Der Auftrag zur Prüfung desselben kam Leisnern von der Sachsen-Altenburgischen Herzogin Magdalena Sibylla, Schwester des Kurfürsten Johann Georg II. und zwar durch deren Leibarzt Dr. Glass. Es erhellt, da die Herzogin am 6. Januar 1668 gestorben, hierbei von selbst, dass Leisner, der in seinem Büchlein ihrer noch wie lebend erwähnt, dieses lang vor dem Abdrucke verfasst haben müsse.
Da nun Leisners Werkchen nur noch in 3 Exemplaren vorhanden sein soll, und doch „sehr curieux zu lesen“ ist, so wird man einigen daraus hier ein Plätzchen gönnen. Leisner fand im Wasser einen Eisenschlich, Vitriol, ein ganz süsses volatilisches und ein fixes krystallinisches Salz. Das Eisen erscheine ganz wie beim Egerischen Sauerling (dem jetzigen Franzensbrunnen). Die angenehme Schärfe des Wassers beweise den Vitriolgehalt. Das volatilische Salz sei das „grösseste Geheimniss in der Natur“, und heisse in Hauptmanns Wolkensteinischem Wasserschatze emetisches oder Natur-Salz, das krystallinische hingegen Erd- oder Centralsalz. Das volatilische sei jedoch mehr ein Spiritus, als ein Corporalsalz, und habe seinen Ursprung von Sonne, Mond und Sternen; es beherrsche den ganzen Luftkreis, und sei daher in seinem Anfange aërisch und unsichtbar, aber in allen Ecken und Winkeln der Welt zu finden etc. Kurz, wir finden hier, ohne den Namen, eine der frühesten Erwähnung der Kohlensäure. Man nenne es auch den Spiritus mundi universalis. Den Gegensatz dazu bilde das Erdsalz; beide vereint aber, wie in Elster, ergäben das „harmonische“ Salz. (Möge dieses dem so trefflich gedeihenden Heilorte immer bleiben!) Nun nennt Leisner auch als den ersten wahren Erforscher der Mineralwässer (hinsichtlich des Herganges ihrer Mineralisirung) den Heinrich v. Rochas, Generalbergverwalter Heinrichs IV. von Frankreich, der desshalb sogar habe Berge durchgraben lassen. Doch Leisnern noch weiter zu folgen, könnte leicht auch zu weit führen.
Trotz Leisner’s ernstlichen Bemühungen konnte Elster doch nicht mit Schlad (wie man damals die Egerischen Quellen oder das heutige Franzensbad nach dem nächsten Dorfe nannte) wetteifern; es ging so völlig ein, dass die so wichtigen dortigen Mineralquellen dem grössern Publicum ganz fremd wurden. Engelhardts Geographie nennt den Ort Elster gar nicht, und Leonhardi erwähnt dabei mindestens nicht der Quellen. Ja selbst das, was der Berghauptmann Freiesleben 1839 im 10. Hefte seines oryktographischen Magazines S. 112 und 113 über Elster beigebracht, ist höchst dürftig, und giebt nicht einmal Lampadius’ Befund, bemerkt aber den Tonschiefer als hiesige Gebirgsart. (Auch fehlt daselbst Schwarzbrunn, dessen Namen auf einer Mineralquelle beruhen soll, und Erlbachs Salzquelle ist kaum erwähnt.) Der erste Aufsatz, der die Elsterischen Sauerquellen wieder anführte, ist der vom Schreiber dieses 1822 für das Lexikon von Sachsen gefertigte Artikel „Sachsen, das Königreich“, welcher überhaupt seit des Landes leidiger Zerreissung dessen erste geographisch-statistische Darstellung wieder ist. (Man sehe das Lex., Bd. 9, S. 667.) Sechs Jahre später gab ich ein Mehreres über die Quellen in meinen Supplementen zum Lexikon (s. Bd. 15, S. 605), habe auch um jene Zeit deren Benutzung in mehreren Aufsätzen, z. E. in der Abendzeitung, dringend empfohlen, jedoch bei meiner (namentlich 1858 mir klar gemachten) Unbedeutendheit natürlich ohne allen Erfolg, den dagegen Dr. Flechsigs mit neuer Prüfung des Wassers unterstützte Empfehlung gewann. Nach jener enthalten die im Album unter Nr. 1 bis 5 aufgeführten Brunnen von 4,661 bis zu 48,851 Gran Glaubersalz, von 282 bis 350 ‰ eines Grans Eisenoxyduls, und von 163/5 bis zu 282/5 Cubikzoll freier Kohlensäure im Apothekerpfunde Wassers. Dagegen geht nach Tromsdorf und Berzelius in den 5 älteren Franzensbader Quellen das Glaubersalz von 21,116 bis zu 26,92 Gran, das Eisenoxydul von 70 bis zu 328 ‰ eines Grans, die Kohlensäure von 268/9 bis zu 401/20 Cubikzoll. Demnach sind die zu Elster aus Glimmerschiefer (nicht aus Thonschiefer) brechenden Quellen reicher an Eisen- und Salzgehalt, aber ärmer an Kohlensäure, als