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nachdem ihm die Akademie mit ihrer Bücher- und Regelweisheit einen Hemmschuh für einen höheren Flug des Genies angelegt hatte.

Die endgültige Plangestaltung.

Unter Eigenwilligs Leitung wuchs das Kirchgebäude langsam, aber stetig, auch innen und außen gleichmäßig empor. Als die Aufsetzung des gebrochenen Daches näher rückte, lebte noch einmal der Wunsch nach Ausführung einer Attique auf.

Der Rat machte 1775 in diesem Sinne eine Eingabe, die auch der Superintendent Am Ende mit unterzeichnete. „Es wäre bei einem so wichtigen Kirchenbau das Augenmerk hauptsächlich darauf zu richten, daß das Gebäude nicht finster würde, sondern überall genugsames Licht haben möchte.“ Die Seitenfenster würden durch die Emporen verbaut, die in den ersten Rissen gezeichnete Attique sollte dagegen helfen. Das gebrochene Dach Exners erreiche dies nicht, da die Seitenwangen der Dachfenster das Licht nicht gerade herunter ins Schiff brächten. „Da es eine sehr traurige Sache sein würde, wenn nebst Kanzel und Altar die im Innern befindlichen Stände größtenteils unbrauchbar werden sollten“, wurde angefragt, ob nach einem Schnitt Eigenwilligs, dem zum Vergleich solche von Exners Attique und Mansarde beilagen, fortgebaut werden dürfe. Die neugeplante Attique sei an Last viel geringer als früher und die Pfeiler stark genug. Ein vom Steinmetzmeister Dobler gefertigtes Gipsmodell habe den Rat in seinen Ansichten bestärkt.

Exner, der auf Veranlassung des Konsils vom Rate befragt wurde, stellte in einem „allzusehr in der Generalität abgefaßten“ Gutachten nur seine beiden eigenen Schnitte in Vergleich. Eigenwilligs Attique verdiene wegen des innerlich schlechten Effektes auf alle Fälle keine Beachtung. Er ging auf sie überhaupt nicht näher ein.

Eigenwillig hatte in seinem Plan die innere Saalwand in geringerer Stärke als Attique hochgeführt und über sie in etwa 40 m Höhe eine wagerechte Decke mit einem schlichten flachen Dach gelegt. Auf Exners Tadel hin zeichnete er seinen Deckenabschluß jetzt muldenförmig und machte gegen Exners Mansarde noch den Einwurf der geringen Dauerhaftigkeit geltend.

Exner erstattete auf Verlangen des Rates ein spezielles Gutachten, nachdem im Modell beide Möglichkeiten dargestellt waren. Er trat wieder für seine Mansarde ein und schlug vor, zur Vermehrung des Lichtes die Emporen vor den Fenstern teilweise auszusparen (d. h. Lichtschächte anzuordnen).

Der Rat stellte es in einem zweiten Berichte der Regierung anheim, ob dies Gutachten hin­reichend sei. Exners Vorschlag zeige seine eigene Bedenklichkeit wegen des Lichtes und sei nicht aus­führbar, da die Sitze gebraucht würden und die Kommunikation auf den Emporen unmöglich würde. Er bat, von der Oberbaukommission ein Gutachten einzufordern, zumal Exner selbst ein solches „provo­ziert“ habe. Des Rats Gedanken seien nicht auf den früheren Vorschlag Schmidts gerichtet. Die Attique sei jetzt schwach und ohne Gewölbe. Die Pfeiler hätten sich nicht im geringsten gesetzt. Die Mehrkosten der Attique würden rund 12 000 Taler betragen.

Das Oberkonsistorium trat dem Ratsgesuch bei, um so mehr, als Gersdorf, der Vorsitzende der Oberbaukommission, dem Vizepräsidenten wiederholentlich versichert, daß Exner den Riß (zum Mansarddach) der Oberbaukommission gleich fertig vorgelegt habe. Das Geheime Konsil forderte noch von Exner einen Kostenanschlag. Dieser gab die Differenz auf rund 20 000 Taler an und erklärte, daß die Pfeiler durch Eigenwilligs Projekt immer noch zu sehr beschwert würden.

Der Kurfürst beauftragte, nachdem er sich erst selbst das Modell der Kirche hatte vorführen lassen, die Oberbaukommission mit der Weiterverhandlung. Gersdorf solle Krubsacius, Hölzer und andere Baukunstverständige nach seinem Ermessen adhibieren, auch die Ratsgewerken nach Befinden zitieren. Die jetzt verfügte Erweiterung der Oberbaukommission ging auf einen Vorschlag Ferbers zurück, ob etwa Krubsacius zuzuziehen sei, da sich außer Exner kein Zivilbaumeister dabei befinde.

Die Oberbaukommission stand wie in den früheren Jahren unter Karl August von Gersdorf. Doch war dieser vom Chef des Ingenieurkorps und der Ingenieurakademie aufgerückt zum General der Infanterie, Kabinettsminister und Staatssekretär in Militärsachen mit dem Titel Exzellenz. Außer ihm nahmen an den Sitzungen teil vier Ingenieuroffiziere, der Landbaumeister Knöbel und die beiden

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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/110&oldid=- (Version vom 18.4.2024)