Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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des Parkes dagewesen zu sein, weil sie den Wasserbedarf für die Oekonomie herbeizuschaffen hat.
Ungemein viel zur Verschönerung des Lichtewalder Parkes that Graf Friedrich August von Vitzthum, der durch neue und bei aller Einfachheit überraschende Anlagen auf kaum bemerkbare Weise die Kunst zur Unterstützung der Natur zu verwenden wusste. Von ihm wurde die am Waldhange stehende Kapelle erbaut und zwar zu Ehren des Prinzen, nachmaligen Königs, Anton von Sachsen, der Lichtewalde im Jahre 1801 mit seinem Besuche beehrte. Von dieser Kapelle geniesst man eine bezaubernde Aussicht in das Zschopauthal. Nicht weit davon, in tiefem Waldesdunkel, streckt sich eine Brücke über eine tiefe Schlucht, so einsam, dass man sich beinahe unheimlich angeweht fühlt. An einer gleich düsteren Grotte vorüber, von wo man wiederum die lieblichsten Fernsichten auf Schloss und Thalgrund geniesst, gelangt man endlich an das Monument des Ritters Harras, von dessen kühnem Sprunge wir nachher berichten wollen. – In dem Schlosse, welches in grossartigem, modernen Style gebaut ist, befindet sich eine zwar nicht zahlreiche, aber durch kostbare Gemälde, namentlich niederländischer, Meister, ausgezeichnete Gemäldegallerie, und unter den herrlichen Zimmern desselben zeigt man eines, das auf chinesische Art ausgestattet ist.
Zu dem Rittergute gehören ausser dem Dorfe Lichtewalde die Ortschaften Ebersdorf, Auerswalde, Braunsdorf, Obergarnsdorf, Oertelsdorf, Ottendorf, Merzdorf, Niederwiesa, Oberlichtenau, Oberwiesa, Niederlichtenau und Gückelsberg, sowie eine bedeutende Schäferei und eine an der Zschopau gelegene grosse Mühle. Ottendorf, Niederwiesa, Niederlichtenau, Auerswalde und Ebersdorf haben Kirchen, und in letzteres ist das Dorf Lichtewalde eingepfarrt. Doch hat der Pfarrer die Verpflichtung, in der Schlosskapelle einen Sonntag um den andern, so wie an hohen Festen Gottesdienst, und jährlich dreimal Communion zu halten, auch auf Verlangen der Bewohner Lichtewaldes Taufen und Trauungen in derselben zu verrichten. Der Pfarrer führt deshalb auch den Titel eines Schlosspredigers.
Lichtewalde soll vor alten Zeiten eine Stadt gewesen sein, welche Graf Philipp von Nassau nach dem Tode seines Bruders, des Kaisers Adolf von Nassau, nebst den Städten Döbeln, Borna und Geithain dem Markgrafen Friedrich mit der gebissenen Wange zurückgab. Jetzt besitzt der Ort sechzig Häuser mit ungefähr sechshundert Einwohnern; die ganze Herrschaft zählt in ihren dreizehn Dörfern über 7000 Seelen.
Die uralte Kirche zu Ebersdorf soll von dem heiligen Bonifazius erbaut worden sein, wenigstens nennt man ihn den Gründer der noch heute auf dem Gottesacker in unmittelbarer Nähe der Kirche stehenden ehemaligen Wallfahrts- und Gnadenkapelle, die aus allen Gegenden einen so starken Zulauf der Gläubigen genoss, dass sie Veranlassung zur Entstehung des Dorfes mit seiner Kirche gab. Noch jetzt zeigt man nächst anderen kirchlichen Merkwürdigkeiten eine Krücke mit der Jahreszahl 1330 und eingeschnittenen Klageworten ihres einstigen Trägers, der durch Hülfe des wunderthätigen Marienbildes in der Kapelle gesund wurde und die Krücke zum Andenken hier zurückliess. Unfern dem mittleren Kirchthore[WS 1] befindet sich die steinerne Figur eines Ritters mit der Jahrzahl 1499, welche ohne Zweifel jenen Dietrich von Harras vorstellen soll, dessen Andenken die Volkssage und ein Monument im Park zu Lichtewalde verewigen.
