Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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dem Fusswege über’s Mückenthürmchen, Graupen u. s. w. gelangen kann, liegt 4 Stunden von hier.
Das Stadtrecht erlangte Bärenstein im Jahre 1495 durch Vermittlung des Pater von Bernstein, welcher beim Herzog Georg in hohem Ansehen stand. Die Stadt befindet sich im Besitze von einem ansehnlichen Holze, der Gemeindewald genannt; ingleichen von Communfeldern, welche früher aller 3 Jahre verlost wurden, jetzt aber den Hausbesitzern eigenthümlich zugehören. Auch brachte in den frühern Jahren der Bergbau auf Zinn, noch früher auch auf Kupfer und Silber, dem Orte grossen Nutzen, welcher Bergbau gegen früher nicht mehr so schwunghaft betrieben wird.
Der Ort besass hierzu, wie schon seit mehreren Jahrhunderten bis auf die neueste Zeit, sein eignes Bergamt unter Anleitung und Oberherrschaft des Rittergutsherrn, da den früheren Herrn von Bernstein ausdrücklich das Recht verliehen worden war, ein eignes Bergamt aus einem Bergmeister, einem Geschwornen, einem Zostschreiber, einem Ausbeute- und Zubüssboten zu bestellen.
Ebenso steht auch der Gerichtsherrschaft das Collaturrecht über Kirche und Schule zu, welches so alt als das Schloss selbst ist. Denn der erste Erbauer desselben gedachte auch sofort daran, einen Tempel des Herrn anzulegen, um darinnen sowohl seine Privatandachten zu halten, als auch seinen Unterthanen Gelegenheit zu verschaffen, geistige Kost zu erlangen.
Alle Besitzer von Bärenstein haben sich als Freunde der Kirche und Schule bewiesen, wie dies auch jetzt noch der Fall ist. Unter den Besitzern von Bernstein, welche sich um Kirche und Schule durch Vermächtnisse und milde Stiftungen verdient gemacht haben, glänzen vorzüglich die Namen der Herren von Bernstein, von Schönberg, von Holzendorf und von Lüttichau. Das Kirchspiel wird unter solchen Händen auch des ferneren Schutzes nicht ermangeln.
Vor der Reformation gehörte Bärenstein in geistlichen Sachen unter den Briessnitzer Archidiacon des Hochstifts Meissen, in dessen Dippoldiswalder Sprengel es einbezirkt war. Nach der Reformation, welche hier 1540 erfolgte, kam es zur Superintendentur Pirna, wobei es bis ins Jahr 1838 verblieben und in diesem Jahre zur Ephoriestadt erhoben worden ist. Die Parochien, welche zu dieser Ephorie gehören, sind Altenberg, Bärenstein, Börnersdorf, Breitenau mit Filial Oelsen, Dittersdorf, Düben, Fürstenwalde mit Fürstenau, Geising, Lauterstein, Liebenau.
Die Parochie Bärenstein besteht aus dem Städtchen und Dorf Bärenstein und aus Hammer-Bärenklau.
Früher ist Geising nach Bärenklau eingepfarrt gewesen, daher noch eine Abgabe von da an den Pfarrer und Schullehrer in Bärenstein alljährlich entrichtet wird. Die ganze Parochie hat nur eine Schule in der Stadt.
Die Pfarre besitzt nicht unbedeutende Feldwirthschaft, auch Wald, welcher aber jetzt in Kapital verwandelt ist, so dass die Kapitalzinsen für das Holz an den Pfarrer entrichtet werden. Auch die Schule ist mit etwas Feld- und Grasland versehen, ihr Einkommen ist jedoch erst seit kurzer Zeit geordnet.
Durch die Stiftung des Ritters Hans Heinrich von Schönberg auf Bärenstein und Maxen empfangen Pfarrer und Schullehrer einige Zinsengelder. Das Bildniss des gedachten Herrn von Schönberg ist unter dem hohen Altargewölbe der Kirche in Lebensgrösse aufgestellt und stellt einen in Sandstein ausgehauenen geharnischten Ritter dar. Ebenso findet man die Bildnisse des Ehrenvest Caspar von Bernstein, des Woltzig von Bernstein und des Christoph von Bernstein, welche grosse Verdienste um die Kirche sich erworben haben, und deren Andenken heute noch geehrt wird.
Nach dem grossen Brande im Jahre 1738 hat sich vorzüglich der damalige Gerichtsherr, der Ober-Consistorial-Präsident, Kammerherr und Ober-Steuereinnehmer Gottlieb von Holzendorf ein unvergessliches Denkmal der Liebe und Hochherzigkeit dadurch gesetzt, dass er nicht allein einen grossen Saal im Schlosse zur Abhaltung des Gottesdienstes hergab, sondern auch durch seine Verwendung der Kirche, Pfarre und Schule zu deren Wiederaufbau die beträchtliche Summe von 3000 Thalern, 120 Stämme Bauholz und viele andere Baumaterialien zufliessen liess.
Bärenstein die Stadt mit Hammer-Bärenklau hat jetzt 67 bewohnte Gebäude mit 496 Einwohnern, worunter 44 Handwerker und darunter viele Fleischhauer sich befinden, welche seit Jahrhunderten wegen eines sich erworbenen Verdienstes die Gerechtsame haben, nach Dresden schlachten zu dürfen.
Das ganz am Städtchen angebaute Dorf Bärenstein besteht aus 39 Bauern, 33 Häuslern und überhaupt 453 Einwohnern, und besitzt ebenfalls, wie das Städtchen, einen grossen Gemeindewald, wie auch viele und zum Theil gut angebrachte Felder und fast alle noch besondere Waldung besitzen. Ueberhaupt ist der Ertrag des Feldbaues nicht zu den niedrigsten zu rechnen, indem hier allerhand Feld- und Gartenfrüchte, wie auch Obst, gedeihen, und überhaupt der Feldbau durch seine betriebsamen Einwohner immer noch mehr gewinnt. Die Gegend befindet sich demnach nicht in dem Zustande, unter welchem oft das rauhe Gebirge geschildert und verstanden wird.
Die ganze Gegend ist im wahren Sinne des Wortes romantisch zu nennen: Bewaldete Berge, Felsenabhänge, tiefe Thäler und das von den Zinnwäschern roth gefärbte Wasser, die Müglitz, welche sich hier mit grossem Geräusch ergiesst, geben der Gegend einen malerischen, reizenden Anstrich.
Bärenstein mit Stadt und Dorf gehören zum Gerichtsamt Lauenstein und zum Bezirksgericht Pirna.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/243&oldid=- (Version vom 17.1.2018)