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Neue Leute, Eigenwillig und Hölzer.

Wenige Tage nach Schmidts Entlassung wurde Eigenwillig mit der Bauleitung betraut und ihm der bisherige Polier Schmidts, Georg Gottlob Tränkner, der von Anfang an am Kreuzkirchenbau tätig war, als Zimmermeister beigegeben. Als sich später wieder künstlerische Entwurfsarbeit nötig machte, wurde von der Oberbaukommission ein neuberufenes Mitglied, Hölzer, damit beauftragt.

Christian Heinrich Eigenwillig wurde 1732 in Dresden geboren, erhielt Privatunterricht in Mathematik und Freihandzeichnen, ging bei der Maurerinnung in die Lehre und studierte, nachdem er die Lehrzeit „ausgestanden“ hatte, die Baukunst unter dem damaligen Hofkondukteur Krubsacius in einem cursus architectonicus. Dann war er in Hannover und Braunschweig bei verschiedenen großen Bauten tätig. Zu Anfang des siebenjährigen Krieges reiste er mit Krubsacius nach Niedersachsen, hielt sich in Mecklenburg auf, in Güstrow und Malchin, erwarb dort das Maurermeisterrecht, wurde gräflich plessischer Baumeister in Ivenack und besorgte in den schwerinischen wie strelitzschen Ländern einige Gebäude und Gartenanlagen. Näheres über diese Tätigkeit ist nicht bekannt. Ende des Krieges wurde er vom Dresdner Rat dorther verschrieben und unter Schmidt als Ratskondukteur verwendet. 1767, als Exner die Direktion des Kirchenbaues übernahm, wurde er Meister der Maurer­innung. Als solcher war er seit April 1768 mit am Aufmauern der Exnerschen Turmfundamente und am Abbrechen Schmidtschen Mauerwerks beschäftigt. Die Bauleitung erhielt er 1769. Daneben war er als Baugewerke beim Aufmauern der Kirche tätig. Von besonderen Honorarforderungen hielt ihn die Hoffnung auf die Ratsmaurermeisterstelle ab, auf die ihm die Expektanz cum iure succedenti zuerkannt wurde. 1777 finden wir ihn als Ratsbau- und Maurermeister. Nach Schmidts Tod (1774) wird ihm diese Stelle übertragen worden sein. Er hat verschiedene städtische und private Bauten aufgeführt[1] und starb 1803 als Ältester der Maurerinnung.

Eigenwilligs Bedeutung erschöpfte sich fast ganz in seiner Tätigkeit als Bauführer und als Baugewerke. In künstlerischer Hinsicht ist er kaum der Erwähnung wert und seines Vorgängers im Amt nicht würdig. Stilistisch gehörte er zur Akademie. Auf Schmuckformen verzichtete er vollständig. Seine Bauten gehören zu denen, die „den Stempel bloßer Notbauten tragen“ (Schumann). Selbst sein bestes Werk, Neumarkt 1, ist im Vergleich mit dem Schmidtschen, An der Frauenkirche 5, ein schematisches, dem künstlerisches Leben nicht innewohnt. Von Exner wurde er mehrfach vorm Rat gerühmt als ein brauchbarer Mann, „von dessen Geschicklichkeit er bereits Proben vor sich habe, der auch senatui in der Folgezeit ersprießliche Dienste bei aufzuführenden öffentlichen Gebäuden leisten dürfte“. An der Rißtätigkeit für die Kirche hat Eigenwillig keinen Anteil gehabt. Nur von zwei Vorschlägen hören wir weiterhin, die ihn als einen aller künstlerischen Empfindung baren, im Hand­werklichen aufgehenden Maurermeister charakterisieren.

Gottlieb August Hölzer wurde 1744 in Dresden als Sohn eines königlichen Wagenmeisters geboren. Seine Ausbildung fand er zunächst auf der Kreuzschule. Dann studierte er Mathematik und Algebra beim späteren Direktor der Ingenieurakademie und Mitglied der Oberbaukommission Oberst­leutnant

Forchheim, und nahm in der Zivilbaukunst Stunden bei Locke. Liebe und Eifer zum prak­tischen


  1. Vergl. Keller und Kläbe. Seine wichtigeren Bauten sind: Waisenhauskirche 1770–80. Plan im Ratsarchiv. – Johanniskirche 1788–95. Pläne nicht erhalten. Turm nicht ausgeführt. Vielleicht gehört hierzu der um 1795 entworfene Turm in der K. Bibl. Hist. Sax. G. Nr. 2090. – Diakonats- und Schulkollegenwohnungen der Kreuzkirche 1793. Anschläge und Risse wurden von der Baupolizei wesentlich geändert. Pläne im Ratsarchiv. Dem symmetrischen Hof zuliebe hat die Beleuchtung der Räume arg zu leiden. Die Gebäude sind noch in Benutzung. – Roter Hirsch (jetzt Musenhaus), nur eine innere Veränderung des Schmidtschen Baues. – Lindenbergischer Gasthof (jetzt Neumarkt, Hotel Stadt Berlin) für den Bürgermeister Bormann, der dann auch dort wohnte, wahrscheinlich kurz nach 1769. Gurlitt nennt den Bau (Kunstd. Dresd. S. 293) „einen schüchternen Ver­such, etwas mehr Leben in die stillstehende Bauweise zu bringen“. Unter gänzlichem Verzicht auf Ornamente wird durch den Wechsel von Vor- und Rücklagen, von rundbogigen und scheitrechten Fenstern, vor allem durch Verwendung von dekorativer Putzquaderung in den Rücklagen auch in den Obergeschossen eine bescheidene Wirkung erzielt. Die Schornsteine sind in der Firstlinie gesammelt und durch reiches Gitterwerk verbunden.
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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/108&oldid=- (Version vom 18.4.2024)