Unterneundorf liegt 3/4 Stunde von Plauen, 1/4 Stunde von dem Dorfe Oberneundorf, und eine kleine halbe Stunde von dem schön an der Elster gelegenen zum Rittergute Unterneundorf als Vorwerk gehörigen Strassberg entfernt.
Unterneundorf gehörte ums Jahr 935, wo solches schon von den Sorben-Wenden erbaut worden ist, dem Grafen Bruno von Eberstein, welcher als Graf und Richter vom Kaiser Heinrich, dem Finkler über den Gau Dobenau, wozu Plauen und Neundorf gehörte, gesetzt war. Dann wurde Neundorf einer Familie verliehen, die nach dem Orte sich nannte, die Familie von Neundorf. Ein Marquard von Neundorf war der letzte Erb-, Lehn- und Gerichtsherr von dieser Familie auf Neundorf, welche nicht mit dem Geschlecht derer von Naundorf verwechselt werden darf. Die Herren von Neundorf sind ausgestorben, wogegen das Adelsgeschlecht derer von Naundorf noch exestirt. Von dem Geschlechte derer von Neundorf ist Neundorf an die Familie von Reibold gekommen, die lange Zeiten hindurch im Besitze dieses Gutes sich behauptet haben, und zwar vom 15ten Jahrhundert bis zum Anfange des 18ten Jahrhunderts. Zu Ende des 15ten Jahrhunderts lebte der Ahnherr dieser Familie, Philipp von Reibold auf Rössnitz und Neundorf. Der Stifter der Plauischen Kirchenbibliothek, die jetzt mit der dortigen Schulbibliothek vereinigt ist. Einer seiner Nachkommen Hans von Reibold, Burggräflicher Landrentmeister liess in der Mitte des 16ten Jahrhunderts ein neues grosses Schloss mit vielen Thürmen, welches zum Theil jetzt noch steht, zu Neundorf erbauen. Er selbst hatte das traurige Geschick, durch ein in seinem Wohnzimmer des Nachts entstandenes Feuer im Jahre 1571 zu verbrennen. Auf ihn folgte Joachim von Reibold, welcher auch Netzschkau, Sachsgrün, Ebmath, Haselbrunn, Rösnitz, Polenz, Gutenfürst, Kloschwitz und Thannhof besass. Dann wurde Johann Joachim von Reibold, Kammerjunker zu Bayreuth damit beliehen, welcher bis in die Mitte des 17ten Jahrhunderts lebte, dem Adolph Haubold von Reibold, Churfl. Sächs. Rittmeister succedirte, welchem auch Haselbrunn und Petershof gehörte. Dann übernahm der Hofmarschall Philipp Ferdinand von Reibold zu Ende des 17ten und Anfang des 18ten Jahrhunderts das Gut, von welchem es nach dessen im Jahre 1712 erfolgten Ableben an seine hinterlassene Wittwe Anna Barbare Dorothea von Reibold geh. Gräfin von Stubenberg überging.
Von dieser Zeit an blieb der Besitz von Neundorf nicht mehr bei der Reiboldschen Familie. Vielmehr acquirirte es im Jahre 1721 Wilhelm August Graf von Stubenberg, ein Bruder der vorgenannten Wittwe, von welchem es im Jahre 1772 Frau Henriette Wilhelmine verehel. Gräfin von Geiersberg übernahm. Dann acquirirte es im Jahre 1780 der Obermarschall Graf von Röder, ein wichtiges und damals sehr blühendes Geschlecht im Voigtlande, welches seinen Ursprung von den alten Rederwenden und seinen Namen von der alten von dem Markgrafen von Brandenburg Gerro im Jahre 957 zerstörten Stadt Rethre, Rethra oder Rade in der Uckermark herleitet. Der Graf von Röder verkaufte aber schon im Jahre 1788 das Gut an den Kaufmann Emmanuel Haussner in Plauen, eine reiche und weitverzweigte Familie, deren einzelne Glieder sich um Plauen sehr verdient gemacht haben. Viele unserer Album-Leser werden bei Nennung dieses Namens vielleicht an ihre schön verlebte Jugend in dem von Neundorf nicht weit entlegenen Institute des Pastor Grundmann erinnert, dessen Wittwe eine geborne Haussner ist.
Im Jahre 1792 übernahm Neundorf Johann Friedrich Haussner, der Sohn des Emmanuel Haussner. Dann wurde Neundorf öffentlich verkauft, und im Jahre 1805 erstand es Johann Gottlieb Seidel auf Bösenbrunn.
Voigtländischer Kreis, 13tes Heft, oder 76stes Heft d. g. Folge.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/148&oldid=- (Version vom 7.1.2017)