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II. Kämpfe um die Plangestaltung der Kreuzkirche.

1. Die Vertreter des Staates.

Anlaß für den Staat, sich um den Kreuzkirchenbau zu kümmern, war damals, wie noch heute, das Recht und die Aufgabe, die bei jeder Bauausführung in Frage stehenden öffentlichen Interessen zu wahren. Soweit sich diese auf die gesamten Bauabsichten des Rates, die Erfüllung des baulichen Bedürfnisses, die pekuniäre Belastung der Gemeinde und Ähnliches bezogen, also allgemeiner Natur waren, konnten sie im normalen Verwaltungsweg erledigt werden. So ist noch heute bei jedem Kirchenbau das Landeskonsistorium zu hören. Ob die Baupläne den im Erläuterungsberichte dar­gelegten Bauabsichten entsprachen, ob besondere bautechnische und baukünstlerische Ansprüche an die Pläne zu stellen oder von ihnen erfüllt waren, erforderte spezielle Prüfung. Diese nun, Baupolizei im engeren Sinne, konnte nur durch technische Sachverständige erfolgen. Solche gab es aber damals in der Zivilverwaltung nicht. Die zunächst in Frage kommenden Baubeamten unterstanden dem Gou­verneur der Stadt und Festung. Ihm war daher die Baupolizei übertragen. Er berichtete direkt an den Regenten. Weiter war durch Gründung der Kunstakademie und Errichtung eines Lehrstuhles für Architekten eine Institution geschaffen, die technische Gutachten abgeben konnte und gleichfalls direkt unter dem Landesherrn stand.

Die Baupolizei in Dresden wurde bis ins 17. Jahrhundert vom Rat ausgeübt durch den Senator, welcher als „Baumeister“ oder „Bauherr“ dem Stadtbauamt vorstand. Das Interesse der Landesherren an der baulichen Entwicklung hatte sich vor allem in Verordnungen geäußert, die auf Beseitigung der hölzernen Gebäude drangen. 1677 übernahm der Staat die Baupolizei[1] in Dresden. Jeder Bau sollte hinfort angemeldet werden und zwar beim Oberinspektor der Fortifikations- und Zivilgebäude, Artillerieobersten von Klengel (gest. 1691). Dieser war zugleich der oberste Bau­beamte des Staates. Als ein Gouverneur an die Spitze des Festungswesens trat, wurde ihm mit der staatlichen Bauverwaltung auch die Baupolizei unterstellt. Graf Flemming erhielt als „Gouvernör der Stadt und Festung“ ausdrücklich auch die oberste Aufsicht über das Bauwesen in Dresden. Alle Risse waren ihm zur Genehmigung vorzulegen. 1708 und 1711 stellte er eine Anzahl „Baupunkte“ als Richtschnur für den Privatbau auf. Unter ihm stand Graf Wackerbarth als „Generalintendant über alle in Sachsen und Polen befindlichen Zivil-, Fortifikations- und Militärgebäude, auch alle Akademien“. Diese Stellung bekleidete Wackerbarth seit 1697 und behielt sie auch als Gouverneur bis zu seinem Abgang 1728. Unter ihm wurde 1718 ein selbständiges Oberbauamt errichtet. 1720 erließ er ein „Baureglement“, das eine „Oberbaukommission“ unter ihm als Vorstand handhaben sollte. Risse und Anschläge waren einzureichen. Die Neubauten sollten von Stein und zur Zierde der Stadt und „Kommodität“ des Bauherrn geplant werden. Die Entscheidung auf Beschwerden stand beim Landesherrn. 1750 wurden gelegentlich als zur Zuständigkeit des Gouvernements gehörig alle die Fälle bezeichnet, welche die Zierde, Wohlstand und Sicherheit der Residenz beträfen. Gegen Zuwider­handelnde hatte das Gouvernementskriegsgericht zu entscheiden. Fortifikatorische Gesichtspunkte kamen höchstens ausnahmsweise in Frage. Der Grund für Ausübung der Baupolizei durch den Gouverneur war vielmehr, daß infolge der geschichtlichen Entwicklung Zivil- und Militärbauverwaltung noch im Zusammenhang stand. Erst 1825 wurde die Dresdner Baupolizei wieder der Zivilverwaltung und zwar dem Stadtpolizeikollegium als unterster Instanz übertragen.

Außerhalb Dresdens wurde seit 1711 gleichfalls staatliche Baupolizei ausgeübt. Häufige Brände hatten Ausfall an Steuern und Abgaben zur Folge gehabt. Es wurde deshalb Major Naumann zum Baudirektor bei der Generalakzise bestellt mit dem Auftrag, für die Feuersicherheit im

Lande besorgt zu sein und „die Risse dafür anzufertigen“. Eine Zeitlang war der Akzisbaudirektor


  1. Vergl. Prof. O. Richter, Verwaltungsgeschichte der Stadt Dresden, Bd. II S. 334 flg.
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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/74&oldid=- (Version vom 4.4.2024)