Dietrich von Harras lebte nämlich mit dem Ritter von Schellenberg, einem wilden raublustigen Manne in Fehde, und war ausgezogen ihn zu bekämpfen. Der Schellenberger aber hatte Kunde von Dietrichs Unternehmen, und lauerte mit einer überlegenen Zahl seiner verwegenen Buschklepper in einem Hinterhalte, von wo er wüthend über die Lichtewalder herstürzte und sie zerstreute oder niederwarf. Nach tapferer Gegenwehr musste auch Dietrich von Harras die Flucht ergreifen, er spornte sein Pferd zu wilder Eile während der Feind ihm hart auf den Fersen sass. Plötzlich sah der Verfolgte seine Flucht gehemmt, denn vor ihm gähnte in furchtbarer Tiefe der Abgrund des Hausteins, an dessen Fusse die Zschopau dahinbrausst. Jubelnd nahten die Schellenberger Schnapphähne, schon glaubten sie den kühnen Ritter in ihrer Gewalt und riefen ihm zu, sich zu ergeben; dazu aber hatte Ritter Dietrich keine Lust. Er empfahl Gott und der heiligen Jungfrau von Ebersdorf seine Seele und drückte alsdann dem Rosse die Sporen ein, dass es in wildem Entsetzen hochaufbäumte und mit ungeheurem Sprunge in die fürchterliche Tiefe hinabstürzte. Obgleich das Ross zerschmettert versank, blieb doch der Ritter bei dem grässlichen Sturze unbeschädigt, und während die Schellenberger mit Staunen und Grausen in die Tiefe starrten schwamm der kühne Springer durch die Zschopau und eilte hohnlachend vor den Augen der verblüfften Feinde hinauf in sein gastliches Schloss. Zum Dank für den Schutz der heiligen Jungfrau von Ebersdorf verehrte ihr der Ritter ein grosses silbernes Hufeisen, das noch jetzt vorhanden ist, jedoch im Laufe der Zeit sich aus einem silbernen in ein eisernes verwandelt hat. Nicht weit von Dietrichs Hufeisen hängt ein Schiffchen, welches einst ein Ritter mit Gold gefüllt der Kirche weihte. Der Ritter war nämlich nach Palästina gezogen, um das heilige Grab befreien zu helfen, auf der Rückreise aber brach ein so furchtbarer Sturm los, dass das Schiff in der grössten Gefahr schwebte und die Schiffsleute jeden Augenblick ihren Tod erwarteten. Da flehte der sächsische Ritter zur heiligen Jungfrau von Ebersdorf, und versprach ihr, für den Fall dass sie das Schiff in ihren Schutz nähme, ein Schifflein gefüllt mit gutem Golde. Der Sturm ging vorüber und der Ritter langte wohlbehalten im Vaterlande an, wo er sofort das gethane Gelübde treulich erfüllte, und das Schifflein an die Kapelle der gnadenreichen Maria ablieferte. Der Name des Ritters ist nicht bekannt, ebensowenig die Zeit wo das Weihgeschenk erfolgte; es ist aber auch ein Geheimniss, wo das Gold hingekommen, welches das noch vorhandene Schiffchen barg.
Als die Prinzen Ernst und Albrecht, welche Kunz von Kaufungen geraubt, durch Hülfe des Köhlers Schmidt sich wieder bei ihren Eltern befanden, da zog Churfürst Friedrich mit seiner Gemahlin Margarethe am 15. Juli 1455 von Chemnitz aus zum wunderthätigen Gnadenbilde nach Ebersdorf, um dort Gott und der Jungfrau Maria für die glückliche Befreiung der Prinzen zu danken. Die erfreute Mutter stiftete für zwei Arme ein ewiges Almosen sowie eine Dankmesse, auch wurden die Kleider der Prinzen und des wackeren Köhlers zum Andenken in der Kirche aufgehangen. Weil sie aber mit der Zeit morsch wurden und der Zerstörung
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Kirchhtore
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/017&oldid=- (Version vom 5.3.2017)