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Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV.djvu/299

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Niederrabenstein


mit den 2 eingepfarrten Dörfern Oberrabenstein und Rottluff, die an beiden Enden sich an das erstere anschliessen, liegt in einem sehr freundlichen und fruchtbaren Thale, welches sich mehr weit als tief, mit vielen Liebreiz von der 1 Stunde entfernten Stadt Chemnitz nach Westen hinzieht und von dem Rabensteiner Bache durchflossen wird. Der Name ist von der frühern alten Burg Stein zu entlehnen, nicht von der Ansiedelung der hiesigen Steinbrecher.

Nach der Zerstörung der alten Burg „Stein“ ist Niederrabenstein ein Vorwerk von der Herrschaft Rabenstein gewesen, mit welcher es an das Kloster bei Chemnitz kam.

Nach dessen Secularisation wurde es in ein Kammergut umgewandelt, bis es Churfürst Christian II. dem George von Carlowitz schenkte[WS 1], ein Geschenk, welches damals auf 4426 fl. geschätzt wurde.

Dieser Familie hat es lange gehört und manche Wohlthat für den Ort stammt von ihr.

Nach der Familie von Carlowitz kam es eine Zeit lang an das Geschlecht derer von Schönberg aus dem Hause Maxen. Von Anfang des 19. Jahrhunderts befand es sich in den Händen der Familien von Walther und von Mellenstein. Seit 1830 besitzt Herr Kaufmann Reinhold Esche in Limbach das Gut. Letztres zeichnet sich durch seine neuen, eben so grossartig als geschmackvoll und zweckmässig aufgeführten Wohn- und Wirthschaftsgebäude vortheilhaft aus und bietet die Herrschaftswohnung ein halb antikes ehrwürdiges Ansehen.

Die Oeconomie ist von grossem Umfange, Felder und Wiesen ergiebig und der bessern Bodenklasse angehörig verschafft dem Gute einen reichlichen Ertrag. Noch mehr Vortheile gewähren die dazu gehörigen Steinbrüche und die grosse Kalkbrennerei. Seit dem Jahre 1818 gehören auch zwei grosse Teiche zum Gute die früher königlich waren.

Der freundliche, wie in einem Garten gelegene und an ansehnlichen Gebäuden reiche Ort zählt 1477 Einwohner in 19 Gütern, 30 Gärten und 90 Häusern und in 2 Mühlen, von welchen die eine in der Mitte des Dorfes liegt, die andere am Onkritzbache.

Die Einwohner nähren sich grösstentheils von Strumpfwirkerei, doch gewähren auch die hiesigen Kalkbrüche mit den dazu gehörigen Kalköfen denn Orte viel Nahrung.

Im Dorfe selbst wohnen viele Factors, welche nach Chemnitz die gearbeiteten Waaren liefern.

Mit Niederrabenstein hängt nach Westen hin Oberrabenstein zusammen. Es liegt am Ende des oben beschriebenen Thals, welches hier seine Naturschönheiten concentrirt. Dieser Ort ist der alte Stammsitz der Herrschaft Rabenstein, von welchem der noch wohlerhaltene Thurm als Zeuge lang vergangener Zeiten dasteht, umrankt von dem Winter- und Sommergrünenden Epheu, welches ihn noch den späteren Geschlechtern zusammen bewahren zu wollen scheint. Rabenstein ist der spätere Name und bedeutet so viel wie Grafenstein.

Südlich von Rottluff und mit demselben Dorfe paralell geht der noch jetzt sogenannte Pfaffensteg von Chemnitz nach Niederrabenstein, auf welchem der Geistliche vom Kloster bei Chemnitz nach der Capelle zum Stein sich begab, um daselbst die Messe zu lesen.

     Erzgebirgischer Kreis, 25. Heft, od. 123. d. g. Folge.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: sehenkte
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/299&oldid=- (Version vom 17.8.2017)