Ewigkeit alle mögliche Perioden in sich halten, um durch einen allmählichen Verfall den Zeitpunkt ihres Unterganges doch endlich herbey zu führen. Newton, dieser grosse Bewunderer der Eigenschaften GOttes, aus der Vollkommenheit seiner Werke, der mit der tiefsten Einsicht, in die Treflichkeit der Natur, die gröste Ehrfurcht gegen die Offenbarung der göttlichen Allmacht verband, sahe sich genöthiget, der Natur ihren Verfall durch den natürlichen Hang, den die Mechanik der Bewegungen dazu hat, vorher zu verkündigen. Wenn eine systematische Verfassung, durch die wesentliche Folge der Hinfälligkeit, in grossen Zeitläuften auch den allerkleinsten Theil, den man sich nur gedenken mag, dem Zustande ihrer Verwirrung nähert; so muß in dem unendlichen Ablaufe der Ewigkeit doch ein Zeitpunkt seyn, da diese allmähliche Verminderung alle Bewegung erschöpfet hat.
Wir dürfen aber den Untergang eines Weltgebäudes nicht als einen wahren Verlust der Natur bedauren. Sie beweiset ihren Reichthum in einer Art von Verschwendung, welche, indem einige Theile der Vergänglichkeit den Tribut bezahlen, sich durch unzählige neue Zeugungen in dem ganzen Umfange ihrer Vollkommenheit unbeschadet erhält. Welch eine unzehlige Menge Blumen und Insecten zerstöret ein einziger kalter Tag; aber wie wenig vermisset man sie, ohnerachtet es herrliche Kunstwerke der Natur und Beweisthümer der göttlichen Allmacht seyn; an einem andern Orte wird dieser Abgang mit Ueberfluß wiederum ersetzet. Der
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/184&oldid=- (Version vom 31.7.2018)