die Behendigkeit in der wirklichen Ausübung, kurz, der ganze Umfang ihrer Vollkommenheit unter einer gewissen Regel stehen, nach welcher dieselben, nach dem Verhältniß des Abstandes ihrer Wohnplätze von der Sonne, immer treflicher und vollkommener werden.
Da dieses Verhältniß einen Grad der Glaubwürdigkeit hat, der nicht weit von einer ausgemachten Gewißheit entfernet ist, so finden wir ein ofnes Feld zu angenehmen Muthmassungen, die aus der Vergleichung der Eigenschaften dieser verschiedenen Bewohner entspringen. Die menschliche Natur, welche in der Leiter der Wesen gleichsam die mittelste Sprosse inne hat, siehet sich zwischen den zwey äussersten Grenzen der Vollkommenheit mitten inne, von deren beyden Enden sie gleich weit entfernet ist. Wenn die Vorstellung der erhabensten Classen vernünftiger Creaturen, die den Jupiter oder den Saturn bewohnen, ihre Eifersucht reitzet, und sie durch die Erkenntniß ihrer eigenen Niedrigkeit demüthiget; so kan der Anblick der niedrigen Stufen sie wiederum zufrieden sprechen und beruhigen, die in den Planeten Venus und Merkur weit unter der Vollkommenheit der menschlichen Natur erniedrigt seyn. Welch ein verwunderungswürdiger Anblick! Von der einen Seite sahen wir denkende Geschöpfe, bey denen ein Grönländer oder Hottentotte ein Newton seyn würde; und auf der andern Seite andere, die diesen als einen Affen bewundern.
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/251&oldid=- (Version vom 31.7.2018)