unter allen vernünftigen Wesen dasjenige ist, welches wir am deutlichsten kennen, ob uns gleich seine innere Beschaffenheit annoch ein unerforschtes Problema ist, muß in dieser Vergleichung zum Grunde und zum allgemeinen Beziehungspunkte dienen. Wir wollen ihn allhier nicht nach seinen moralischen Eigenschaften, auch nicht nach der physischen Einrichtung seines Baues betrachten: wir wollen nur untersuchen, was das Vermögen, vernünftig zu denken, und die Bewegung seines Leibes, die diesem gehorchet, durch die, dem Abstande von der Sonne proportionirte Beschaffenheit der Materie, an die er geknüpfet ist, vor Einschränkungen leide. Des unendlichen Abstandes ungeachtet, welcher zwischen der Kraft, zu denken, und der Bewegung der Materie, zwischen dem vernünftigen Geiste, und dem Körper, anzutreffen ist, so ist es doch gewiß, daß der Mensch, der alle seine Begriffe und Vorstellungen von den Eindrucke her hat, die das Universum, vermittelst des Körpers, in seiner Seele erreget, sowohl in Ansehung der Deutlichkeit derselben, als auch der Fertigkeit, dieselbe zu verbinden und zu vergleichen, welche man das Vermögen zu denken nennet, von der Beschaffenheit dieser Materie völlig abhängt, an die der Schöpfer ihn gebunden hat.
Der Mensch ist erschaffen, die Eindrücke und Rührungen, die die Welt in ihm erregen soll, durch denjenigen Körper anzunehmen, der der sichtbare Theil seines Wesens ist, und dessen Materie nicht allein dem unsichtbaren Geiste, welcher ihn bewohnet,
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/244&oldid=- (Version vom 31.7.2018)