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Lehnsherrn über zwei hiesige Gärten ernannt wird. Die Kirche zu Naundorf ist 1783 neu erbaut worden. Sie steht fast in der Mitte des Dorfes nahe bei dem Albertschen Rittergute auf dem hohen Ufer der Bobritzsch und verbindet Einfachheit, Licht und Geräumigkeit mit geschmackvoller Bauart. Von den drei Glocken ist die grosse 1479, die mittle 1638 gegossen worden. Als Wohlthäter des Gotteshauses zeichneten sich aus Leberecht Patzig, Besitzer der Obermühle, welcher auf seine Kosten Kanzel und Altar errichten liess, Gottlob Wahl, der 1784 die Taufkanne, Salome Bernhardt, die 1785 die Taufschüssel, Rosine Heydin, die 1779 einen silbernen Hostienteller, Israel Heyde, der 1779 einen stark vergoldeten Kelch, der Rittergutsbesitzer Albert, welcher eine schwarze Kanzelbekleidung, sowie die Ortsjugend eine rothe Altarbekleidung anschafften. Zum Jubelfeste des Jahres 1830 schenkten die Herrschaften der Kirche eine schöne stark vergoldete Hostienschachtel und von der Gemeinde empfing sie eine vergoldete Weinkanne. Endlich hat sich um das Gotteshaus auch der Rittergutsbesitzer Hennig sehr verdient gemacht, indem er demselben 1827 eine vollständige blausammetne mit Silber gestickte Altarbekleidung nebst weissem Uebertuche, sowie 1830 eine blausammetne mit Silber verzierte Kanzelbekleidung verehrte.

Wenn man in den Kirchen der Städte und Dörfer häufig alte steinerne Denkmäler längst verstorbener Bürger, Geistlichen und Edelleute findet, so liegt der Grund darin, dass diese bevorzugten und bemittelten Stände damals eine solche Auszeichnung beanspruchten und es den Hinterlassenen zur Pflicht machten, ihre Andenken auf diese Art zu ehren; nimmer aber wurde ein gleicher Vorzug von den Landleuten beansprucht, die unter einem einfachen mit hölzernem Kreuze geschmückten Hügel vermoderten. Um so merkwürdiger ist daher auf hiesigem Friedhofe ein Leichenstein (der beim Neubau der Naundorfer Kirche, nur dadurch der Vernichtung entging, dass man ihn als Mauerstein benutzte) indem derselbe vor bald dreihundert Jahren einem Bauersmann errichtet wurde. Auf demselben befindet sich ein von vier kräftigen Pferden gezogener Frachtwagen, neben welchem der Verstorbene, die Peitsche schwingend, rüstig dahinschreitet, und darunter folgende Grabschrift: „Im Leben hatte ich an Fahren mein Vergnügen, und fuhr an diesen bald und bald an jenen Ort. Im Tode spantt ich aus, lüss alles Fahren liegen, und fuhr andern Seelen nach in sichern Himmels Port. Anno 1580 den 11. Tagk Aprillis um 6 Uhr Nachmittags den Montag nach Quasi modo Geniti ist der Ehrsame Melchor Heber in Gott selig entschlafen. D. G. G. Seines Alters 60 Jahre.“ Oberhalb des Leichensteins sind folgende Bemerkungen eingehauen: „Diesen Stein hat Georg Heber seinem Gross-Gross-Vater zum guten Andenken renoviren lassen den 10. July 1743. Diess Denkmal lüss bei dem neuen Kirchenbau seinem Ur-Ur-Grossvater zu Ehren abermal erneuern Karl Gottlob Heber 1783. –“

O. M.     




Druck von Sturm & Koppe (A. Dennhardt) in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/105&oldid=- (Version vom 21.5.2017)