Seite:Alfred Barth Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche.pdf/153

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die maßgebenden Gesichtspunkte hierbei sein. Nach einem engeren Wettbewerb[1] wurde ein Ent­wurf von Schilling & Gräbner (als der beste) zur Ausführung gewählt. Am 9. September 1900 war diese bereits beendet.

Das Äußere der Kirche wurde nur durch den Anbau einer Unterfahrt vor der Brauthalle be­reichert. Der Vorschlag, das Relief und die Silhouette der Kirche durch angelegte Säulen mit Figuren zu beleben (Abb. S. 144),[2] kam nicht zur Ausführung.

Im Innern wurde nach Gräbners[3] Plänen die alte Stützeneinteilung wieder zugrunde gelegt, die Strebepfeiler und die Altarnische abgebrochen, die Treppen dahinter verändert, das Betstubengeschoß fiel ganz weg. Die zweite Empore blieb als Wandbalkon hinter den freien Stützen, die Arkaden wurden rund 2,20 m höher geschlossen (genau so wie in Schmidts Plan), ebenso das Saal­gewölbe (um 1,5 m). Die Seitenschiffe erhielten in Höhe des Arkadenscheitels ansetzende kleine Mulden als Überdeckung, der Mittelraum über sehr steilen Tonnenflächen eine elliptische Mulde. Der Altarplatz bekam eine eigene Deckenausbildung, eine in Kappen durchbrochene Halbkuppel. Die ersten Schiffspfeiler wurden zur Aufnahme eines Triumph­bogens verstärkt und die Stützen des Hauptraumes (auf eine Anregung des Bauherrn) als schlanke Säulen ausge­bildet.

Kreuzkirche. Quer- und Längsschnitt der Neugestaltung.
Maßstab 1 : 600. – Deutsche Bauzeitung 1905.

An der Orgelseite wurde für den altberühmten Kreuzchor eine auch für größere Kirchenkonzerte ausreichende Sängertribüne geschaffen. Der Mittelteil erhielt seine besondere Steinarchitektur. Ebenso fand der Altar eine von der Saalarchitektur unabhängige künstlerische Ausgestaltung. Durch ein Fenster über ihm wurde auch an dieser dunkelsten Stelle der Überdeckung Licht eingeführt. Nur im Parterre, in dem die jetzt er­forderlichen Nebenräume der Kirche Platz fanden, kehrte die Geschlossenheit der alten Grundrißlinie annähernd wieder. Der Raum darüber wurde zur Quer­achse des Baues symmetrisch gestaltet. In der Übereinstimmung von Innenraum und Fassaden dachte der moderne Architekt konsequenter als das 18. Jahrhundert. Als Fassungsraum wiesen die Pläne 3476 Sitzplätze auf, davon 1538 oder 44 % zu ebener Erde einschließlich 250 auf dem Altarplatz, 1156 auf der Hauptempore (genau so viel wie bei Schmidt), 372 auf der Zwischenempore, 410 auf der obersten. Die konstruktive Durchbildung entspricht dem Stande der heutigen Technik. Die Überdeckung ist in Eisenbeton nach Entwurf von Professor Böhm[4] ausgeführt, der Dachstuhl von Eisen konstruiert, die Sparrenfelder


  1. Die Wettbewerbs-Entwürfe, denen die Abbildung S. 116 entstammt, befinden sich in der Expedition der Kreuzkirche. Leider kann ich aus Raummangel auf diese wertvollen Arbeiten nicht eingehen.
  2. Vergl. Deutsche Bauzeitung 1898 Nr. 75 und 1903 Nr. 5. Diesen Aufsätzen sind die folgenden Zitate sowie die Abbildungen entnommen.
  3. Herr Baurat Gräbner hat mich bei meiner Arbeit durch Überlassung von Plänen und durch Auskünfte unterstützt, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen Dank ausspreche.
  4. Deutsche Bauzeitung 1905, Nr. 76. Diesem Artikel sind mit gütiger Erlaubnis des Verfassers und der Redaktion die betreffenden Abbildungen entnommen.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/153&oldid=- (Version vom 1.5.2024)