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unter ihnen zeichnet sich das Herrenhaus durch Grösse und alterthümliche Bauart vor vielen hiesiger Gegend aus.

Die mitternächtliche Seite desselben umgiebt ein durch Anlage verschönerter ziemlich grosser Garten, von welchem früher eine, gegen ¼ Stunde lange Linden-Alle nach Zöschau zuführte, die später durch Ausgrabung von Torf unterbrochen worden ist.

Das Dorf Naundorf, welches in einer freundlichen und fruchtbaren Ebne liegt, gehört zu den grösseren und schöneren hiesiger Gegend.

Der Ort zählt 57 Feuerstätte excl. der geistlichen Gebäude und des Ritterguts mit 400 Einwohnern, welche in 5 Pferdner, 11½ Hufe, 1⅓ Hufen, 1¼ Hufen, 71/6 Hufengütern, 1 Gasthof, 1 Schmiede, 1 Windmühle und 24 Häussern bestehen.

Die Erbgerichtsbarkeit über dieselben, stand bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation dem hiesigen Rittergute zu, welches blos über den Gasthof und seine eignen Fluren auch die Obergerichte hatte.

Diese gehörten im Dorfe früher zum Theil unter das Kreisamt Meisen und das Amt Oschatz. Jetzt ist Naundorf ganz dem Gerichtsamte Oschatz zugetheilt.

Der Erwerb der Einwohner wird durch den beträchtlichen Feldbau und durch die Torfgräbereien erhöht, welche einen nicht unbedeutenden Theil des Brennmaterials für den Ort und die Umgegend liefern.

Die Kirche des Dorfes, in den Zeiten des Pabstthums der heil. Catharina geweiht, gehört gewiss zu den ältesten der Gegend. Beim Anfange der Reformation hatte sie, ihrer geringen Einkünfte wegen, keinen eignen Geistlichen, wahrscheinlich besorgte den Gottesdienst in derselben wie zu Merkwitz, Wellerswalde und in mehreren Kirchen in der Nähe von Oschatz, einer der zahlreichen Altaristen von St. Aegidius in dieser Stadt.

Auch nach den Zeiten der Kirchenvereinigung konnten die Visitatoren keinen Pfarrer nach Naundorf setzen , sondern sahen sich genöthigt, die Parochie mit Zöschau zu verbinden, in welchem Verhältniss sie blieb, bis 1555 der Pfarrer zu Jahna unter Begünstigung des Bischofs Johann von Haugwiz, sein zeitheriges Filial Hohenwussen abgab. Dadurch wurden die Visitatoren bewogen, Naundorf und Hohenwussen zu vereinigen und mit einem besondern Pfarrer zu versehen.

Kurze Zeit nach dieser Vereinigung im Jahre 1579, wurde nun auch die vielleicht zu kleine Kirche eingerissen und an ihre Stelle eine neue gebaut.

Aber 1714 wurde noch ein Mal eine Reparatur vorgenommen.

Die 3 eingepfarrten Gerichtsherrschaften zu Casabra, Naundorff und Leuben bauten sich ihre Emporkirchen in die Mauer nach Mitternacht, so dass sie von Altarplatze bis zum Chore die ganze Seite der Kirche einnehmen. Durch Anbringung mehrerer Fenster erhielt die Kirche ein schönes Licht und ist hell und geräumig.

Unter den Pastoren ist vorzüglich M. Friedrich Heinrich Starke berühmt als Schriftsteller, vorzüglich schrieb er mehrere Abhandlungen über das Kirchenrecht.

Die Schicksale des Orts anlangend, so hat Naundorf im 30jährigen Kriege vorzüglich viel gelitten und im 19. Jahrhundert ist es von vielen Feuersbrünsten heimgesucht worden. Der letzte Brand war im Jahre 1838, wo der Gasthof und mehrere Häuser ein Raub der Flammen wurde.

Möge der Himmel seine schützende Hand über Naundorf bewahren und solches vor neuen Unglücksfällen bewahren.

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Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/342&oldid=- (Version vom 3.6.2018)