Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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Stattlich hervor aus dem Thale ragen die Gebäude des Rittergutes Oberschöna, dessen Schloss aus drei Etagen besteht, elf Fenster Breite zeigt eine Schieferbedachung trägt, und von äusserst angenehmen Gartenanlagen umgeben ist. Als im Jahre 1632 die Kaiserlichen dem Dorfe Oberschöna einen Besuch abstatteten, wurde das alte Schloss von ihnen niedergebrannt, und erhob sich erst nach einigen Jahren wieder aus der Asche. Das Rittergut ist nicht unbedeutend, enthält schöne Waldungen, eine vorzügliche Schäferei und eine weitbekannte Brauerei, in der das „Oberschönaer Doppelbier“ gebraut wird, welches Jahre lang von der Allerhöchsten Familie getrunken und zu den besten Lagerbieren des Landes gezählt wurde. Zu dem Gerichtsbezirke des Rittergutes gehörten vormals die Dörfer Kirchbach und Oberreichenbach.
Das Rittergut Oberschöna war in frühester Zeit Eigenthum der alten Familie von Schönberg, die durch Bergbau zu grossem Reichthume gelangte und im Meissnerlande und Erzgebirge bedeutende Güter besass. Im Jahre 1399 wird Dietrich von Schönberg als Herr auf Sachsenburg und Oberschöna genannt, und 1488 gehörten diese Güter nebst Neusorge und Börnichen dem geheimen Rathe Caspar von Schönberg, welcher sammt seiner Gemahlin, Barbara von Maltitz, auf einem in der Capelle zu Sachsenburg eingemauerten Denksteine genannt ist. Sein Sohn war Hans von Schönberg, der um das Jahr 1559 starb und Oberschöna Moritz von Schönberg vererbte, welcher 1612 als Herr auf Börnichen, Auerswalde, Wingendorf und Oberschöna mit Tode abging. Der nächste Besitzer Oberschönas war Nikolaus von Schönberg, der die schweren Leiden des dreissigjährigen Krieges zu ertragen hatte. Er war Oberkreissteuereinnehmer und Amtshauptmann und schenkte 1657 der hiesigen Kirche ein Legat von 1500 Gülden, mit der Bedingung, dass an seinem jedesmaligen Namenstage die Zinsen dieses Capitals an Schulkinder und arme Leute vertheilt werden sollten. Sein Bild befindet sich in der Kirche. – Nach des Amtshauptmanns von Schönberg Tode gelangte Oberschöna in Besitz des Geheimrathes Adam Friedrich von Schönberg, welcher 1707 starb und acht Rittergüter hinterliess. Ihm folgte Johann Tham von Schönberg, gestorben 1748. Der letzte Herr auf Oberschöna aus dem Geschlecht der Schönberge war der Berghauptmann Curt Alexander von Schönberg, welcher 1761 zur letzten Ruhe einging, worauf das Gut bis 1771 an den Amtshauptmann von Gersdorf auf Mittelsayda und von diesem an die Familie von Carlowitz gelangte. Grosse Verdienste um die Schulverhältnisse des Erzgebirges und Oberschönas insbesondere erwarb sich der Domherr von Carlowitz. Nach ihm wurde das Gut Eigenthum des königlich Sächsischen Cultus-Ministers Hans Georg von Carlowitz, dessen Gemahlin, Jeanette Caroline geborene von Schönberg aus dem Hause Pfaffroda, am 5. Juni 1826 zu Dresden starb und auf hiesigem Friedhofe ihre Schlummerstätte fand. Das Bild dieser edlen wohlthätigen Dame wird in der Kirche aufbewahrt. – Der jetzige Besitzer von Oberschöna ist Herr Kammerherr E. M. von Carlowitz.
Es wurde bereits erwähnt, dass der dreissigjährige Krieg traurige Tage über Oberschöna gebracht habe, und namentlich geschah dies im Jahre 1632, wo eines Sonntags in der Frühe ein Croatenschwarm in das unglückliche Dorf einbrach. Die bestürzten Einwohner, welche grösstentheils in der Kirche waren, stürzten auf den Ruf: „die Croaten kommen!“ voller Entsetzen ins Freie, während die wilden Gäste bereits in die Wohnungen eindrangen und mit aller Brutalität der Soldaten damaliger Zeit zu wirthschaften begannen. Langsam erhoben sich dunkle Rauchwolken, denen bald die hellen Flammen folgten. Das Schloss mit seinen Nebengebäuden, die Kirche, das Pfarrhaus, die Schule und einige Wohnhäuser gingen in Feuer auf. Während die Freibeuter die Leute misshandelten und ihre beste Habe plünderten, hatte nebst mehreren Mitgliedern seiner Gemeinde auch der Oberschönaer Pfarrer Johann Petzold die Flucht ergriffen, wurde aber vor dem Dorfe von einigen verfolgenden Croaten eingeholt, von denen einer nach dem wehrlosen Pfarrherrn eine Feuerwaffe abschoss, deren Kugel dem Unglücklichen die Kinnlade zerschmetterte und in dem Muskeln des Halses stecken blieb. Ein alter schlachtenergrauter Croat aber war über seines Kameraden Grausamkeit dergestalt entrüstet, dass er diesen sofort niederstach und den schwerverwundeten Prediger freundlich ermunterte, seine Flucht fortzusetzen ehe andere Unmenschen seines Corps herbeikämen. Petzold wankte, mit Blut überströmt, davon, und kam glücklich nach Freiberg, wohin schon vorher sein Weib mit den Kindern in Sicherheit gebracht worden war, und hier hatte er eine dreissigwöchentliche, schmerzliche Kur abzuwarten, nach deren Beendigung der Genesene in der Domkirche eine fröhliche Dankpredigt hielt. – Ein zweites Unglück traf Oberschöna 1681 wo wiederum ein Brand stattfand der auch die neue Kirche in Asche legte, ein Schicksal, welches dieselbe auch 1761 heimsuchte. Als man 1755 in dem herrschaftlichen Erbbegräbnisse eine neue Gruft auswerfen wollte stiessen die Arbeiter auf ein altes Grab in welchem ein zwar verwitterter aber doch noch kenntlicher männlicher Körper lag. Um den Hals desselben hing eine Kette und an deren Ende eine kleine Goldmünze mit der Inschrift: „die güldene Gesellschaft 1589“. Bekanntlich stiftete Churfürst Christian I. einen „Orden aufrichtiger Vertraulichkeit“ unter dem Namen „die güldene Gesellschaft“, dessen Insignien er nur an fürstliche und sehr bevorzugte Personen verlieh und selbst mit in das Grab nahm. Das Mitglied der güldenen Gesellschaft, dessen Ueberreste man in Oberschöna fand, war ohne Zweifel Moritz von Schönberg. – Die Kirche zu Oberschöna stand vor der Reformation unter der Dompropstei Meissen und deren Sedes Freiberg. Eingepfarrt hierher ist das nahe Dorf Linda; Filial ist Wegefarth. Die Collatur über Kirche und Schule zu Oberschöna steht dem Rittergutsbesitzer zu.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/096&oldid=- (Version vom 21.5.2017)