die Schlader oder Franzensbader, mit denen man sie, als ebenfalls alkalisch-salinisches Eisenwasser, gern vergleicht. – Eine höchst genaue Prüfung nahm 1845 Professor Werner vor, und fand in 10 Millionen Gewichtstheilen Wassers aus dem Neu- oder Königsbrunnen 36010 Gewichtstheile schwefelsauern Natrons, 15681 Chlornatrion, 4979 kohlensaures Natron, 41 kohlensaures Lithion, 1910 kohlensauren strontianhaltigen Kalk, 950 kohlensaure Kalkerde, 440 kohlensaures Eisenoxydul, 13 Theile Manganoxydul, 41 basisch-phosphorsauern Kalk, 15 dergleichen Thonerde, 640 Theile Kieselerde, 14762 Theile oder 289300 Cubikzoll freier Kohlensäure, auch Spuren von Brom, Kieselfluorcalcium, Quellsäure, Quellsalzsäure und Kali. Er prüfte auch eben so genau das Wasser des etwas eisenreichern, besonders aber viel natronreichern Augustusbrunnens und der Augenquelle, dafür wir jedoch hier den Raum sparen. Aus allen drei Quellen hat das Wasser 8 Grad R. Wärme, und das Gewicht übertrifft nach Werner jenes des destillirten Wassers beim Neubrunnen um 485, beim Augustusbrunnen oder der Salzquelle um 368, bei der Augenquelle um 412 Hunderttausendtheilchen. Diese 3 Brunnen liegen nahe beisammen am Brunnen- (sonst Galgen-)Berge. Den Augustusbrunnen, womit die Augenquelle verbunden worden, nennt man auch die Trinkquelle oder den Marienbrunnen, den Neubrunnen auch Sprudel, Königsbrunnen, Gasquelle. Man entdeckte letztern 1839 im Flussbette, wesshalb man nun der Elster einen etwas veränderten Lauf gab.
Eine schon 1835 unterm Adorfer Bürgermeister Todt zusammengetretene Actiengesellschaft für Benutzung der Quellen, die Anfangs bis zu 36000, 1848 aber bis zu 60000 Thlr. aufzuwenden beschloss, kaufte 1846 die die Brunnen umgebenden Grundstücke, wurde von Regierung und Ständen unterstützt, und liess nun den damaligen Koboltinspector Schmiedel, jetzt Bergmeister zu Zauckerode, die Grabung und Fassung der Quellen besorgen. Nun zog auch Dr. Flechsig aus Oelsnitz als Badearzt hierher. Ein interimistisches Badehaus mit nur 7 Clausets wurde noch 1846 vollendet, und erhielt zur Wassererwärmung einen Dampfapparat von R. Hartmann in Chemnitz. 1847 fasste man 6 schwache Quelladern zu einem Ausguss zusammen, legte eine Wandelbahn an (welche eine recht anmuthige Thalsicht gewährt) und bereitete die Moorschlammbenutzung vor. In dieser Zeit machte auch Professor Kersten die Ansicht geltend, die Schiffner schon früher in seinen Schriften geäussert: dass die Elsterischen und Schladischen Quellen nur Ausflüsse eines und desselben Reservoirs im Gebirgs-Innern seien. 1847 kam auch noch ein Kunstgezeug zur Hebung des Badwassers zustande, und man schied das wilde Wasser glücklich ab, worauf man des guten täglich g. 80000 Kannen hatte; hierzu kam noch die alte Bad- oder Moritzquelle. Ein Unfall traf 1859 am 26 August: ein Wolkenbruch, der viele Gäste verscheuchte. Denn auch die hörenswerthen Concerte der trefflichen Geiger Christoph und Arno Hilf, Schüler Davids in Leipzig, von denen ersterer eben jetzt die Musikdirection auf der Brühl’schen Terrasse in Dresden übernimmt, konnten die ängstlichen Gäste nicht halten. Diese Concerte am Brunnen geschehen täglich früh und wöchentlich 3mal auch Nachmittags. – 1847 senkte man auch für den Hauptbrunnen einen 22 Ellen tiefen Schacht, mit 2 Streken begabt, hinab, und gewann seitdem täglich Wassers genug für 600 Bäder. Dieses prüfte auch 1848 Dr. Flechsig wieder sehr genau, und fand im Pfunde gegen 655/3 gran fixer Bestandtheile, nämlich für 100000 Pf. Wassers 3622821 Gran Glaubersalz, 113255 Gran Kochsalz, 29342 Gran Chlorkalium, 1072757 Gran Sodasalz, 52125 Gran kohlensauern Lithions, 257216 Gran kohlensauern Kalks, 260156 Gran kohlensaurer Bittererde, 14704 Gran kohlensauern Manganoxyduls, 46783 Gr. Spatheisen, 48315 Gran Kieselsäure. Der Lithiongehalt, mit welchem Elster Eger aussticht, gilt für besonders heilsam. Die Fassung ist so sicher, dass sie hierin keiner andern auf Erden nachsteht. Den Schwefelbrunnen hat man damals verschüttet, die uralte Moritzquelle aber durch tieferes Bohren 1855 sehr wasserreich gemacht.
