weil sie in das innerste der Materie, ohne einigen Stoß, selbst bey der allgemeinen Ruhe der Natur wirket, muß, sage ich, die Anziehung nicht diese Fixsternen-Systemata, ihrer unermeßlichen Entfernungen ungeachtet, bey der ungebildeten Zerstreuung ihres Stoffes, im Anfange der Regung der Natur, in Bewegung versetzet haben, die eben so, wie wir im Kleinen gesehen haben, die Qvelle der systematischen Verbindung, und der dauerhaften Beständigkeit ihrer Glieder ist, die sie vor dem Verfall sichert?
Aber, welches wird denn endlich das Ende der systematischen Einrichtungen seyn? wo wird die Schöpfung selber aufhören? Man merket wohl, daß, um sie in einem Verhältnisse mit der Macht des unendlichen Wesens zu gedenken, sie gar keine Grenzen haben müsse. Man kommt der Unendlichkeit der Schöpfungskraft GOttes nicht näher, wenn man den Raum ihrer Offenbarung in einer Sphäre mit dem Radius der Milchstrasse beschrieben, einschliesset, als wenn man ihn in eine Kugel beschränken will, die einen Zoll im Durchmesser hat. Alles was endlich, was seine Schranken und ein bestimmtes Verhältniß zur Einheit hat, ist von dem unendlichen gleich weit entfernet. Nun wäre es ungereimt, die Gottheit mit einem unendlich kleinen Theile ihres schöpferischen Vermögens in Wirksamkeit zu setzen, und ihre unendliche Kraft, den Schatz einer wahren Unermeßlichkeit, von Naturen und Welten unthätig, und in einem ewigen
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/169&oldid=- (Version vom 31.7.2018)