Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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Unter den Einwohnern, ausser den Bergleuten, befinden sich hier auch viele Leinweber und Strumpfwirker.
Von Hilmersdorf kommt der beim Wolkensteiner Bade vorüberfliesende Bach herab, und treibt oberhalb desselben eine geringe Mahl- und Schneidemühle, sowie das Gezeug, welches das Badewasser aus dem Schachte hebt. Der Grund ist nicht tief und hat wegen des vielen Laubholzes und seiner Milde mehr einen nieder- als einen mittelgebirgischen Charakter. Früher wurde das Wolkensteiner Bad das sogenannte Marienbad „zu unsern lieben Frauen auf dem Sandberg“ Geringswalde genannt.
Bis zum Jahre 1542 war das Bad bei Wolkenstein erst herrschaftlich, dann landesherrlich.
Dasselbe soll schon im 14. Jahrhundert von denen von Waldenburg gegründet und seine Quelle in Folge des Erzschärfens entdeckt worden sein.
Nach einer blossen Hypothese dürften sie es „der Jungfrau Maria auf dem Sande“ deshalb geweihet haben, weil kurz zuvor im Jahr 1347 Kaiser Karl IV. das Carmeliterkloster „auf dem Sande“ vor dem Gallithore zu Prag hatte weihen lassen, wenigstens weiss man den Beisatz „auf dem Sande“ gar nicht zu erklären, da der Boden beim Bade keineswegs sandig, sondern vielmehr sumpfig war und zum Theil noch ist; denn dass in der Folgezeit die Gegend des Bades „auf dem Sande“ genannt wurde, scheint mehr durch dessen Namen erst veranlasst worden zu sein.
In einiger Entfernung von der Quelle baute man schon sehr frühzeitig eine Marienquelle und zwar von der Stadt gerade so weit, als nach den Berichten der Pilgrime, Jesus von des Pilatus Hause bis Golgatha zu gehen hatte. Diese Kirche stand auf der Höhe zwischen dem Bade und Geringswalde, war ansehnlich gewölbt und mit 7 hinzugepfarrten Dörfern begabt; in derselben pflegte man immer vor dem Baden eine Messe zu hören; bei derselben standen mehrere Wirthshäuser und noch zeigen sich von ihr und den Kellern, die dort mündeten, die Spuren.
Im Jahre 1671 brauchte die Kurfürstin Magdalena Sibylle dieses Bad, weshalb man ein neues Badehaus baute, das der Kurprinz Johann Georg selbst weihete und dabei dem Bade den Namen „zur Gnade Gottes“ gab, der sich jedoch bald wieder verloren hat.
Im Jahre 1791 baute man den hübschen Pavillon, welcher noch jetzt östlich beim Quellthurm steht. In gedachten Pavillon leitete man das Wasser aus einem Stolln, welches noch etwas wärmer als die allgemein gebrauchte Badequelle ist.
Am ähnlichsten ist das Wolkensteiner Wasser in seinen Bestandtheilen und Wirkungen dem der beiden Quellen zu Warmbrunn in Schlesien, welche jedoch bedeutend wärmer sind.
Das Wolkensteiner Wasser ist an sich lauwarm, genau so warm, als das des Wiesenbades, nämlich 23½ Grad und bedarf also nur noch geringer Erhitzung zur üblichen Badewärme. Es quillt dunkelgrünlich, wird aber hochgelb, wenn man es gemächlich verrauchen lässt.
Sein Geschmack ist, die Lauigkeit abgerechnet, so ganz angenehm, und es frisst merklich in die Haut ein.
Nach Wolkenstein ist auch Hilmersdorf wie das Bad, die Schmelzhütte, Wolfsberg, Hut, Kohlau, Geringswalde und Heinzbank eingepfarrt.
Diese Kirche war in den ältesten katholischen Zeiten dem Ritter St. Georg geweiht, dessen Bildniss mit dem Lindwurme noch jetzt über der kleinen Kirchthüre, am Glockenthurme zu sehen ist.
Die Einführung der Reformation geschah im hiesigen Kirchspiele im Jahre 1536 nach dem Willen Herzog Heinrich des Frommen durch redliche und gelehrte Männer, die von den Päbstlern aus Annaberg sehr angefeindet wurden.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/216&oldid=- (Version vom 3.6.2018)