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Schloitz, oder Schlotzbach, welche sich um den Schlossberg windet, gebildet.

Das obere Thal heisst das Brunnenthal, das untere das Wiesenthal und das dritte wird Granatenthal genannt, woran sich nordöstlich der Zeissiggrund schliesst, durch welchen der Todtenbach fliesst.

Die Stadt selbst anlangend, so hat dieselbe jetzt ihr eignes Gerichtsamt, während sie früher unter dem Grillenburger Amte stand. Seit 40 und mehr Jahren ist die Einwohnerzahl immer gewachsen, so dass sie jetzt 2000 Seelen zählt.

Seit dem letzten Brande vor einigen 50 Jahren, ist der Haupttheil der Stadt schön aufgebaut. Die Einwohner finden ihre Nahrung in Stellmacherei, Tischlerei, Lohgerberei und andern Handwerken, auch bringt die hiesige Forstacademie und die Vorschule für Land- und Forstwirthe, ferner das Bad viel Nahrung für den Ort.

Unter den zehn hiesigen Mühlen sind bemerkenswerth die Niedermühle am östlichen Ende der Stadt mit 9 Gängen, 1 Säge-, 2 Walken- und 1 Lohmühle, dann die Klippermühle mit 2 Gängen an 2 Teichen, und die obere Brettermühle am südlichen Ende des Orts.

Nahe unter der Kirche befindet sich südöstlich die Schlossmühle am Schlossteiche, welche 500 Schritte im Umfange hat, östlich das Lehngericht, nordöstlich die Pfarrwohnung, nördlich das Rathhaus und die Apotheke, und noch mehrere andere grosse und schöne Wohnungen. An den oben erwähnten Schlossteich schliesst sich die Steinwiese an, wo sich das Badehaus befindet, dessen Mineralwasser seit 1792 näher gekannt und benutzt werden.

Der eine Quell, welcher in das Badehaus geleitet wird, heisst der Sidonienquell, welcher zwischen dem Schlossteiche und Badehause liegt, überbaut ist, aus einer Thonschicht entspringt und viel Schwefel enthält. Ein anderer Quell, der Heinrichsquell, enthält Eisenstoff und befindet sich[WS 1] bei der obersten Brettermühle.

Der Weg längst der Weisseritz hin vom Badehause aus, bei der Commun-Obstpflanzung und der Brettermühle vorbei, führt zu des berühmten Gessners Büste; von hier aus gewähren Ruinen und Kirche eine herrliche Aussicht.

Von da, den Berg hinauf, tritt man in Tharands heilige Hallen, und endlich gelangt man auf steilem Pfade auf die Spitze des Kienberges, jenes weit gesehenen, und um den Ort herum höchsten Berges.

Dieser, wegen seiner trefflichen Aussicht viel besuchte Berg, hat 500 Ellen Höhe über der Elbe und 1175 Fuss Seehöhe; er ist mit schönen Promenaden geziert und rings bewaldet. Auf ihm befindet sich der Sonnentempel und eine Einsiedlerhütte, und seine Ostseite trägt den doppelten botanischen Garten für Forstleute, welchen der berühmte Forstrath Cotta anlegte, wo sich auch seit 1815 eine Büste des verstorbenen Friedrich August befindet.

Von da führt ein Weg durch den Zeisiggrund, dann auf den Schlossberg, der mit einem Denkmale in einem Felsengewölbe, am 18. Mai 1797, dem Geburtstage Friedrich Augusts, errichtet, und dem sogenannten Burg-Friedenskreuze, welches der Hofrath von Lindemann auffand und jedenfalls aus den Zeiten Heinrichs des Erlauchten stammt, geziert ist.

Unter allen Spaziergängen ist der Gang längs der Weisseritz jenseits Gessners Büste zu empfehlen, welcher letztere fast mit jedem Schritte zu grössern und seltnern Naturschönheiten führt, wie bekanntlich das Weisseritzthal bis nach Böhmen hinein überall höchst reizend ist; ein Seitengrund leitet den Harthgraben ins Hauptthal, welcher einen sehenswerthen Wasserfall bildet, ein zweiter aber den Höckenbach, der in vielen Cascadellen von Höckendorf herabrauscht und an dessen Mündungen mehrere Stollenmündungen den ehemaligen starken Silber- und Gold-Bergbau dieser Gegend beurkunden. Von da ist es nicht weit bis zum untern Ende von Höckendorf, wo ein Gasthaus zur Erquickung den Reisenden einladet. Diese gesammten Naturschönheiten und Anlagen werden seit den Bau der Eisenbahn von Dresden nach Tharandt noch häufiger besucht wie früher, und es ist kein Wunder, wenn der Beschauer entzückt wird, und die Arie: „In diesen heiligen Hallen“ anstimmt, wie der Grosspardauer Pastor Jane.

M. G.     



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: sch
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/360&oldid=- (Version vom 3.6.2018)