Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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Jahre 1756 von Neuem bestätigt wurden. Nach diesen Reversen war Niederzwönitz frei von Schock-, Fleisch- und Tranksteuern, auch von Kriegskosten und Recrutirung. Der einzige Fall war ausgenommen, dass dann, wenn die Türken den deutschen Boden betreten sollten, und ein Contingent bestellt werden müsse, die Steuern zu entrichten seien.
Die Art und Weise der Entstehung des hiesigen Ritterguts befreite dasselbe auch von Bezahlung von Ritterpferdsgeldern.
Das von den Herren von Schönberg zuerst hier erbaute Schloss wurde im 30jährigen Kriege in Asche gelegt.
Das jetzige herrschaftliche Wohnhaus auf der Anhöhe nördlich nach dem unteren Theile des Dorfes ist neu, geräumig, massiv und mit Schieferbedachung versehen.
Die Wirthschaftsgebäude sind weitläuftig, schliessen einen grossen Hofraum ein, der ein Viereck bildet. Dabei befindet sich ein schön und zweckmässig eingerichteter Kuchengarten mit Obstbäumen.
Auf der Südseite nicht weit von der Kirche auf der Anhöhe befindet sich das seit dem Brande vom 21. April 1779 neu erbaute Wunnerlich’sche Gut, welches der jetzige Gerichtsherr, Herr Caspar August Ferdinand, Dam von Schönberg auf Thamenhayn, Gelenau u. s. w. erkauft und zum Sommeraufenthalt für die Familie bestimmt hat.
Ausserdem zeichnen sich noch im Orte aus das Erbgericht, die Pfarrwohnung, die neuerbaute Schulwohnung und die Ausel’sche Baumwollenspinnerei. Die hiesigen Mühlenbesitzer sind zugleich Brod- und Weissbäcker. Die 4 Sägemühlen des Dorfes und die Brettmühle am Haselbusche schneiden viel Bretter. Auch finden sich im Dorfe 4 Fleischbänke.
Die Einwohner treiben Acker-, Flachsbau und Viehzucht, Leinweberei, Strumpfwirkerei und Spitzenklöppeln.
Eine ansehnliche Torfgräberei liegt auf dem sogenannten Lehmbach an der Gayer’schen Grenze und auf der Forstwiese nach Stollberg, welche dem dasigen Rittergute zugehört.
Letzteres besitzt überhaupt ein bedeutendes Areal an Feldern, Wiesen und Wald, hatte früher Ober- und Untergerichte und übt jetzt noch das Patronatrecht über Kirche und Schule. Im Dorfe befinden sich zwei Kirchen.
Die Hauptkirche St. Johannis steht auf einer Anhöhe gegen Süden, inmitten des Gottesackers, der mit einer Mauer umgeben, die gegen Osten und Süden mit steinernen Platten belegt, aber gegen Westen mit Schindeln gedeckt ist. Ein Thor, vor welchem Stufen sich finden, führet zur Kirche.
Diese Kirche ist nach dem Brande 1779 neu erbaut und erst im Jahre 1789 wurde der Grundstein dazu gelegt.
Der Thurmbau wurde erst im Jahre 1820 in Angriff genommen und im Jahre 1821 bis auf geringe Kleinigkeiten vollendet.
Die zweite Kirche ist dem St. Blasius geweiht und steht in der Länge vom Morgen nach Abend in der Mitte eines Kirchhofs, auf welchem die Verstorbenen von der Wehrbrücke an beerdigt worden, der mit einer Mauer umgeben, in welcher ein gewölbtes Einlassthor ist. Die Kirche ist steinern mit Schieferdach im alten Styl, hat eine steinerne Vorhalle an der Mittagsseite, die zur Kirche führt und eine von Brettern angebaute Halle auf der Abendseite, welche zum Chor und Thurme leitet. Auf dem Kirchhause steht ein Sattelthurm, der mit der Kuppel 13 Ellen hoch ist.
In dieser Kirche wird jährlich 3 Mal Gottesdienst und Communion gehalten, und zwar am Sonntage nach Ostern, Pfingsten und Weihnachten, überdies Leichenpredigten und Abdankungen bei den Leichen, die auf diesen Gottesacker beerdigt werden. Ueber dem Haupteingange in der Kirche sind 5 Hufeisen auf eine blaue Tafel geschlagen, deren Bedeutung bis heute nicht entziffert ist.
Ortschaften sind in diese Kirchen nicht eingepfarrt.
In Niederzwönitz sind 2 Schulen, die Kirchen- oder Hauptschule und die Nebenschule im obern Theile der Gemeinde. An der Hauptschule ist ein Hilfslehrer angestellt, die Schuljugend ist in 3 Classen getheilt.
In der Hauptschule sind 170, in der Nebenschule 140 Kinder, im Ganzen 310 Kinder.
Die Schule obern Theils der Gemeinde wurde Ostern 1831 gegründet, ihr steht ein Lehrer vor.
Niederzwönitz war früher berühmter wegen der sogenannten guten Brunnen oder Gesundbrunnen zu St. Annen. Diese Mineralquellen, welche man ihrer Hauptingredienzien nach unter die Sauerwässer zu zählen hat, liegen nahe beisammen, westlich vom Dorfe nahe am Schönburgischen
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/231&oldid=- (Version vom 3.6.2018)