Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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aus Pirnaschen Quadern errichtetes Gebäude von drei Bogen. Am jenseitigen Ufer angelangt, steht der Wanderer mitten im Thalkessel und sieht zur Linken die unterhalb Plauen erhöhete Felskuppe, welche man jetzt als Punkt zu den herrlichsten Aussichten benutzt, während vor 150 Jahren von dieser Höhe Hirsche und Bären in den Abgrund geworfen wurden.
Etwas weiter öffnet sich am rechten Ufer eine enge und finstere, stets feuchte Felsenschlucht in den Grund.
Weiterhin führt die Strasse um eine Felsenecke herum nach der Königsmühle, einem 1747 von August III. errichteten Gebäude, welches seiner Zeit ein wahres Prachtgebäude genannt werden konnte.
An den Höhen hinter derselben stehen Häuser, deren Bewohner sich von Obstbau nähren. Durch eine Klippe war sonst die Mühle von der Buschmühle ganz getrennt, und von hier nach Dresden zu kommen, war ohne Uebersteigen des Gebirges gar nicht möglich. Als einst August II. den hässlichen Jagdweg des Grundes beklagte, liess Graf Brühl durch 600 Freyberger Bergleute denselben ebenen und von jener Klippe so viel absprengen, dass sich im Grunde hin eine schmale Strasse führen liess.
Ein Felsenhorn bei dieser Klippe wird das Schweizerbett genannt, zur Erinnerung eines Schweizers, welcher bei einer Königl. Jagd hier sein Nachtlager genommen hatte und doch nicht in den Abgrund gestürzt war. Bei der Königsmühle wurde zur Vermählung Augusts das häufig besungene Saturnusfest gefeiert.
Auf den jenseitigen Höhen liegt das Dörfchen Coschüz. Weiterhin wird der Grund wieder sehr enge und man erblickt die Neumühle, der berühmte Vergnügungsort von Dresdens Bewohnern. Von der Neumühle erklimmt der Wanderer die steile Dölzschener Felskuppe, an welche sich die mit Wein bestandenen Höhen des Dorfes reihen, Hier geniesst man eine der herrlichsten Aussichten. Im Thale selbst führt der Weg zu einem Pass, welcher das Coschüzer Vorgebirge mit der Dölzschner Höhe verbindet.
Da, wo er sich nach einer gefälligen Windung des Grundes öffnet, steht am rechten Ufer die Pulvermühle von Potschappel und hier zieht sich ein langer tiefer Wiesengrund in die Nähe von Coschüz hinauf. Rechts hat nun der Wanderer nackte, zum Theil durch die Kunst geglättete Felsenwände, welcher die des 140 Ellen hohen Kulbenberges entgegenstehen.
Der Kulben ist am rechten Ufer der letzte steile und noch beim Flusse emporsteigende Berg; am linken begleitet das Gebirge den Wanderer bis an den Eisenhammer und tritt dann ebenfalls zurück: die ganze Ansicht ändert sich – die Schönheit tritt in Hintergrund, aber die Erhabenheit wechselt mit der Milde.
Eine weite Wiesenfläche mit Alleen und Weiden kündigt das schöne Dorf Potschappel an, welches sich zum Theil wieder an den steilen, hervorspringenden kahlen Syenitfelsen anlegt. Am Fusse dieses schroffen Felsen, welcher einen der schönsten Standpunkte in diesem Thale gewährt und durch Anlagen im englischen Geschmack durch einen tempelartigen Pavillon auf der höchsten Spitze verschönert wird, steht das schöne Herrenhaus mit den grossartigen vielen dazu gehörigen Gebäuden.
Der Sage nach soll an der Stelle des Herrenhauses vor der Reformation ein Nonnenkloster gestanden haben, zu welchem eines Gnadenbildes willen häufig gewallfahrtet worden sei.
Noch ist zwar eine Kapelle, wo es aufgestellt gewesen sein sollte vorhanden, aber vom Kloster selbst sind keine geschichtlichen Nachrichten bis auf unsere Zeiten gelangt.
Auf der Anhöhe, jenseits der Weiseritz liegen sieben Gärten und Häuslerwohnungen sowie vier herrschaftliche Berghäuser, welche Leissnitz genannt werden und mit den übrigen diesseits des Flusses liegenden Bauerngütern von Potschappel eine Gemeinde bilden, weshalb es Potschappel mit Leissnitz heisst.
Der Name Potschappel war vor Alters nur für diese Häuser im Gebrauch, nach Mehrung deren Zahl verschlang er die ältere Benennung des Dorfes mit.
Nach der Reformation wurden auf alle Fälle die Klostergüter eingezogen und in ein amtsfähiges Gut oder Vorwerk verwandelt, mit welchem zuerst die reiche Ritterfamilie von Theler beliehen wurde, deren Besitzungen von hier über Burgk, Sonnsdorf, Höckendorf bis über Ruppendorf hin ununterbrochen sich erstreckten.
Die Familie von Theler besass dieses Gut bis ins 17. Jahrhundert und leisteten deshalb ein Ritterpferd.
Schon im Jahre 1689 besass es Herr von Haugwitz auf Bärenclause, 1726 kaufte die Familie von Lüttichau das Rittergut, doch gehörte damals nur die eine Hälfte des Dorfes dazu; nach ihr kaufte es der Appelationsgerichtspräsident Graf von Hagen, welcher es 1784 wieder an die Lüttichauische Familie verkaufte, und im 18. Jahrhundert kam es nicht lange an das Geschlecht derer von Güntherode.
Im Jahre 1804 acquirirte es Herr von Schönberg, von welchen es für 340,000 Thaler an die Familie Klett überging.
Jetzt aber gehört es der Potschappeler Actiengesellschaft, die natürlich Alles für ihr Unternehmen befördert, wogegen die Rittergutsöconomen Nebensache geworden.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/318&oldid=- (Version vom 3.6.2018)