als gebilligt werden. „Diejenigen Creaturen,“ spricht er, „welche die Wälder auf dem Kopfe eines Bettlers bewohnen, hatten schon lange ihren Aufenthalt vor eine unermeßliche Kugel, und sich selber, als das Meisterstück der Schöpfung, angesehen, als einer unter ihnen, den der Himmel mit einer feinern Seele begabet hatte, ein kleiner Fontenelle seines Geschlechts, den Kopf eines Edelmanns unvermuthet gewahr ward. Alsbald rief er alle witzige Köpfe seines Quartiers zusammen, und sagte ihnen mit Entzückung: wir sind nicht die einzigen belebten Wesen der ganzen Natur: sehet hier ein neues Land, hie wohnen mehr Läuse.“ Wenn der Ausgang dieses Schlusses ein Lachen erwecket; so geschicht es nicht um deswillen, weil er von der Menschen Art, zu urtheilen, weit abgehet; sondern weil eben derselbe Irrthum, der bey dem Menschen eine gleiche Ursache zum Grunde hat, bey diesen mehr Entschuldigung zu verdienen scheinet.
Laßt uns ohne Vorurtheil urtheilen. Dieses Insekt, welches, sowohl seiner Art zu leben, als auch seiner Nichtswürdigkeit nach, die Beschaffenheit der meisten Menschen sehr wohl ausdrückt, kan mit gutem Fuge zu einer solchen Vergleichung gebraucht werden. Weil, seiner Einbildung nach, der Natur an seinem Daseyn unendlich viel gelegen ist: so hält es die ganze übrige Schöpfung vor vergeblich, die nicht eine genaue Abzielung auf sein Geschlechte, als den Mittelpunkt ihrer Zwecke, mit sich führet. Der Mensch, welcher gleich unendlich
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/241&oldid=- (Version vom 31.7.2018)