Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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Uhrthürmchen trägt, eine gefällige, durch Vogels Meisterhand gezierte Capelle, ein Theater, die Localien für Küche und Keller, Geistlichkeit und Dienerschaft enthält. Der Saal ist übrigens schön decorirt und das daran stossende Zimmer, worin der Hof nach aufgehobener Tafel Caffee trinkt, grandios. In der Capelle hat der Maler Vogel die königliche Familie portraitirt. Besonders sprechend sind die verstorbenen Könige Friedrich August und Anton und der Prinz Max, weniger getroffen der letztverstorbene König Friedrich August. Der geschlossene oder nordöstliche Theil des Gartens enthält unter anderen einen durch Kunstwerke, botanische Sammlungen u. s. w. interessanten Pavillon, reiche Gewächshäuser, 1 botanisches Gärtchen. Im Südosten befindet sich die Wache, die schön erneuerte Restauration für Hofleute und Fremde und jenseits des Gutes die 3 grossen Stall- und Wagengebäude.
Dicht hinter dem Dorfe Pillnitz öffnet sich der Pillnitzer Grund, in welchen der sogenannte Friedrichsweg nach dem berühmten Borsberge, der 458 Ellen über der Elbe sich erhebt, leitet. Am Eingange zum Grunde ist eine Eisgrube und ein seit 1796 verschönerter Weinberg angelegt, der so bedeutend ist, dass 16 Winzer hier arbeiten. Von der Eisgrube weg führt ein geschlängelter Pfad auf den Schlossberg (das Pillnitzer Vorgebirge) wo das sogenannte Raubschloss, welches im Jahre 1788 der Hofconducteur Schade künstlich anlegte, sich befindet. Diese Ruinen sind mit geschmackvollen Zimmern versehen, in welchem der Hof während des Sommers einige Male zu speisen pflegt. Die Aussicht von hier auf die Elbe und deren Thal gehört zu den schönsten, zu den entzückendsten. Von diesen Ruinen gelangt man zu einer zwischen Laub- und Nadelholz versteckten Brücke und dann an einen Wasserfall, der im Jahre 1778 angelegt wurde, und 500 Fuss hoch ist. Derselbe erhält sein Wasser aus einem Teiche, der Maxmühle und aus mehrern Quellen, die man in drei grossen Behältern sammelt. Der Wassersturz geschieht nur durch Aufziehen der Schütze in den Bassins. Thau und Regenwetter müssen die Kunst oft unterstützen.
Eine in künstliche Felsen versteckte Grotte, mit Zimmern und breternen Zellen umgeben, Eremitage genannt, ziert die höchste Spitze des Borsberges, zu welcher man auf romantischem Wege in einer Stunde gelangt. Ueber der Grotte ruht auf dem Felsen ein Altan, von wo aus man das Elbthal, von Meissen bis Königstein hinauf, begränzt von den Gebirgen des Meissner Hochlandes, Böhmens und des Erzgebirges übersehen kann. Den Rückweg nach Pillnitz macht man durch das hochgelegene Dorf Borsberg.
Pillnitz selbst auch ist historisch denkwürdig durch die am 25.–27. August 1791 hier gehaltene Convention des Kaisers Leopold, des damaligen Erzherzogs Franz, der Könige Friedrich Wilhelm II. und III., des Grafen von Artois, Sachsens Regenten, des Prinzen von Nassau-Siegen gegen die französische Revolution, eine Convention, die in der neueren Geschichte Europas so wichtige Folgen hatte. Bei dieser Gelegenheit fanden prächtige Feste, grosse Erleuchtungen und herrliche Feuerwerke Statt, die auf der hier befindlichen Insel der Elbe abgebrannt wurden. Man prägte auf diese Zusammenkunft eine eigne silberne Medaille, die jetzt zu den numismatischen Seltenheiten gehört.
Die Schlosskirche zu Pillnitz, früher in dem alten, 1818 abgebrannten Pillnitzer Schlosse befindlich, ist von dem frühern Besitzer des Gutes, Christoph von Loss, erbaut, nachdem er Pillnitz 1596 von Hosterwitz ausgepfarrt hatte. Bis zum Jahre 1638 hatte Pillnitz nun auch seinen eignen Schlossprediger. Von diesem Jahre an ist die Schlosspredigerstelle mit dem Pfarramte zu Hosterwitz verbunden. Der Gottesdienst wird abwechselnd in beiden Kirchen gehalten; auch wird jährlich zehn Mal des Nachmittags in Pillnitz gepredigt. Bei Abtragung der alten Schlosskirche 1724 fand man viele Denkmäler, ziemlich gut erhaltene Särge, Pretiosen und Bücher, welche letztere aber alle, ausser einem einzigen, verfault waren, das schwarz gebunden und mit kostbaren Perlen umwunden war. Alles, sowie auch die Särge mit ihrem Inhalte, wurden in ein Behältniss bei der neuen Kirche geschafft.
Der erste Schlossprediger zu Pillnitz war M. Jacob Daniel Stark von Mühlhausen im Jahre 1597 angestellt; unter M. Gottfried Rüdiger ward die Schlosskirche mit der Hosterwitzer vereinigt. Die neue Kirche ist hinter dem Dorfe am Fusse der königlichen Weinberge auf August I. Kosten 1725 neu erbaut.
Das Collaturrecht mit dem zu Hosterwitz stand nach der Kirchenvisitation dem Rittergute Pillnitz zu und wird jetzt vom Cultusministerium ausgeübt.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/183&oldid=- (Version vom 29.10.2017)