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ist vor allem den veränderten Kunstanschauungen der Zeit zuzuschreiben. Der Klassizismus herrschte übermächtig. Schmidt und der Rat standen noch zum Barock. Gegen die Barockformen, gegen das stilistisch Wandelbare entbrannte der Kampf. Schmidts Eigenart in der Raumbildung und Massengestaltung und sein Innensystem ließen sich nicht in klassizistische Formen umpressen. Für sie fehlte der klassische Beleg in der alten Kunst, so mußten sie fallen.

Das Barock ermöglichte schöpferische Weiterbildung, wie sie der wenig entwickelte protestantische Kirchenbau brauchte. Dem Klassizismus mangelte das Verständnis für dessen Eigenart. Er kannte nicht den gesunden Grundsatz jeder lebensfrischen Epoche, daß die wichtigste Grundlage der Schönheit eines Gebäudes die Erfüllung des mit ihm verbundenen Zweckes sein muß.

Dresden verdankt der protestantische Kirchenbau neben einer Anzahl wertvoller Bautypen sein wichtigstes Werk, ein Werk, das zu den besten der deutschen Baukunst überhaupt gehört. In Dresden muß er auch zuerst die Macht des Feindes empfinden, der dann das ganze 19. Jahrhundert hindurch seine Weiterentwicklung hemmte, des Feindes, der den Stil über den Zweck stellt, das Kennertum über das Künstlertum, die Autorität über die Individualität.

Die Geschichte des Frauenkirchenbaues, die schließlich doch eine erfreuliche ist, hat ihre ausführ­liche Darstellung gefunden. Eine solche vom Kreuzkirchenbau, die bisher fehlte, soll im folgenden versucht werden. Sie ist leider recht unerfreulich. Unerfreulich ist das Endergebnis, unerfreulich die Kampfesart des Hauptgegners, am unerfreulichsten die Erkenntnis, daß die Kunstanschauung einer Zeit bei aller Ehrlichkeit doch, wenn sie auf ungesunder Grundlage ruht, großen Schaden stiften kann.


Quellen.

In der Literatur sind die baugeschichtlichen Angaben über die Kreuzkirche fast durchgängig falsch oder schief, zumal die Denkschrift im Turmknopf von 1788 (abschriftlich im Ratsarchiv) viele Irrtümer enthält. Nur der wenig bekannte und benutzte Aufsatz „Die Geschichte des Baues der Kreuzkirche“ von Schumann (Dresdner Anzeiger 1882, Nr. 101 und 105) ist in den Hauptpunkten richtig. Vor­liegende Darstellung mußte sich außer auf eingehendes Studium der noch vorhandenen Pläne auch auf Verarbeitung der erhaltenen Akten gründen.

Das Aktenmaterial über den Kirchenbau ist sehr umfangreich. In der Bauzeit 1760–92 war bereits eine behördliche Verwaltungsorganisation mit geregelten Instanzenzügen in Sachsen durch­gebildet, die der heutigen ähnlich, nur weit umständlicher war und sehr langsam funktionierte. In Kirchensachen gingen die Eingaben des Rates ans Oberkonsistorium, von hier mit Bericht ans Geh. Konsil (auch Geh. Räte genannt) zur Vorlage in der Ministerkonferenz, an der der Kurfürst selbst teilnahm. Nach Abschaffung der Konferenzen durch Prinz Xaver 1766 trug der Geh. Kabinettssekretär die Eingänge nebst einem zusammenfassenden eigenen dritten Bericht dem Regenten vor und entwarf dessen Entscheid. In reinen Bausachen hatte die Eingabe des Rates auch an den Gouverneur der Festung zu gehen, der die ihm untergeordnete Oberbaukommission hörte und deren Gutachten nebst eigenem Bericht sowie die Baupläne selbst zur Approbierung durch den Regenten an die Geh. Kabinetts­kanzlei einreichte.

Die wichtigsten Akten der Bauverhandlungen sind die des Geh. Kabinetts, in dem die Eingaben und Berichte zusammenliefen. Vergl. Hauptstaatsarchiv, loc. 2257, Akten, den Kreuzkirchenbau zu Dresden betreffend, volI, 1763–75, loc. 2258, volIIIV, aus den Jahren 1776–98 und loc. 2445, volV, 1801 flg.

Die Akten des Oberkonsistoriums sind jetzt im Archiv des Evangelischen Landeskonsistoriums (die Kreuzkirche betreffend, volIVIII). Wo sich die Akten des Geh. Konsils, des Gouvernements und der Oberbaukommission befinden, konnte ich nicht feststellen. Wesentliches Neues dürften sie kaum bieten, da die Berichte dieser Zwischenbehörden beim Geh. Kabinett blieben.

Über die eigentliche Bauausführung und die Vorgeschichte geben die Ratsakten Auskunft. Vergl. Ratsarchiv BIII. 37, 38, 39, 40, 43 und eine große Reihe kleinerer Faszikel (vergl. den über­sichtlichen Archivkatalog). Das Pfarrarchiv ist 1897 mit der Kirche verbrannt, Bauakten hatte es

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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/10&oldid=- (Version vom 29.3.2024)