Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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eine grosse Anzahl der Feinde in die Luft. Ob im Jahre 1296, wo dieser Vorfall sich ereignete, wirklich schon Schiesspulver gebraucht wurde ist noch zu ermitteln. – Auf den glücklichen Anfang der Vertheidigung folgten heftige Kämpfe, täglich stürmten die Kaiserlichen gegen die Mauern, welche endlich unter den heftigen Stössen der Mauerbrecher und der ungeheuren Wucht aus Schleudern geworfener Balken und Felsblöcke theilweise zusammenstürzten, aber von den rastlosen Vertheidigern sofort wieder mit Holz und erdegefüllten Fässern ausgebessert wurden, während die Greise, Frauen und Kinder in den Kirchen Gott um Rettung vor dem wüthenden Feinde anflehten. Der Kaiser sah dass durch die fruchtlosen Stürme sein Heer immer mehr zusammenschmolz, deshalb liess er die Stadt umzingeln und forderte noch einmal drohend zur Uebergabe auf, der tapfere Ritter von Haugwitz aber sowie die von ihm befehligten Edelleute der Umgegend und die Männer von Freiberg verhöhnten des Kaisers Antrag und schwuren nochmals treu zu bleiben ihren angestammten Fürsten, Friedrich dem Gebissenen und seinem Bruder Dietzmann. – Da führte nach sechszehn Monaten ritterlicher Vertheidigung ein Bube den Feind verrätherisch durch eine Schleusse der Münzbach in die Stadt und so heldenmüthig deren Besatzung sich auch den Eingedrungenen entgegen warf, mussten sie dennoch endlich der Uebermacht erliegen. Ein Theil der Kriegsleute hatte bei dem Verluste der Stadt sich auf die Burg zurückgezogen, deren Besatzung jede Aufforderung zur Uebergabe entrüstet zurückwies, bis endlich Markgraf Friedrich einen Boten von Meissen herbeisendete mit dem Befehle zur Erhaltung so wackerer Krieger den ungleichen Kampf einzustellen und das Schloss dem Kaiser zu übergeben. Adolf von Nassau hatte der Besatzung freien Abzug versprochen, als aber die Thore der Veste sich öffneten liess er deren Vertheidiger gefangen nehmen und drohte ihnen mit dem Tode wenn nicht ein bedeutendes Lösegeld herbeigeschafft würde. Der Hass des Kaisers ruhte namentlich auf den Edelleuten welche aus der Nachbarschaft zur Vertheidigung herbeigekommen waren, und da Viele derselben das verlangte Lösegeld nicht auftreiben konnten, liess der erbitterte Sieger sechszig adligen Männern die Köpfe abschlagen. Zu spät langte ein zweiter Bote Markgraf Friedrichs an, welcher dem Kaiser für das Leben der übrigen Edelleute die Städte Grimma, Rochlitz und Lausigk anbot.
Das Häuflein der übriggebliebenen Edelleute zog nach Meissen, wo Markgraf Friedrich sie mit thränenden Augen empfing, aber die tapferen Männer konnten ihrem Fürsten, der vom Kriegsglück verlassen, aller Geldmittel entblösst, ein armer, von hundert Gefahren bedrohter Flüchtling war, für jetzt nichts nützen, desshalb entliess sie Friedrich bis auf besser Zeit nach ihrer Heimath. Als er nach Jahren unerkannt in Freibergs Nähe herumstreifte, entdeckte er sich einem dieser treuen Männer, der eine grosse Quantität geschmolzenen Silbers für seinen Fürsten zusammenbrachte, so dass dieser neue Kriegsrüstungen beginnen konnte. Die Schlacht bei Lucka (1307) machte Friedrich den Gebissenen zum Herrn seiner angestammten Länder, und nun übte er auch an der kaiserlichen Besatzung zu Freiberg ein furchtbares Vergeltungsrecht, indem nach kurzer Belagerung die Stadt genommen und ihre Besatzung fast durchgängig niedergemetzelt wurde; mehrere Bürger aber die es mit dem Feinde gehalten, empfingen schwere Strafen.
Auch der dreissigjährige Krieg traf Oberschaar, wie überhaupt Freibergs Umgegend, ziemlich hart. So drang im October 1631 hier ein Haufen kaiserlicher Soldaten ein und verübte die abscheulichsten Excesse, raubte das Vieh, misshandelte die Einwohner und verbrannte mehrere Güter. Auch 1632 wo Freiberg durch den General Gallas belagert wurde, stellten sich oft fouragirende Detachements ein, die den armen Leuten häufig das letzte Brod entrissen. Als nach dem grossen Siege bei Leipzig Torstensohn mit seiner ganzen Macht vor Freiberg zog und die Stadt sieben Wochen lang von dem Feinde unaufhörlich bestürmt wurde, ohne dass eine Uebergabe bewerkstelligt werden konnte, begannen die Leiden der umwohnenden Landleute von Neuem, und namentlich hausten die Schweden auf den Dörfern um so unmenschlicher, weil eine grosse Anzahl der Dorfbewohner sich den Freibergern als Waffenbrüder beigesellt hatten. Der Abzug des Torstensohnschen Heeres von der „Hexenstadt“ befreite diese sammt ihrer Nachbarschaft auf lange Zeit von gefährlichen kriegerischen Gästen, denn erst als am 29. October 1763 das letzte Treffen des siebenjährigen Krieges in Freibergs Nähe geliefert wurde, erneute sich die Kriegsnoth. – Dass Oberschaar im sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert verschiedene Male von Pestkrankheiten heimgesucht wurde war ein Loos welches es mit fast allen Dörfern seiner Umgebung theilte.
Die Kirche zu Oberschaar ist Filial von Krummenhennersdorf. Sie liegt auf einer Anhöhe ist von dem Friedhofe umgeben und trägt einen kleinen Thurm. Das Innere des kleinen anspruchslosen Gotteshauses ist schmucklos, doch verdient Erwähnung das vorhandene Altargemälde, Christi Kreuzigung darstellend, welches von tüchtiger Künstlerhand geschaffen wurde. Der Besitzer des hiesigen Rittergutes schenkte der Kirche im Jahre 1835 eine neue Kanzel- und Altarbekleidung, eine Wohlthat die bei dem geringen Vermögen derselben, das zweihundert Thaler beträgt, sehr anerkennungswerth ist. Bis zum Jahre 1833 wurde in der Kirche zu Oberschaar nur an jedem vierten Sonntage Frühpredigt abgehalten,
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/084&oldid=- (Version vom 21.5.2017)