Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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für viele Unglückliche, die vor den Schweden unter Wrangel geflüchtet waren. Für den ersten Augenblick entging es zwar einem Angriffe, allein auf der Rückkehr statteten die Schweden am 17. Januar einen Besuch ab, und steckten das obere Gebäude des Schlosses in Brand.
Während des siebenjährigen Krieges standen im Januar des Jahres 1760 die kaiserlichen Vorposten in Purschenstein und dessen nächster Umgegend, und spielten der bedrängten Besitzung arg mit; seitdem aber blieb Purschenstein von dergleichen ungebetenen und[WS 1] unwillkommenen Gästen verschont. Das Feuer jedoch suchte Purschenstein am 6. Januar 1841 heim; es brannten die Wirthschaftsgebäude nieder, die darauf durch schönere neue ersetzt wurden.
Der Besitzer von Purschenstein ist Collator der sämmtlichen Pfarr- und Schulstellen der Herrschaft, und zwar über beide Pfarrämter, das Rectorat und das Cantorat zu Sayda, über die Pfarrstellen zu Neuhausen, Cämmerswalde, Clausnitz und Deutschneudorf, über das neuere Diakonat zu Neuhausen und endlich über 9 Landschullehrerstellen. Sämmtliche Paroechien gehören zur Frauensteiner Adjunctur der Inspection Freiberg.
Der Ort Purschenstein besteht aus mehreren Häusergruppen‚ die an der Freibergisch-Böhmischen Strasse liegen und an einem kleinen Bache, dessen Thal ziemlich tief und in der untern Hälfte, d. h. gegen das Schloss zu, recht angenehm ist. Der Ort, dessen Bewohner keinen Hufenbesitz haben, ist gut gebaut und hat meistens grosse und nette Häuser. Seine Bewohner, die keine eigene Gemeinde bilden, halten sich zu der von Neuhausen, wohin sie auch zur Kirche gehen.
Geyer liegt in der Nähe einer nicht geringen Anzahl Städte (Thum, Ehrenfriedersdorf, Annaberg, Schlettau, Zwönitz u. s. w.) und einer an Dörfern armen, waldigen, rauhen und sehr coupirten Gebirgsgegend, an einem kleinen Bache, welcher der Geyerbach oder Mühlenbach genannt wird und westlich im Walde entspringt. Dem Bach trennt den Knochenberg, an welchen sich die obersten Häuser des Städtchens lehnen, vom Geyerschen Walde und speist dabei das, dreiachtel Stunde von hier entfernte‚ Vitriolwerk. Der Bach rinnt südöstlich durch die Stadt, bildet unter ihr einen hübschen, engen Waldgrund und mündet nach fünfviertelstündigem Laufe am oberen Ende von Tanneberg. Unter den nahen Bergen sind die bemerkenswerthesten die nördlich ansteigende Höhe des Freiwaldes mit dem Greifensteine, das Pochmännel, der Galgenberg, östlich der Schlegelsberg, der Geyersberg, südöstlich der Tanneberger Knochen‚ südlich der Siegerstein und die Fuchssteine und westlich der Petersknochen. Besonders interessant ist der Schlegelsberg[WS 2], der von mehreren Seiten sich kegelförmig erhebt, sehr hoch ist und einen mächtigen, schönbewaldeten Felsen trägt. Südlich verbindet sich mit der Stadt das Oertchen Siebenhöfe, welches sehr zerstreut liegt und wo sich die schöne, sogenannte Geyersche Spinnfabrik befindet. Der Geyersche Wald, (2250 Acker 61 □Ruthen)‚ der sich eine Viertelstunde vom Orte im Westen, am meisten aber in nordwestlicher Richtung, verbreitet, besteht nur aus Nadelholz. Fernsichten über die Umgegend hat man gegen Süden auf dem Roscherwalde und gegen Süd und Südost von einer Anhöhe am Geyersberge, die bis jetzt das sogenannte Schächerhäuslein trug, welches wahrscheinlich die Station eines ehemaligen Wallfahrtsortes bildete. Man erblickt hier ausser der Mildenauer, Annaberger und Bärensteiner Umgegend selbst einige böhmische Berggipfel. Ein herrlicher Punkt ist auch der romantisch gelegene Geyersberg mit seiner mächtigen, aus der Tiefe der Binge hervorragenden Felsengruppe.
In grauer Vorzeit, wo das Markgrafthum Meissen noch wenig Umfang hatte und die bedeutendsten Dynastieen ihr Besitzthum ziemlich willkührlich in unbebaute Distrikte hinausdehnten, vergrösserte auch die Familie Waldenburg ihr Gebiet nach dem oberen Erzgebirge hin, da die Entdeckung des Freiberger Bergsegens (1168) zu weiteren bergmännischen Nachforschungen in dieser Gegend Veranlassung gab. Unter den Ortschaften welche dadurch ihre Entstehung erlangten befand sich ohne Zweifel auch Geyer, obgleich die erste Urkunde, welche des damaligen Dorfes gedenkt, nur vom Jahre 1407 herrührt. Die Volkssage erzählt über Geyers Entstehung, ein hier horstender Geier habe auf dem Edelhofe zu Tanneberg soviel Federvieh getödtet, dass man auszog ihn zu erlegen, bei welcher Gelegenheit die Jäger zu Tage liegende Zinngraupen fanden und sich hier ansiedelten. Schon 1377 schlossen die Herren von Waldenburg zu Wolkenstein einen Vertrag mit dem Landesherrn über die Bergwerke zu Ehrenfriedersdorf und in einem ähnlichen Vertrage, dem schon genannten von 1407, behielten sie sich vor, dass eine halbe Meile von Ehrenfriedersdorf, Geyer (der gyer) und Thum kein Jahrmarkt gestattet werden solle. Im Jahre 1439 verpfändete Heinrich von Waldenburg dem Münzmeister Liborius Senfleben zu Freiberg, dessen Bruder Conraden und Stephan Glasbergern die Bergorte (Dörfer) Geyer, Thum und Ehrenfriedersdorf nebst Scharfenstein und dem Gebiete bis an die Grenzen von Schellenberg, Stollberg und Grünhain auf sechs Jahre für die Summe von 9240 Gulden, wobei der Kurfürst sich den völligen Ankauf vorbehielt, insofern die Einlösung in den nächsten fünf und einem halben Jahren nicht erfolgte, wir finden jedoch die genannten Orte schon 1443
Anmerkungen (Wikisource)
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/133&oldid=- (Version vom 11.6.2017)