Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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Tiefste ergreift. Denn zugleich durchweht das Innere eine geheiligte Rückerinnerung an Anton dem Gütigen, welchen seine Unterthanen so zu sagen an das Herz gewachsen waren und sie alle wie Kinder liebte; für sich aber nur 40 lange Jahre den bescheidenen Wunsch hatte: einst Erholung in der ländlichen Stille Weesensteins zu finden.
Bei einem regen Sinn für Naturschönheiten, hochbegabt mit einem leutseligen theilnehmenden Herzen, hatte König Anton schon in früher Jugend die Umgebungen von Röhrsdorf liebgewonnen und ihre Besitzer konnten sich des Besuches ihres hohen Gastes länger als 50 Jahre rühmen.
Selbst als greiser König, oft bei dem ungestümsten Wetter, begab er sich von Weesenstein nach Röhrsdorf und nur in den letzten Jahren seines Lebens unterblieben diese für denselben angenehmen Wanderungen durch die Anlagen dieses Gutes; er stieg dann gewöhnlich im Schlosse ab und gab der Familie von Carlowitz so recht die Beweise seiner Huld.
Einen rührenden Beweis seines wahrhaft königlichen Sinnes und der unausgesetzten Anhänglichkeit an diejenigen, die er mit seiner Gnade so lange beglückt hatte, gab er, als die Gattin des 1816 dahingeschiedenen Besitzers von Röhrsdorf im Jahre 1824 zur Heimath ihrer Ahnen eingegangen war. In verschwiegener Nacht war auf seinen Befehl auf der Lieblingsstelle, wo sie oft mit treuer Liebe des rückkehrenden Gatten geharrt hatte, eine schöne Urne gesetzt worden, auf deren Würfel die Worte eingegraben sind:
- „Zum Andenken der treuesten Gattin, der zärtlichsten Mutter, der besten Freundin.“
Zwei hohe Pappeln beschatten dies Denkmal, gestiftet von einem wahrhaft königlichen Herzen. Täglich weilen hier die Kinder der Heimgegangenen und segnen ihr Angedenken.
Die Dankbarkeit für den unvergesslichen hochherzigen Gründer dieses Monuments errichtete am Jahrestage seines Todes, den 6. Juni 1835, die Büste Anton’s des Gütigen jenem Denkmal gegenüber; hohe Linden und Felsstücke umgränzen sie.
Das geräumige Schloss von Röhrsdorf gehört, wie schon erwähnt, zu den ansehnlichsten des Landes, da es zwei Flügel von drei Etagen und resp. 11 und 7 Fenster in der Breite, auch einen besondern Hof begreift. In demselben sind zwei grosse Säle und meist hohe Zimmer. Die Anlage desselben ist darauf berechnet, die Oeconomie überschauen zu können, deren Gebäude rings den Hof umfassen.
Als antiquarische Merkwürdigkeit befindet sich hier eine aus den Hof führende Pforte, die zierlich aus Stein gehauen ist und die Jahreszahl 1599 an sich trägt. Das Schloss selbst ist in späterer Zeit erbaut und vermuthlich auf derselben Stelle, wo die alte Burg oder das Vorwerk stand. Denn alter Sage zufolge war Röhrsdorf das Vorwerk von Pillnitz und ist erst nach der Reformation davon getrennt und zu einem besonderen Rittergute erhoben worden.
Die ersten uns bekannten Besitzer sind die Herren von Bärenstein.
Von Johann Erasmus von Bärenstein kam das Gut an Hans Asmus von Bärenstein, welcher 1657 in Röhrsdorf starb und daselbst begraben wurde, sowie auch seine Gemahlin, geb. von Heinitz aus dem Hause Cöthen.
Nach dessen Tode acquirirte der Obristlieutenant Rudolph von Neitschütz das Gut Röhrsdorf, dem sein Sohn, Hans Carl von Neitschütz kurfürstlich sächsischer Rittmeister und Kammerherr, folgte, und war von 1682 an Besitzer, auch Erb-, Lehn- und Gerichtsherr von Thronitz und Sürssen.
Von Letzterem erkaufte der Ober-Marschall und Geheimrath Hans Caspar von Loss das Haus Röhrsdorf, welcher mit Frau Magdalene Sophie, geb. von Ende, vermählt war und 1711 mit Tode abging. Nach ihm übernahm der Apellationsrath und Weissenfelsische Hof- und Justizrath, Johann Rudolph von Loss, die väterliche Besitzung.
Im Jahre 1714 ist der Oberst Christian Vitzthum von Eckstädt mit dem Gute beliehen worden, von welchem es an den Land-Kammerrath und Kreissteuereinnehmer Carl Adolph von Carlowitz kam, welcher auch Ottendorf und Kleinbautzen besass. Derselbe baute die hiesige Kirche ganz neu. Letzterer starb jedoch schon 1748 und seine Gemahlin Justine Elisabeth, geb. von Maxen aus dem Hause Pulsnitz, im Jahre 1771. Ihnen folgte im Besitze von Röhrsdorf der Obersteuer-Direktor Georg Heinrich von Carlowitz auf Gorknitz, Thronitz und Wittgendorf, dessen Gemahlin Frau Henriette Caroline, geb. von Rechenberg aus dem Hause Wendisch-Paulsdorf war, von welcher wir oben schon das Nöthige erwähnten.
Nach dem Ableben dieses hochverdienten Paares übernahm dessen älteste Fräulein Tochter, Justine Henriette von Carlowitz, das Gut. Nach deren im Jahre 1831 erfolgtem Ableben kam es in die Hände deren Schwester der Frau Caroline Wilhelmine von Wolfersdorf, geb. von Carlowitz, des Herrn Carl Friedrich Wilhelm von Wolfersdorf, des Hochstifts Merseburg Domherrn und Besitzer von Alt-Scherbitz bei Skeuditz, Frau Gemahlin und des Fräulein Juliane Elisabeth von Carlowitz, von welcher es an den Amtshauptmann Georg Heinrich von Carlowitz im Jahre 1847 kam. Nach dessen Tode 1857 übernahmen es seine Herren Söhne, die es noch besitzen und denen die Collatur über Kirche und Schule von Röhrsdorf zustehen.
Die Kirche ist ganz regelmässig in Kreuzesform gebaut, hat aber im Innern keine besondern werthvollen und bemerkenswerthen Gemälde.
Die Pfarrwohnung ist massiv gebaut und in gutem Zustande.
In die hiesige Kirche sind eingepfarrt zwei Mühlen in dem Thale
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/291&oldid=- (Version vom 17.1.2018)