überein, das ist: die Geschwindigkeit, womit die Partikeln des Ringes in seinem inwendigen Rande umlaufen, ist derjenigen, die der Planet auf seinem Aeqvator hat, gleich. Man kan aber jene leicht finden, indem man sie aus der Geschwindigkeit eines von den Saturnustrabanten suchet, dadurch, daß man selbige, in dem Verhältnisse der Qvadratwurzel der Entfernungen von dem Mittelpunkte des Planeten, nimmt. Aus der gefundenen Geschwindigkeit ergiebt sich unmittelbar die Zeit der Umdrehung des Saturns um seine Achse; sie ist von sechs Stunden, drey und zwanzig Minuten, und drey und funfzig Secunden. Diese mathematische Berechnung einer unbekannten Bewegung eines Himmelskörpers, die vielleicht die einzige Vorherverkündigung ihrer Art in der eigentlichen Naturlehre ist, erwartet von den Beobachtungen künftiger Zeiten die Bestätigung. Die noch zur Zeit bekannte Ferngläser vergrössern den Saturn nicht so sehr, daß man die Flecken, die man auf seiner Oberfläche vermuthen kan, dadurch entdecken könnte, um durch deren Verrückung seine Umwendung um die Achse zu ersehen. Allein die Sehröhre haben vielleicht noch nicht alle diejenige Vollkommenheit erlanget, die man von ihnen hoffen kan, und welche der Fleiß und die Geschicklichkeit der Künstler uns zu versprechen scheinet. Wenn man dereinst dahin gelangete, unsern Muthmassungen den Ausschlag durch den Augenschein zu geben, welche Gewißheit würde die Theorie des Saturns, und was für eine vorzügliche
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/144&oldid=- (Version vom 31.7.2018)