der Säfte nur dicke Säfte in dem Körper kochet, wenn die Beugsamkeit der Fasern, und die Behendigkeit in allen Bewegungen abnimmt, so erstarren die Kräfte des Geistes in einer gleichen Ermattung. Die Hurtigkeit der Gedanken, die Klarheit der Vorstellung, die Lebhaftigkeit des Witzes und das Erinnerungsvermögen werden kraftlos und erkalten. Die durch lange Erfahrung eingepfropften Begriffe ersetzen noch einigermaßen den Abgang dieser Kräfte und der Verstand würde sein Unvermögen noch deutlicher verrathen, wenn die Heftigkeit der Leidenschaften, die dessen Zügel nöthig haben, nicht zugleich, und noch eher als er, ebnehmen möchten.
Es erhellet demnach hieraus deutlich, daß die Kräfte der menschlichen Seele von den Hindernissen einer groben Materie, an die sie innigst verbunden werden, eingeschränket und gehemmet werden; aber es ist etwas noch merkwürdigers, daß diese specifische Beschaffenheit des Stoffes eine wesentliche Beziehung zu dem Grade des Hinflusses hat, womit die Sonne nach dem Masse ihres Abstandes sie belebet, und zu den Verrichtungen der animalischen Oeconomie tüchtig macht. Diese nothwendige Beziehung zu dem Feuer, welches sich aus dem Mittelpunkte des Weltsystems verbreitet, um die Materie in der nöthigen Regung zu erhalten, ist der Grund einer Analogie, die eben hieraus, zwischen den verschiedenen Bewohnern der Planeten, vest gesetzet wird: und eine jede Classe derselben ist vermöge dieser Verhältniß an den Ort durch die Nothwendigkeit
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/248&oldid=- (Version vom 31.7.2018)