuke gewarnt, andererseits aber von einem alten Gärtner dringend ersucht „einen Schatz zu heben“, der in einer der kleinen Treppchen verborgen liege und wegen dessen wahrscheinlich nur die Sage mit dem Spuke verbreitet worden. Nach langem ungläubigen Lächeln entschloss sich Herr von Erdmannsdorf endlich dem Drängen des alten treuen Dieners, dessen Vater und Grossvater schon der Familie gedient hatten, nachzugeben und untersuchte durch Klopfen mit einem Hammer die gesammten Seitenwände sämmtlicher verborgenen Treppen. Auf einer derselben deutete der hohle Klang beim Pochen auf eine hohl gemauerte Stelle. Es wurde an dieser Stelle eingebrochen und auch sehr bald ein kleines Gewölbe entdeckt von ca. 1 Elle breit und hoch. Auf dem Boden dieses kleinen Gewölbes fand man – ein Kindergerippe, welches mit Eisen an ein Bret geschmiedet war.

Obschon nun seitdem das alttheilsche Schloss wieder bewohnt wird, niemals eine schwarz verschleierte Frau gesehen, noch anderes Kindergeschrei gehört worden, als das der zahlreichen Kinder der Besitzer, so lässt sich dennoch die Bevölkerung der Umgegend nicht abstreiten, dass dieser Spuk existirt habe, behauptet vielmehr, er habe erst aufgehört, seitdem die Gebeine dieses Kindes aus dem steinernen Grabe erlöst und in die Erde vergraben, dadurch aber auch dessen vormals nachtwandelnde Mutter beschwichtigt worden sei.

Eine andere, sehr verbreitete und sehr alte Sage lässt das Stück von zwei feindlichen Brüdern auch in Schönfeld spielen. Dieselben sollen stets in grossem Unfrieden, zeitweise auch in offener Fehde mit einander gelebt und um gar nichts mehr von einander hören und sehen zu müssen eine haushohe Mauer zwischen beiden Schlössern aufgeführt, auch zwei besondere Zugbrücken über den Wallgraben angelegt haben. Bis hierher ist die Sage richtig und wahr, denn erst im Jahre 1854 u. 1856 sind hochbejahrte Leute gestorben, welche sowohl die Mauer als die Pfeiler der Zugbrücken gesehen und beim Abtragen derselben mit geholfen haben. Die Sage behauptet aber nun noch weiter, dass ein Mönch, der Beichtvater des älteren Bruders, der Ohrenbläser und Unfriedenstifter gewesen sei. Der jüngere Bruder oder dessen Leute hätten denselben erschlagen und darauf sei dessen Leichnam von den Leuten des älteren Bruders des Nachts dicht bei der grossen Scheidemauer unmittelbar unter den Fenstern des Todschlägers vergraben worden; da nun der gemordete Mönch des Nachts umgegangen sei, so habe der jüngere Bruder zunächst diese Fenster zumauern lassen und später das neutheilsche Schloss ganz verlassen müssen, und sich das Herrenhaus auf seinem Beigute Lötzschen erbaut und bewohnt, um nicht länger in der Nähe des Spukes leben zu müssen. Ein eigenes Zusammentreffen ist es, dass im Jahre 1842, also nachdem die Sage bereits Jahrhunderte lang in aller Munde gewesen, an der bezeichneten Stelle beim Graben einer Schleusse ein Menschengerippe gefunden wurde, dessen Schädel durch zwei Hiebe gespalten war. Wahrscheinlich ist während der Kriege einmal ein Mensch dort getödet und begraben worden, und die Fama hat diesen Umstand zur Erfindung einer Sage benutzt. Die Fenster am nördlichen Giebel des neutheilschen Herrenhauses sind allerdings noch heutigen Tages zugemauert. –

Eine andere ganz allgemein verbreitete Sage lässt aus dem ehemaligen Burgverliesse des grossen Thurms einen unterirdischen Gang gehen bis in das 1 Stunde entfernt liegende Schloss Linz, was früher Kloster gewesen; eine andere Sage lässt diesen Gang bis in das eben so weit gelegene Liega führen, wo früher ebenfalls ein von den Sala’s bewohntes Schloss gestanden haben soll. – Doch liegt auch nicht das Geringste vor, was die Existenz eines solchen Ganges weder in der einen noch in der andern Richtung bestätigen könnte. Nach Liega zu ist dies fast sogar unmöglich, weil dorthin ein solcher Gang unter zwei Teichen hinweg oder auf sehr grossen Umwegen gehen müsste. –

In neuester Zeit hat sich die nächste Umgebung des Schlosses sehr wesentlich verändert. Die sehr zahlreichen Wirthschaftsgebäude lagen in vier Höfen zerstreut, von denen zwei zum alten und zwei zum neuen Theil gehörten. Dieselben waren ganz unregelmässig, nach dem jeweiligen Bedürfnisse gebaut und sehr baufällig geworden. Die schlechtesten und wenigst zweckmässig gelegenen sind daher niedergerissen und dafür ein einziger grosser Hof mit schönen massiven, meist gewölbten Gebäuden im Style des Schlosses erbaut worden. Der Bauaufwand soll gegen 40 bis 50000 Thaler betragen haben.

An Areal gehört zu Schönfeld 270 Acker Wiesen und Gärten
585 Felder, die in den letzten Jahren sämmtlich drainirt worden sind,
303 Teiche,
1331 Waldungen,
37 Huthungen etc.
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2526 Acker in Summa.

Die Waldungen enthalten noch die schönsten alten Fichten- und Kiefernbestände, wie sie heut zu Tage in Privatforsten selten mehr gefunden werden.

Zu den Forsten von Schönfeld gehört auch die sogenannte Kiehnhaide, welche in diesen Blättern irrthümlich dem Rittergute Zschorna zugeschrieben worden; ein Irrthum, der wahrscheinlich dadurch entstanden, dass dieselbe an die Zschornaer Forsten grenzt, und früher geraume Zeit hindurch Schönfeld und Zschorna in einer Hand gewesen und erst wieder unter verschiedene Besitzer kamen, als im Jahre 1842 die drei Brüder von Erdmannsdorf die drei an einander grenzenden Güter Zschorna, Schönfeld mit Pertinenzien und Linz von ihrem Vater übernahmen.




Druck von Sturm und Koppe (A. Dennhardt) in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/180&oldid=- (Version vom 17.1.2018)