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oder Kuhhäusser, 1 Schmiede und 46 kleinere Häuser, inclusive der dazu gehörigen Anbauten

a) am Christgrüner Bache mit der Keppermühle,
b) bei der herrschaftlichen Schäferei,
c) bei der Renschmühle mit derselben,
d) bei Neudörfel mit dem Posthäuschen und
e) bei der Ziegelhütte.

Eine Viertelstunde unterhalb Ruppertsgrün liegt auf freundlicher Höhe des nahen schönen Elsterthales „das Steinigt“, welches durch seine romantischen Felsenparthieen im Sommer Hunderte von Fremden, selbst aus weiter Ferne, anzieht und unter dem Namen der Voigtländischen Schweiz hier vorkommt.

Ruppertsgrün ist geschichtlich merkwürdig geworden im 30jährigen Kriege durch den Besuch des General Salis mit 7 bis 8 Regimentern, welche im grossen räumlichen Schlosse und in der Kirche einquartiert und von 12 schwedischen Regimentern hier eingeholt wurden, weshalb es zu einem kleinen Treffen kam, in welchem der General Salis sich ergeben musste. Schiller in seinem 30jährigen Kriege Bd. II. p. 309 erwähnt dieses Vorfalls auf folgende Weise: „Nachdem Banner den kaiserlichen General Salis bei Elsterberg geschlagen, die Sächsische Armee bei Chemnitz zu Grunde gerichtet und Pirna erobert hatte, drang er in Böhmen ein.“

Im Jahre 1640, wo Banner vom Erzherzog Leopold, Bruder des Kaisers, wieder aus Böhmen verdrängt, bei Plauen geschlagen worden war, kamen wieder Schwedische Regimenter nach Ruppertsgrün, welche hier die schrecklichsten Greuelthaten an Menschen verübten, und das grösste Unglück durch Brandstiftung an Wohnungen und Wirthschaftsgebäuden über den Ort hereinbrachten. Die einzelnen Scenen zu schildern, die hier vorgefallen sind und an das Unglaubliche grenzen, würde zu weit führen, vielleicht auch zu gehässig erscheinen, weshalb man lieber mit Stillschweigen darüber hinweggehen und sich zu einer angenehmern Begebenheit wenden will, wodurch Ruppertsgrün auch historisches Interesse erweckt:

Es ist dies der bekannte Besuch, den Friedrich August I., König von Polen oder Churfürst August der Starke auf einer Reise über Reichenbach, von da aus allein zu Ross, der Schwester des erwähnten Herrn Gottlob Christian von Döhlau, Elisabethen Polianen verwittw. von Dieskau, einer berühmten Schönheit, die früher am Dresdner Hofe lebte, und viel Epoche machte, ums Jahr 1725 auf dem Schlosse zu Ruppertsgrün, wo sie sich damals bei ihrem Bruder aufhielt, im tiefsten Incognito zu machen geruhte. Dieser Besuch ist oft von der Döhlauschen Familie verwandten Personen in spätere Jahren erwähnt und mit Entzücken besprochen worden. Schreiber dieser Zeilen hat die Begebenheit selbst aus dem Munde eines Anverwandten der Familie in jüngern Jahren in lebhaften Schilderungen mitgetheilt erhalten und ihm ist solche unvergesslich geblieben. An diesen Besuch knüpft sich noch eine Sage, die in dem Munde der hiesigen Bewohner und der Umgegend sich glaubwürdig bis auf den heutigen Tag erhalten hat.

August den Starken soll kurz vor Ruppertsgrün ein auf der Weide befindlicher Stier ins Auge gefasst, mit wüthenden Sprüngen auf den Reiter zugeeilt sein und Miene gemacht haben, sein Ross zu spiessen. Der König, dies bemerkend, soll mit seinem Schwerte über den Kopf des Stiers einen kräftigen Schlag geführt und solchen sofort zu Boden gestreckt haben. Der Hirt der in der Nähe weidenden Rindviehheerde habe hiervon Kunde in das Dorf gebracht, und alle Bauern seien dem Reiter entgegen gezogen, um über denselben das Standrecht zu üben: Der König, die Gefahr wohl überschauend, in welcher er sich befinde, habe seinen Reiserock geöffnet und auf seinen Stern gezeigt, worauf alsbald die Bauern ihren König erkannt und ehrfurchtsvoll zurückgewichen seien.

Auch der verstorbene König Friedrich August besuchte als Prinz-Mitregent bei seiner Rückkehr aus Franzensbrunn am 19. Juli 1832 die hiesige Gegend und ging von da zu Fuss zur Ruine Liebau, durch die sogenannte Voigtländische Schweiz bis zur Franzmühle, von wo aus Dieselben ihre Reise zu Wagen nach Elsterburg weiter fortsetzten.

Dem jedesmaligen Besitzer von Ruppertsgrün steht das Collaturrecht über dasige Kirche und Schule zu.

In den frühesten Zeiten gehörte Ruppertsgrün zur Kirche zu Elsterberg und ein Diaconus vom letzteren Orte hat blos in der herrschaftlichen Capelle früher zu gewissen Zeiten den Gottesdienst mit verrichtet.

Im Jahre 1472 wurde die hiesige Kirche als eine Filia, von der Mutterkirche zu Elsterberg separirt und mit einer besonders von einem

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/224&oldid=- (Version vom 7.1.2017)