Die feierliche Weihe der Anstalt geschah am 25. Juni 1848, in welchem Jahre man auch das blos budenähnliche alte Badhaus abtrug. Die alljährliche Eröffnung des Bades setzte man aber auch in die Mitte des Maies. Im nächsten Jahre, wo für arme Badgaste die Johannastiftung zu Stande kam, waren schon zu gleicher Zeit 160 Genesung Suchende hier; überhaupt aber erschien 326, und in den folgenden Jahren resp. 378, 404, 599, 760, g. 809 im J. 1854, wobei 142 Dresdener, 120 Leipziger, 1 Norweger, 2 Russen, 1 Nordamerikaner, überhaupt 145 Nichtsachsen; 1856 gab es 940, 1857 1158, 1858 zwar nur 1156 Gäste, welche Zahl aber bei damaliger Abnahme in allen Bädern als starker Zuwachs gelten musste. 1859 kamen in 785 Parteien 1001 Brunnengäste hierher, und haben mehr als 25000 Bäder genommen. Darunter waren sonderbarerweise nur 8 reussische, aber 204 preussische und 8 russische Unterthanen. Das Augustusstift nahm 59 Arme auf. Das Johannistift reicht Hilfe nur in Geld. 1857 waren darunter 19 Nichtdeutsche und es wurden unter 25333 Bädern 3229 Moorschlammbäder genommen, sowie 1858 unter 27021 sogar 3597. – Doch zurück zu des Bades Geschichte!
Im Jahre 1850 verlegte man das Flussbette, und 1851 entdeckte man im vorigen Bette die Salzquelle (s. das Album), brachte auch das schöne Badhaus mit dem Cursaal und grossartiger Restauration zu Stande. Damals stiftete auch der Geheimregierungsrath und Amtshauptmann Dr. Braun eine zweite Anstalt für arme Brunnengäste (wozu er selbst 2100 Thlr. beitrug) unter dem Namen der Augustusstiftung, bei welcher 1854 die Regierung 2 Alumnate übernahm. Das Badhaus erhielt 28 Clausets mit 12 Wannen, 12 Clausets für Moorbäder, und eine Douche; später hat man die Zahl der Clausets auf 50 gebracht.
Nachdem nun die Regierung das Ganze übernommen, erfolgten zu möglichster Hebung der so wohl gedeihenden Anstalt seiten der Stände immer stärkere Verwilligungen, und im Mai 1852 wurde die „königliche Badeinspection“ eröffnet, sowie für die Saison eine Poststelle. Damals zählte man gegen 200 Fremdenzimmer in den – theilweis erst hierzu und meist recht geschmackvoll gebauten – Privathäusern. Die Curtaxe und die Bäderbezahlung halten einen billigen Mittelpreis ein. Von den 4 Gasthäusern galt damals der Wettiner Hof für das wichtigste. Viele der Privathauser tragen, nach löblicher Weise älterer Bäder, gleichfalls Eigennamen, z. E. der Apollo (mit 20 Fremdenzimmern), die Morgenröthe, das Bergschlösschen (dessen Restauration eine treffliche Aussicht gewährt,) das dem Badeplatz gegenüber stehende Schweizerhaus, die Jahreszeiten etc. Dank verdient die Fürsorge, welche auch der Gutsherr Schmidt (s. ob.) dem Bade stets gewährt hat. Sein Herr Genoss Brunner nahm die Badhauswirthschaft in Pacht, und erweiterte sie. Bis zu Anfang des J. 1855 hatte die Regierung auf Elster 94369 Thlr. verwendet, und von den noch begehrten 38500 Thlr. bewilligten die Stände 22000 Thlr. Man beabsichtigte namentlich die nun vollendete zweite Colonnade (bei der Salzquelle) mit Verkaufhallen und des Badehauses Erweiterung. Auch machte man schöne Punkte in der Umgegend zugänglicher, z. B. die Schwedenschanze mit trefflicher Aussicht. Auch besteht ein Actienverein zur Verschönerung der Umgegend mit Comités in Dresden und Leipzigs, und 1855 bildete sich hier eine geschlossene Gesellschaft, deren Name Hialari sogleich zeigt, dass sie die Steifheit der Classicität ausschliesst. Auch wurde 1855 eine wohlthätige Speiseanstalt eröffnet. Bei der Braun’schen Stiftung (s. ob.) gebüren hinsichtlich der Collatur 8 Freistellen dem hochverdienten Stifter selbst, 2 dem Ministerium des Innern, 2 der Orts-Herrschaft, 1 dem Plauischen und 1 dem Adorfer Stadtrathe. 1856 beherbergte sie
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/327&oldid=- (Version vom 7.1.2017)