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Ziemlich hoch über diesen waren die Emporenräume mit flachem, nach der Außenwand zu gespanntem Gewölbe abgedeckt. Die lichte Höhe des Mittelsaales betrug mit 25 m nur 1/4 mehr als seine Breite und nur 2 m mehr als die Höhe der Seitenschiffe. Eine künstlerische Zusammenfassung der Räume in der Deckenbildung war infolge der zu tief geschlossenen Arkaden Eigenwilligs nicht möglich. Differenz in der Helligkeit machte diesen Mangel besonders fühlbar. Wandflächen und Decke des Saales hoben sich dunkel ab von den gut beleuchteten Seitenschiffen und der hellen Lichtfläche der Fenster. Um mehr Licht für den Mittelsaal zu gewinnen, wurde die oberste Empore schmäler gehalten, nicht balkonartig, wie anfangs beabsichtigt war (Grundrisse im Hauptstaatsarchiv), sondern nur zwischen den Pfeilern im Bogen zurückgezogen. Der Altar wurde, als reicher geschmückter Teil der Wandarchitektur, durch eine Säulenstellung gebildet und hob sich von der dunklen Nische in sehr schlanken Verhältnissen ab. Die Kanzel wurde an eine Langseite verlegt und darum ein Teil des Gestühls im Parterre parallel zur Hauptachse gestellt.

Inneres der Kreuzkirche vor 1894.
Aus „Kirchenbau des Protestantismus“.

Die Gliederung des Saales, das Do­minieren der Säulenordnung war jetzt ähn­lich wie es Exner erstrebt hatte, aber in faßbarer Größe. Freilich die Wirkung ist in der Zeichnung anders, lebensvoller und reicher als in der Perspektive. Die erwartete be­friedigende Beleuchtung trat nach der Aus­führung nicht ein und die Akustik stellte sich als sehr schlecht heraus.

Die Hölzersche Dekoration erinnert an seinen Akademie-Preisentwurf. Aufsteigende Gurte des Gewölbes sind wie dort als Flechtbänder, aber konsolartig gebildet und tragen eine Lorbeerwulst als Rahmen für das ge­plante Deckenbild. Weiter treten Tafeln auf, geometrische, von rahmenbildenden Profilen umsäumte Füllungen, dann Girlanden und Kränze. Kränze hatte Hölzer wohl an seinem Vitzthumschen Palais, dann bei der Aus­stattung des Landhauses erstmalig verwendet. Das Vorherrschen der Laubgewinde zeigt der Preisentwurf noch nicht. Hier wie dort sind Engelsköpfe mit Flügeln auch am Gewölbe verwendet. Sie haben in einer Variante ein Stück Wolke mit Strahlenbüschel als Hintergrund und gleichen genau der Arkadenverzierung in Lockes Plan, eine Reminiszens aus Hölzers Lehrzeit. Die übliche Sonne über dem Altar mit dem durch Wolken schauenden Auge Gottes ist dem Exnerschen Entwurf gegenüber in einer fürs Auge faßbaren Größe (4 m Durchmesser). Unter dem Druck des Kabinetts mußte Hölzer seine Schmucklust zügeln. Seine ersten Pläne enthielten noch Kornähren und Weinlaub als Füllungen an der Altarwand, ein Gitter aus Blätterwerk als Altarbalustrade, Ge­hänge längs der ganzen Betstubenflucht und Vasen über ihrem Abschlußsims.

Die Ausführung der Dekoration ist in Stuck gedacht. Stuck überzieht die Sandsteinflächen, aus Stuck sind die Verzierungen. Nach dem ersten Entwurf wollte Hölzer zur Tönung der glatten Flächen noch die zarten Farben Louis XVI. verwenden, Grün, Rötlich und Paille (Strohgelb). Sein zweiter Plan ist nur in Licht und Schatten gehalten. Unter der Einwirkung der Antike und ihrer Gipsabgüsse begann das Weiß seine Herrschaft, nur sporadisch durch Gold gehoben. Auch alles Holz­werk, Betstuben, Gestühl, Kanzel und Orgelgehäus erhielt einen weißen Überzug und mußte sich dem Stuckcharakter beugen. Der Kurfürst schlug vor, zur Verbilligung die Stuckornamente nur aufzumalen. Die Oberbaukommission sprach dagegen, „weil, wie in den meisten Kirchen, infolge des vielen widerprallenden

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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/146&oldid=- (Version vom 29.4.2024)