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Eine seiner schönsten Zierden, den ältesten Zeugen der vergangenen Tage, hatte das Schloss Waldenburg schon im Jahre 1839 verloren, eine riesige Eiche, hart an der Westseite des Schlosses, welche an einem ganz windstillen Maitage, unberührt von der Axt und nur der Last ihrer Jahre und ihrer eignen Schwere erliegend, darnieder sank.

Damals ahnete man nicht, dass durch blinde Aufregung 9 Jahre darauf das Schloss selbst zerstört werden würde.

In die ganze Erhebung des Volks, im Jahre 1848, zieht diese Zerstörung wie ein schwarzer Faden sich hindurch, und unsere Nachkommen werden es nicht glauben wollen, wie unter den Augen der herbeigezogenen Civil- und Militairgewalt so Etwas geschehen konnte. Schwer wird es heute noch auf den Gewissen derer lasten, welche ein so grobes Verbrechen verübten und das Schloss in Brand steckten.

Der Fürst Waldenburgs hatte ein solches ihm zugefügtes Leid nicht verdient, und sein Entschluss war bald gefasst, das Schloss in Waldenburg in Trümmern liegen zu lassen.

Doch bald wurde der hohe Herr mit Bitten bestürmt, Allen nicht entgelten zu lassen, was nur Wenige verbrochen hatten und von dem vernünftigeren Theil der Bevölkerung nicht gebilligt worden war, und so liess sich der Fürst bewegen, ein neues Schloss auf den Trümmern des abgebrannten entstehen zu lassen, welches wir jetzt in der Abbildung erblicken, und schöner und grösser als das alte hinaus in die Mulde schaut, umgürtet von grünen Terrassen, dichten Blumengruppen und freundlichen Gartenanlagen, in welchen der Beschauer vielleicht, wenn das Glück ihm wohl will, die fürstliche Gebieterin des Schlosses im Kreise ihrer Familie mit Freundlichkeit und Würde lustwandeln sieht.

Hinter dem Schlosse blicken die Wirthschaftsgebäude, der Reitstall, und weiterhin das Amthaus durch die Bäume hindurch.

Das Schloss liegt am linken Ufer der Mulde, und zwar im Vordergrunde und nach dem Thale absteigend, während an den obern Ende der Stadt in angemessener Würde, wie eine ernste Wächterin die Kirche sich erhebt, und ihr zur Linken der Rathhausthurm.

Dagegen ist das rechte Ufer mit Bergen von Nadelholz eingefasst. Den Vordergrund nimmt hier das ziemlich ausgedehnte Altstadt-Waldenburg ein, dessen ansehnliche Kirche dem Thal zu nicht geringer Zierde gereicht.

Die Rauchwolken, welche sich von Zeit zu Zeit über diesen Ort erheben, zeigen uns an, womit man sich vorzugsweise beschäftigt: Sie entsteigen den Brennöfen der Töpfer, welche den Hauptstamm der dasigen Bevölkerung ausmachen, und das beliebte braune Geschirre, Flaschen, Apothekergefässe, thönerne Pfeifen und Oefen in Kacheln und Aufsätzen liefern.

Hinter Altstadt mündet sich ein enges Seitenthal in das Hauptthal, worinnen das Dorf Oberwinkel, und der von dem Vater des gegenwärtigen Fürsten angelegte englische Park Greenfield sich befindet. Eine Eichenallee führt dorthin, und Keiner, der in dieses Thal kommt, möge hier vorübergehen. Unter den vielen schönen Puncten zeichnet sich das von der Fürstin Henriette von Schönberg erbaute, und mit fürstlicher Pracht und im edlen Styl ausgeführte, zum Begräbnissplatz der Aeltern bestimmte Mausoleum aus. Eine eigenthümlich schöne Aussicht belohnt noch überdem die Mühe des Steigens.

Waldenburg liegt zwar an keiner Hauptstrasse; es hat sich jedoch immer eines nicht ganz unbedeutenden Verkehrs zu erfreuen, und gilt namentlich als der Mittelpunct des Getreidehandels zwischen dem Gebirge und dem fruchtbaren Altenburger Lande. Ausser den gewöhnlichen bürgerlichen Gewerben wird vorzugsweise die Weberei von baumwollenen, besonders aber wollenen und halbwollenen Zeugen, die Strumpfweberei, und zum Theil auch noch die Posamentirerei betrieben, namentlich hören wir, wenn wir uns in die ärmeren Stadtheile wenden, fast aus allen Häusern das Klappern des Webstuhls oder das Schnurren des Strumpfwirkerstuhles.

Die Stadt ist auf dem Abhange des linken Muldenufers erbaut, und nur ein Thal derselben, die Mittelstadt genannt, zieht sich den Berg hinunter bis an den Fluss, der durch einen Mühlgraben mehrere Mühlenwerke treibt.

Diese Lage ist die Ursache von den meist schrägen Strassen.

Einige Reihen neuer schöner Häusser am Markte lassen am Ende schnell den Stadttheil erkennen, welcher durch den letzten grossen Brand verheert wurde.

Von andern öffentlichen Gebäuden verdient die Kirche einer Erwähnung. Sie ist gegenwärtig das Muster einer edlen Einfachheit, und besitzt ein Gewölbe, welches durch Schönheit und acustische Bauart dem Erbauer, einem (aus Strassburg gebürtigen) Steinmetzen aus Rochlitz, alle Ehre macht.

Waldenburg liegt unter dew 50° 52′ n. B., und 30° 15′ östl. L., gegen 2 Stunden oberhalb Glauchau, und gegen 8 Stunden unterhalb Penig.

Es zählt 290 Häuser und 3100 Einwohner, ungerechnet die angelegenen Ortschaften Altwaldenburg und Eichleite, mit welchen es eine Kirch- und Schulgemeinde bildet.

M. G.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/318&oldid=- (Version vom 17.8.2017)