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Schönau ist ein schönes starkbevölkertes Fabrikdorf, gehört zu der grossen Dörferreihe des Cappelgrundes, ist eine Viertelstunde lang, ziemlich breit, stösst oberwärts an Neustadt, unten an Cappel, und liegt sehr angenehm in kaum halbstündiger Entfernung von Chemnitz an der Zwickauer und Hohnsteiner Strasse. Gegen Nordwest erhebt sich das Gebirge ziemlich steil und trägt das einst viel ausgedehntere, wahrscheinlich von der Klostermühle sogenannte Mühlenholz, an welchem die grosse Ziegelei des Rittergutes steht. Die Cappel vereinigt sich hier mit der von Süden kommenden einen seichten Grund bildenden Stelzenbach und beide Flüsschen sind von grossen fruchtbaren Wiesen umgeben. Schönau enthält über hundertzwanzig Häuser mit mehr als tausend Einwohnern, doch sind im Orte nur fünf Bauergüter, und hat derselbe in neuerer Zeit erst sich durch viele Anbaue zu seiner Bedeutung aufgeschwungen, auch hat er mehr das Ansehen einer Vorstadt als eines Dorfes. Die Einwohner Schönaus treiben hauptsächlich Strumpfwirkerei, Weberei, und Spinnerei und ein grosser Theil ist in den Chemmnitzer Fabriken beschäftigt, doch befinden sich auch in Schönau Fabriken. Ausserdem besitzt der Ort einen Gasthof und zwei Mühlen, darunter eine sehr schöne, welche 1817 in der Nähe des Rittergutes auf der Stelle der abgebrannten erbaut wurde. – Das Rittergut hat ein hübsches Herrenhaus, schöne grosse Wirthschaftsgebäude, eine starke Brauerei, wo ein sehr beliebtes Bier bereitet wird, mehrere Teiche, gute Waldung, Schäferei und die bereits erwähnte Ziegelei. Bemerkenswerth für die Geologen ist der auf hiesigen Fluren vorkommende rothe oder auch bunte Thonstein und der rothe bolusähnliche Thon.

Schönau ist mit der Amtsvorstadt Niklasgasse und den Dörfern Cappel Helbersdorf Altendorf und Höckericht in die Nikolaikirche zu Chemnitz eingepfarrt. Noch vor Erbauung dieser Kirche hatte das Kloster dem heiligen Nikolaus, ehemaligen Bischof von Myra in Lydien, zu Ehren eine Capelle errichtet, wodurch das Dorf Cappel entstand. Die jetzige Nikolaikirche wurde im Jahre 1487 vom Churfürsten Friedrich dem Weisen gegründet, brannte jedoch schon 1519 wieder ab, ein Schicksal das ihr auch 1532 wiederfuhr. Im Jahre 1547 riss man sie nebst den übrigen geistlichen Gebäuden der Vorstädte nieder, und als 1632 der berüchtigte Holke Chemmnitz heimsuchte, ging sie sammt dem Schulhause abermals in Flammen auf. Sie wurde 1634 wieder erbaut und hat seit jener Zeit keine Veränderungen erlitten. Ausser einem guten Altargemälde enthält die Nikolaikirche auch noch einige alte Grabmäler. Die Pfarrstelle besetzt das Cultusministerium.

O. Moser.     




Rauenstein.


Rauenstein, in Urkunden Rowenstein, Rawenstein und noch vor zweihundert Jahren Ravenstein geschrieben, hat den Namen nicht von seiner rauhen Lage sondern von dem adligen Geschlecht der Rabe oder Rabod, welches vor vielen Jahrhunderten auf der hiesigen Felsenburg hauste und dieselbe auch erbaut haben mag. In der frühesten Zeit war Rauenstein eine bedeutende Herrschaft und gehörte zu dem Gebiet, welches Friedrich der Kleine ein Sohn Heinrichs des Erlauchten und seiner dritten Gemahlin Elisabeth von Maltitz, an den König von Böhmen abzutreten gedachte. Die Herrschaft Rauenstein grenzte mit den Dynastieen Wolkenstein, Scharfenstein, Schellenberg und Lauterstein, so dass sie einen Umfang von drei Meilen enthielt.

Das Dorf Rauenstein gehört zu dem hiesigen altschriftsässigen Rittergute und liegt sehr zerstreut, so dass die äussersten Häuser wohl ziemlich eine Stunde von einander entfernt sind. Das Schloss liegt zwei und eine halbe Stunde von Zschopau, eine Viertelstunde von Lengefeld und fünf Stunden von Freiberg an der Annaberg-Freiberger Strasse, die sich hier an dem hundertfunfzig Ellen hohen Rottenberge hinaufzieht. Ausser dem Rittergute enthält der Ort noch die Häuser an der Flöhe, nämlich die Schlossmühle, das Zollhaus, zwei Häuser am rechten Ufer des Flusses, und das Marterbüschel, welches letztere aus einer verpachteten Mühle sowie einigen Häusern besteht, die erst in neuer Zeit angebaut wurden und seinen Namen im dreissigjährigen Kriege empfing. Das Hölzchen nach dem der Ort benannt ist hat keine Bedeutung.

Westlich von hier beginnt der grosse königliche Wald welcher sich durch drei Aemter verbreitet und bei einer freilich nicht ganz regelmässigen Form vier bis fünf Stunden im Umfange hat. Im Augustusburger Amte, bei Krumhermsdorf und Börnichen, heisst er der Forst, im Wolkensteiner die schwarze Laide oder der Lengefelder Wald und im Lautersteiner, in Lauta und Lauterbach, der Hauptwald. In letzterem befinden sich die zwei höchsten Berge der Gegend von denen man eine

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/078&oldid=- (Version vom 21.5.2017)